Broch, Hermann:
Die Schlafwandler
Eine Romantrilogie
Eine Rezension von Quoth
Als ich mit 12 Jahren ins Schaufenster unseres Buchhändlers guckte, faszinierte mich ein ausgestellter Titel: „Verlust der Mitte“ von dem Kunsthistoriker Hans Sedlmayr. Als ich das Buch dieses Titels später las, war ich enttäuscht. Ich hatte in Pariser Galerien den Tachismus (Wols) kennen und schätzen gelernt, und fand es ungerecht und voreilig, wenn nicht gar leichtsinnig und reaktionär, der modernen Kunst die Legitimation so abzusprechen, wie Sedlmayr es tat. War die Mitte, also der christliche Glauben als Zentrum und Bezugspunkt aller europäischen Kunst wirklich verloren? War er nicht bewusst aufgegeben und abgestreift worden wie eine lästige Fessel? Hermann Brochs Romantrilogie „Die Schlafwandler“, 1930 erschienen, stellt nun ebenfalls einen „Zerfall der Werte“ fest und analysiert ihn in mehreren glänzenden Essays im 3. Teil: „Huguenau oder die Sachlichkeit“. Aber im Gegensatz zu Sedlmayr beklagt Broch dies nicht als Verlust, sondern beobachtet es nur und sieht, wie die moderne Kunst daraus z.B. im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ ihre Lehren zieht, ja, er zieht sie selbst, indem er in „Huguenau oder die Sachlichkeit“ mit konventioneller Erzähltradition bricht und ein so komplexes Romangebilde verfasst, dass nur der Basler Rhein Verlag, der auch die Übersetzung von James Joyces „Ulysses“ veröffentlichte, sich an das Manuskript herantraut. Und sogleich muss ich mich der Frage stellen, ob ich diesem Monster von einem Roman als Rezensent gewachsen bin. Nein, bin ich nicht, und deshalb beschränke ich mich auf den zweiten Teil: „Esch oder die Anarchie“, der im Jahr 1903 spielt und nur locker mit dem ersten Teil („Pasenow oder die Romantik“ 1888) verknüpft ist, so dass man ihn als selbständigen Roman lesen kann.
Aber bevor ich verrate, warum ich dieses Buch mag, möchte ich warnen. Wer zusammenzuckt, wenn eine schwarze Frau Negerin genannt wird, wer den Ausdruck „warmer Bruder“ für einen Schwulen unerträglich findet, wer eine Liebesszene, in der der Held die Heldin so massiv bedrängt, dass sie später „me too!“ ausrufen könnte, der nehme dieses Buch nicht zur Hand. Ich erinnere mich an meinen 1909 geborenen schwulen Onkel, der mir, als ich ihn auf seine Eleganz ansprach, mal kichernd gestand: „Ich bin eben ein warmer Bruder!“ Er schien diesen Begriff für einen Ehrentitel zu halten.
„Esch oder die Anarchie“ spielt in der Zeit Ravachols und Bakunins, berühmter Anarchisten und zahlreicher Attentate auf führende Politiker; und sein Held kann sich in der Tat über nichts so sehr empören, wie über eine Polizei im Dienst des Kapitals und des Staates, die einen tüchtigen und alles andere als staatsfeindlichen Gewerkschafter wie Martin Geyring verhaftet und einbuchtet.
Zentral ist die Liebesgeschichte zwischen dem gefeuerten Buchhalter August Esch und der verwitweten Wirtin einer Kölner Rheinschifferkneipe, Gertrud Hentjen, die von ihren Stammgästen nur liebevoll „Mutter Hentjen“ genannt wird, obgleich sie keine Kinder hat. „Wenn dann Mutter Hentjen abends ihren Platz am Büfett eingenommen hatte, pflegte sie sich manchmal umzuwenden und die blonde Frisur, die wie ein kleiner steifer Zuckerhut auf dem runden, schweren Schädel saß, vor dem Spiegel abzutasten.“ Vormittags wird sie so geschildert: „Sie war noch in morgendlicher Arbeitskleidung, hatte eine große blaue Kattunschürze dem Rock vorgebunden und auch das abendliche Mieder hatte sie noch nicht angelegt, so dass ihre Brüste wie zwei Säcke in der breitkarierten Barchentbluse lagen.“ Sie wird als banaler Alltagsmensch mit Alltagssorgen geschildert, und auch Esch, der sich um sie bemüht, ist alles andere als ein Beau, achtmal (Suchfunktion kindle) ist im Gesamtroman von seinem „Pferdegebiss“ die Rede, das er lachend, im Zorn oder aus Ekel entblößt oder „in die fleischige Achsel“ seiner Geliebten schlägt. Mit dem Scharfblick, aber auch der Grausamkeit des akademisch gebildeten Exunternehmers schildert Broch hier den Alltag der unteren Mittel- oder oberen Unterschicht.
Der Gewerkschafter Geyring gibt Esch den Tipp sich in Mannheim bei der Mittelrheinischen Reederei zu bewerben. Das klappt, Esch wird in Mannheim das, was man im Hamburger Hafen Tallyman nennt, Kontrolleur der Schiffsbe- und Entladung, macht Bekanntschaft mit dem Jongleur und Messerwerfer Teltscher, Künstlername Teltini, und seiner ungarischen Assistentin Ilona, die kaum Deutsch spricht. Als Geyring bei einem Streik wegen aufrührerischer Reden eines anderen, die er nicht unterbunden hat, verhaftet und eingebuchtet wird, ist Esch so sauer auf die mittelrheinische Reederei und ihren schwulen Chef Eduard von Bertrand, dass er hinschmeißt und mit dem Plan, eine Variéténummer mit Ringerinnen, zu denen auch eine Negerin gehören soll, aufzubauen, nach Köln und zu Mutter Hentjen zurückkehrt. „In jener außerordentlichen Bedrängnis, die jedem Menschen auferlegt ist, wenn er, der Kindheit entwachsen, zu ahnen beginnt, dass er einsam und brückenlos seinem einstigen Tode entgegenzugehen hat, in dieser außerordentlichen Bedrängnis, die eigentlich schon eine göttliche Furcht zu nennen ist, sucht der Mensch nach einem Genossen, damit er mit ihm Hand in Hand dem dunklen Tore zuschreite, und wenn er die Erfahrung gemacht hat, wie lustvoll es unleugbar ist, mit einem anderen Wesen im Bette zu liegen, so meint er, dass diese sehr innige Vereinigung der Haut hindauern könne bis zum Sarge.“ Esch überredet Mutter Hentjen, mit ihm zu einer Weinauktion nach St. Goar zu fahren, und wie auf dieser Reise mit Bahn und Schiff die Männerverachtung der Witwe im Konflikt mit ihrer Liebessehnsucht zur Lähmung ihres Ich führt, das ist ein Lesebuchbeispiel für den Kampf zwischen Es und Überich, ich könnte es seitenweise zitieren: „Dem Versuch, sie an sich zu ziehen, leistete ihr breiter Körper in dem Fischbeingehäuse steifen Widerstand und die Hutnadeln auf ihrem wackelnden Kopf bedrohten sein Gesicht. Kurz entschlossen schob er ihren Hut zurück, der mitsamt der Frisur nach hinten rutschend ihr das Aussehen einer Betrunkenen verlieh. (…) Dann küsste er die Wange, die an seinem Mund vorbeiglitt, und schließlich nahm er den runden schweren Kopf in die Hand und drehte ihn zu sich. Sie erwiderte den Kuss mit trockenen dicken Lippen, etwa wie ein Tier, das seine Rüsselschnauze gegen eine Glasscheibe drückt.“
Des Weiteren ist Esch von dem Plan besessen, mit seinen Ringerinnen per Ozeandampfer in die USA zu reisen, angeregt von Arthur Holitschers Sachbuch: „Amerika heute und morgen“, aus dem auch Franz Kafka, als er seinen Roman „Amerika“ schrieb, Anregungen bezog. Unheimlich die Passagen, in denen sich der homophobe Esch ins Milieu der Homosexuellen begibt und nach Badenweiler reist, um den verhassten Großkapitalisten Bertrand, diesen „feinen warmen Bruder“, erpresserisch zu zwingen, sich für die Freilassung des inhaftierten Freundes Geyring einzusetzen. Dem entzieht sich Bertrand durch Suizid, die Amerikapläne von Esch und Mutter Hentjen lösen sich in Luft auf, Mutter Hentjen renoviert ihre Kneipe, sie heiraten und Esch findet wieder eine Stelle als Buchhalter – ein Schluss, lustig, traurig und resigniert wie der von Voltaires „Candide“.
Und sind nicht auch wir Schlafwandler? Wir gießen neuen Wein in alte Schläuche, wälzen uns in romantischen Naturgefühlen, wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Natur von uns längst so heruntergewirtschaftet wurde, dass sie unsere Dichtung hohnlachend zurückweist? Oder wir sind zu Zynikern geworden und amüsieren uns nach dem Motto "Jetzt gerade" über eine zugrunde gehende Welt, indem wir im Kokon unserer Träume verharren ...
Aber bevor ich verrate, warum ich dieses Buch mag, möchte ich warnen. Wer zusammenzuckt, wenn eine schwarze Frau Negerin genannt wird, wer den Ausdruck „warmer Bruder“ für einen Schwulen unerträglich findet, wer eine Liebesszene, in der der Held die Heldin so massiv bedrängt, dass sie später „me too!“ ausrufen könnte, der nehme dieses Buch nicht zur Hand. Ich erinnere mich an meinen 1909 geborenen schwulen Onkel, der mir, als ich ihn auf seine Eleganz ansprach, mal kichernd gestand: „Ich bin eben ein warmer Bruder!“ Er schien diesen Begriff für einen Ehrentitel zu halten.
„Esch oder die Anarchie“ spielt in der Zeit Ravachols und Bakunins, berühmter Anarchisten und zahlreicher Attentate auf führende Politiker; und sein Held kann sich in der Tat über nichts so sehr empören, wie über eine Polizei im Dienst des Kapitals und des Staates, die einen tüchtigen und alles andere als staatsfeindlichen Gewerkschafter wie Martin Geyring verhaftet und einbuchtet.
Zentral ist die Liebesgeschichte zwischen dem gefeuerten Buchhalter August Esch und der verwitweten Wirtin einer Kölner Rheinschifferkneipe, Gertrud Hentjen, die von ihren Stammgästen nur liebevoll „Mutter Hentjen“ genannt wird, obgleich sie keine Kinder hat. „Wenn dann Mutter Hentjen abends ihren Platz am Büfett eingenommen hatte, pflegte sie sich manchmal umzuwenden und die blonde Frisur, die wie ein kleiner steifer Zuckerhut auf dem runden, schweren Schädel saß, vor dem Spiegel abzutasten.“ Vormittags wird sie so geschildert: „Sie war noch in morgendlicher Arbeitskleidung, hatte eine große blaue Kattunschürze dem Rock vorgebunden und auch das abendliche Mieder hatte sie noch nicht angelegt, so dass ihre Brüste wie zwei Säcke in der breitkarierten Barchentbluse lagen.“ Sie wird als banaler Alltagsmensch mit Alltagssorgen geschildert, und auch Esch, der sich um sie bemüht, ist alles andere als ein Beau, achtmal (Suchfunktion kindle) ist im Gesamtroman von seinem „Pferdegebiss“ die Rede, das er lachend, im Zorn oder aus Ekel entblößt oder „in die fleischige Achsel“ seiner Geliebten schlägt. Mit dem Scharfblick, aber auch der Grausamkeit des akademisch gebildeten Exunternehmers schildert Broch hier den Alltag der unteren Mittel- oder oberen Unterschicht.
Der Gewerkschafter Geyring gibt Esch den Tipp sich in Mannheim bei der Mittelrheinischen Reederei zu bewerben. Das klappt, Esch wird in Mannheim das, was man im Hamburger Hafen Tallyman nennt, Kontrolleur der Schiffsbe- und Entladung, macht Bekanntschaft mit dem Jongleur und Messerwerfer Teltscher, Künstlername Teltini, und seiner ungarischen Assistentin Ilona, die kaum Deutsch spricht. Als Geyring bei einem Streik wegen aufrührerischer Reden eines anderen, die er nicht unterbunden hat, verhaftet und eingebuchtet wird, ist Esch so sauer auf die mittelrheinische Reederei und ihren schwulen Chef Eduard von Bertrand, dass er hinschmeißt und mit dem Plan, eine Variéténummer mit Ringerinnen, zu denen auch eine Negerin gehören soll, aufzubauen, nach Köln und zu Mutter Hentjen zurückkehrt. „In jener außerordentlichen Bedrängnis, die jedem Menschen auferlegt ist, wenn er, der Kindheit entwachsen, zu ahnen beginnt, dass er einsam und brückenlos seinem einstigen Tode entgegenzugehen hat, in dieser außerordentlichen Bedrängnis, die eigentlich schon eine göttliche Furcht zu nennen ist, sucht der Mensch nach einem Genossen, damit er mit ihm Hand in Hand dem dunklen Tore zuschreite, und wenn er die Erfahrung gemacht hat, wie lustvoll es unleugbar ist, mit einem anderen Wesen im Bette zu liegen, so meint er, dass diese sehr innige Vereinigung der Haut hindauern könne bis zum Sarge.“ Esch überredet Mutter Hentjen, mit ihm zu einer Weinauktion nach St. Goar zu fahren, und wie auf dieser Reise mit Bahn und Schiff die Männerverachtung der Witwe im Konflikt mit ihrer Liebessehnsucht zur Lähmung ihres Ich führt, das ist ein Lesebuchbeispiel für den Kampf zwischen Es und Überich, ich könnte es seitenweise zitieren: „Dem Versuch, sie an sich zu ziehen, leistete ihr breiter Körper in dem Fischbeingehäuse steifen Widerstand und die Hutnadeln auf ihrem wackelnden Kopf bedrohten sein Gesicht. Kurz entschlossen schob er ihren Hut zurück, der mitsamt der Frisur nach hinten rutschend ihr das Aussehen einer Betrunkenen verlieh. (…) Dann küsste er die Wange, die an seinem Mund vorbeiglitt, und schließlich nahm er den runden schweren Kopf in die Hand und drehte ihn zu sich. Sie erwiderte den Kuss mit trockenen dicken Lippen, etwa wie ein Tier, das seine Rüsselschnauze gegen eine Glasscheibe drückt.“
Des Weiteren ist Esch von dem Plan besessen, mit seinen Ringerinnen per Ozeandampfer in die USA zu reisen, angeregt von Arthur Holitschers Sachbuch: „Amerika heute und morgen“, aus dem auch Franz Kafka, als er seinen Roman „Amerika“ schrieb, Anregungen bezog. Unheimlich die Passagen, in denen sich der homophobe Esch ins Milieu der Homosexuellen begibt und nach Badenweiler reist, um den verhassten Großkapitalisten Bertrand, diesen „feinen warmen Bruder“, erpresserisch zu zwingen, sich für die Freilassung des inhaftierten Freundes Geyring einzusetzen. Dem entzieht sich Bertrand durch Suizid, die Amerikapläne von Esch und Mutter Hentjen lösen sich in Luft auf, Mutter Hentjen renoviert ihre Kneipe, sie heiraten und Esch findet wieder eine Stelle als Buchhalter – ein Schluss, lustig, traurig und resigniert wie der von Voltaires „Candide“.
Und sind nicht auch wir Schlafwandler? Wir gießen neuen Wein in alte Schläuche, wälzen uns in romantischen Naturgefühlen, wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Natur von uns längst so heruntergewirtschaftet wurde, dass sie unsere Dichtung hohnlachend zurückweist? Oder wir sind zu Zynikern geworden und amüsieren uns nach dem Motto "Jetzt gerade" über eine zugrunde gehende Welt, indem wir im Kokon unserer Träume verharren ...
Kommentare zu dieser Rezension
Da kommen m.E. zu viele "Nebenbücher" und Nebenschauplätze vor, der tote Faden ist oft kaum noch zu erkennen, das verwildert den Text etwas, ansonsten flüssig und geschmeidig geschrieben.
Man kann hier leider nicht verbessern, ansonsten hätte ich vor die Rheinschifferkneipe im 4. Absatz noch ein "Kölner" gesetzt.
Ja, wenn der rote Faden tot ist, kann man ihn wirklich nicht mehr erkennen! Danke für Lektüre und Kommentar! Quoth
Ja, wenn der rote Faden tot ist, kann man ihn wirklich nicht mehr erkennen! Danke für Lektüre und Kommentar! Quoth
:)
Verlo (65)
(04.10.22, 06:18)
(04.10.22, 06:18)
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Guter Hinweis, vielen Dank. Ich lese e-Book immer nachts, tagsüber Papier. E-Book hat außerdem die Suchfunktion, die ich sehr schätze.
Zu den "wunden Punkten" des Buchs gehört auch, dass der Begriff Jude oft in abfälligem Zusammenhang gebraucht wird - womit der jüdische Autor 1930 auf den ihm sattsam bekannten Antisemitismus eingeht, z.B. so: "In den Blättern können sie schreien, die Herren Juden," sagte Geyring, "aber vor dem Gewerkschaftsdienst, da drücken sie sich." Oder: "Korn (...) äußerte bloß, dass der Teltscher, der Jud', eben ein Gauner sei."
Zu den "wunden Punkten" des Buchs gehört auch, dass der Begriff Jude oft in abfälligem Zusammenhang gebraucht wird - womit der jüdische Autor 1930 auf den ihm sattsam bekannten Antisemitismus eingeht, z.B. so: "In den Blättern können sie schreien, die Herren Juden," sagte Geyring, "aber vor dem Gewerkschaftsdienst, da drücken sie sich." Oder: "Korn (...) äußerte bloß, dass der Teltscher, der Jud', eben ein Gauner sei."
Verlo (65) äußerte darauf am 04.10.22 um 12:02:
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Hier noch ein Zitat, das besonders interessant ist, weil der Autor sich nicht hinter der Rede einer erfundenen Figur versteckt, sondern selber spricht (in „Huguenau oder die Sachlichkeit“ Kapitel 62):
„Der Jude, kraft der abstrakten Strenge seiner Unendlichkeit, der moderne, der ‚fortgeschrittenste‘ Mensch kat’exochen: er ist es, der sich mit absoluter Radikalität dem einmal gewählten Wert- und Berufsgebiet hingibt, er ist es, der den ‚Beruf‘, den Erwerbsberuf, in den er zufällig geraten ist, zu einer bisher unbekannten Absolutheit steigert, er ist es, der ohne Bindung an ein anderes Wertgebiet und in unbedingter Strenge hingegeben an sein Tun, zur höchsten geistigen Leistung sich verklärt, zur viehischesten Verworfenheit im Materiellen sich erniedrigt: im Bösen wie im Guten, doch immer im Extremen bleibend (…)“ Baruch Spinoza quasi gegen Shylock gesetzt – eine auch im Antisemitismus (z.B. des um 1900 unglaublich einflussreichen Buches „Rembrandt als Erzieher“ von Julius Langbehn) verbreitete Aufspaltung der Juden in die guten und die bösen.
„Der Jude, kraft der abstrakten Strenge seiner Unendlichkeit, der moderne, der ‚fortgeschrittenste‘ Mensch kat’exochen: er ist es, der sich mit absoluter Radikalität dem einmal gewählten Wert- und Berufsgebiet hingibt, er ist es, der den ‚Beruf‘, den Erwerbsberuf, in den er zufällig geraten ist, zu einer bisher unbekannten Absolutheit steigert, er ist es, der ohne Bindung an ein anderes Wertgebiet und in unbedingter Strenge hingegeben an sein Tun, zur höchsten geistigen Leistung sich verklärt, zur viehischesten Verworfenheit im Materiellen sich erniedrigt: im Bösen wie im Guten, doch immer im Extremen bleibend (…)“ Baruch Spinoza quasi gegen Shylock gesetzt – eine auch im Antisemitismus (z.B. des um 1900 unglaublich einflussreichen Buches „Rembrandt als Erzieher“ von Julius Langbehn) verbreitete Aufspaltung der Juden in die guten und die bösen.
Mir gefällt diese Rezension gut, die ähnlich ausufernd einhertänzelt wie der Meister schreibt.
Beachtenswert finde ich zudem Brochs Verhältnis gegenüber weiblichen Wesen.
Er schätzte starke Frauen und väterliche Freunde, die er vorab allemal über seine zahlreichen Neurosen aufklärte, sie gleichsam von einem Kontakt mit ihm selbst abriet. Gottlob vergebens!
Einmal musste er sechs Liebschaften gleichzeitig meistern, die alle in einer Stadt lebten.
Sicherlich nicht einfach ...
Herzliche Grüße
der8.
Beachtenswert finde ich zudem Brochs Verhältnis gegenüber weiblichen Wesen.
Er schätzte starke Frauen und väterliche Freunde, die er vorab allemal über seine zahlreichen Neurosen aufklärte, sie gleichsam von einem Kontakt mit ihm selbst abriet. Gottlob vergebens!
Einmal musste er sechs Liebschaften gleichzeitig meistern, die alle in einer Stadt lebten.
Sicherlich nicht einfach ...
Herzliche Grüße
der8.
Sollte er selbst zu den Böcken gehört haben, die Mutter Hentjen in "Esch oder die Anarchie" anprangert?
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