Im Trostwald

Kurzgeschichte zum Thema Abschied

von  Moppel


 

Sonnenlicht fällt durch die Zweige der Bäume, lässt die Farben des Laubs schimmern. Es knistert unter unseren Füßen. Ein weicher Teppich, der uns sanft auftreten lässt.

Frieden schwebt in der Luft. Kein falsches Wort unter den handverlesenen, wenigen Beerdigungsgästen. Herzliche Umarmungen, echte Gefühle.

Majestätisch schaut der 130 Jahre alte Bergahorn über die Ebene unter ihm. Seine starken Wurzeln sind tief verankert. Seine mystischen Kräfte halten alles Böse ab, so sagt es die Literatur. Ein guter Platz für eine letzte Ruhestätte.

 

Das Beerdigungsinstitut hat ein kleines Podest aufgebaut aus Stroh und Reisig. Natürlich geschmückt mit Kerzen, Rosenblättern, Fichtenzweigen, roten Beeren

und die Urne meines Mannes, für die ich ein Airbrush vom Meer gewählt habe, darauf postiert. Beinahe wie im Märchenwald mutet es an.  Die Trauernden stehen um meinen Stuhl, den die Kinder mir mitgebracht haben.

Ich blicke ins Weite. Ich blicke auf die Urne. Atme tief durch und trage frei das Gedicht vor, das ich zum Abschied für Achim geschrieben habe. Die Menschen um mich falten die Hände. Als sei es ein Gebet. Lassen sich ergreifen von den Zeilen, von dem Tragenden des Moments. Mein Mops gibt keinen Laut von sich.

Stille. Nur meine Stimme ist zu hören, als wären wir eins - der Wald, mein Mann und ich.

Am Fuße des großen Ahorns wird feierlich die Urne eingestellt. Ich streue Rosenblätter, während das Lied von Ed Sheeran leise spielt, das mein Mann so mochte. In other words. Niemand stört. Kein Pastor mit salbungsvoller Rede, nicht das grausame Geräusch von auf einen Sarg knallender Erde. Kein Gruseln. Nur Frieden. Der Wald rauscht im kühlen Wind, als wäre es eine Einladung.

Enkelchen hat eine Wichteltür gebastelt, die er zwischen die dicken Baumwurzeln stellt. Damit niemand Fremdes Opa stören soll. Seltsamerweise passt sie genau in die Wurzel-Lücke.

Ich lausche dem tröstenden Lied des Waldes, das sich behutsam um die wunde Seele legt. Wie ein Versprechen. Wir werden uns wiedersehen.

Es ist unser Baum. So wie es auch unser Haus, unsere Wohnung im Leben war. Ich habe den Ahorn gekauft, als Familienbaum, wo nur die ihre letzte Ruhe finden werden, die zu uns gehören. Auch unsere Tiere.

Gemeinsam irgendwann. Verbunden auf ewig zu Füßen eines wundervollen Baum-Freundes, der seine Zweige behütend um die legt, die sich ihm anvertrauten.

 

 



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