Mama

Erlebnisgedicht zum Thema Trauer/Traurigkeit

von  Füllertintentanz

Nackte Äste, Baumskelette             
säumten trist den Straßenrand.         
hüllten jede Blickfacette                 
in des Winters  Frostgewand.             
Stumme Blicke schwiegen Bände.       
Zärtlich nahm ich deine Hand.         
In mir flammten Schwermutsbrände     
fort der Hoffnung dünnen Wände.           
Angstgefüllt, bis an den Rand           
blieben Zweifel unbenannt.   


Deine Blicke suchten Leben             
fingen alle Bilder ein.                         
Um sie herznah aufzuheben,                 
tranken jeden fahlen Schein.               
Lange würden sie nichts sehen,               
außer weißes Klinikrein.                         
Hoffnung konnte nicht bestehen,         
Wollte noch am Eingang drehen.           
Denn der Weg aus Pflasterstein                             
Würd vielleicht dein letzter sein. 


Jeder Schritt durch kahle Gänge
stieß  Gebete ins Vinyl. 
Spürte meiner Ängste Fänge
Zwischen Warteraumgestühl.
Helle Kittel trübten Träume.
Teilnahmsloses Wortgewühl.
Vor den Fenstern tanzten Bäume.
Karg bestückte Krankenräume
wirkten unbehaglich kühl,
gaben gar kein Trostgefühl.


Graue Farben, keine Blumen.
Neonkammern voller Leid.
Angst entstieg der Hoffung Krumen.
Voller Feigheit, keimbefreit.
Konnte Tränen nicht maskieren.
Keine Worte griffbereit.
Musste dich doch motivieren
und zur Zuversicht tendieren.
Schämte mich der Lesbarkeit,
meiner selbst Zerrissenheit.


Vieles wolltest du besprechen.
Gabst mir deine Pläne kund.
In den Sümpfen meiner Schwächen
glaubte ich, du wirst gesund.
Blindgeblickte trübe Augen
sahen durch den Arztbefund.
Wollten an den Tod nicht glauben.
Ließen sich die Stimme rauben.
Logen jeden Schatten bunt.
Schwiegen deine Fragen wund.


Worte die heut schmerzhaft wiegen.
Geistgemeißelt marmorschwer.
Blieben stumm im Grabe liegen.
Sprechen kann ich sie nicht mehr.
Damals konnt ich sie nicht sagen.
Kein „Ich liebe dich so sehr“.
Heute hämmert Unbehagen.
Pein durchlöchert meinen Magen.
Bohrt noch schärfer als ein Speer.
Meine Reue sticht mich leer.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 rela (09.08.05)
Das ist ein sehr trauriger Rückblick. Es ist schwer mit diesen ungesagten Worten zu leben.
So vieles gibt es was man aufhebt, aufschiebt über das man nicht reden kann, wenn Zeit dazu ist. Weil man verdrängt, Dinge nicht sehen will. Alles was man im Herzen fühlt kann man in bestimmten Situationen nicht rauslassen. Es gibt keine Schuld. Es ist wie eine Lähmung, eine Unfähigkeit den Tatsachen ins Auge sehen zu können. Du fühlst die Dinge,
die du der Mama gerne noch gesagt hättest. Das zählt mehr als tausend Worte und sie
konnte das spüren, darauf kommt es an. Wünsche dir viel Kraft, Rela

 Füllertintentanz meinte dazu am 09.08.05:
Hallo Rela,

ich habe damals die Gespräche über den Tod ständig abgeblockt, weil ich absolut nicht wahrhaben wollte, dass er eintreten kann. Ich war mich so sicher, dass sie es schafft. Einen anderen Gedanken ließ ich gar nicht zu.

Danke für die lieben Worte, Sandra
ToniSchreibt (83) antwortete darauf am 18.09.09:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
seelenliebe (52)
(09.08.05)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Füllertintentanz schrieb daraufhin am 09.08.05:
Liebe Anne, ich danke dir für deine mitfühlenden Worte. Ja, das Schreiben ist eine gute Möglichkeit, in sich selbst zu horchen und die empfangenen Laute in Worten zu verarbeiten. Zusätzlich hat mir ein lieber Freund einen meiner Texte vertont. Nun habe ich ein wunderschönes kleines Lied, welches ich in Tränenzeiten immer wieder gerne höre.
Außerdem ist gesprochenes Wort nie mehr Wert als der empfundene Gedanke. Ich bin mir sicher, dass sie mich auch wortlos verstanden hat.
Herzliche Grüße, Sandra

 Prinky (09.08.05)
Damit muß man fertigwerden, ob man will oder nicht. Ich weiß, auch mir wird es mal nicht leicht gemacht. Davor graust mir schon sehr!
Aber der Tod ist das Geschenk zur Geburt. Hört sich hart an, ist aber so! Für viele ist der abschließende Tod auch so etwas wie eine Erlösung. Den Qualen zu entkommen. Auf ewig...
Und Kraft gehört immer dazu, wenn ein Familienmitglied damit fertig werden muß.
Gruß Prinky

 Füllertintentanz äußerte darauf am 10.08.05:
Bei meiner Ma war es am Ende sicherlich eine Erlösung, doch es ging alles so schnell. Ich hatte einfach nicht genug Zeit, mich damit auseinander zu setzen... Und doch zu viel Zeit, als dass es mich hätte überraschen können. Obwohl ich einen ganz plötzlichen Tod wahrscheinlich noch schlimmer gefunden hätte.
Einen besonders netten Gruß, Sandra
kinderspiel (46)
(09.08.05)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
bloodmandarin (22)
(05.05.06)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 franky (02.06.06)
liebe sandra
es berührt mich wie du dieses thema mit federweichen und traurigen worten behandelt hast. ich bin mir sicher, daß mama die sprache deiner seele verstanden hat, mamas haben das so an sich...
sie hat dich bestimmt auch tausendmal umarmt und "Ich liebe Dich;" ins ohr geflüstert. die schwingung ist eine unhörbare sprache, die wird von jedem herzen aufgenommen und verstanden. dein sprachloser mund hat dein sprechendes herz längst überholt und deiner mama "Ich liebe Dich" zugerufen. menschen die man liebt leben im geiste weiter, jeder gedanke erweckt sie zum leben. hör nie auf an ihr deine ungesprochenen worte zu flüstern.
schicke dir viele liebe grüsse
franky
janna (66)
(04.07.13)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram