keinEinhorn
keinEskapismus, keinRosa, keineLiebe.
Die Kolumne des Teams " keinEinhorn"
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warum Zollbeamte und Schaffner stinken
von Judas
Ist diese Kolumne langsam ein Ventil für mich geworden, mich auszukotzen? Vielleicht. Aber was habt ihr bitte erwartet, Einhörner? Liebe?
Ich muss ja gestehen, dass ich beschissene öffentliche Verkehrsmittel nicht mehr gewohnt bin. Es gibt nicht allzu viele Norweger in Norwegen daher hat man immer einen Platz im Bus, die Fähren haben Cafés, die Fährentypen und Busfahrer sind immer nett und entspannt und die Leute auch. Die paar wenigen Züge haben alle freies W-Lan und Komfortsitze, mindestens einen Kaffeeautomaten und sowas wie 1. und 2. Klasse gibt es nicht. Zugegeben, die Fähren stinken manchmal nach Fisch. Wenn ein Fischtransport drauf steht.
Ihr versteht, dass ich in eine Art Kulturschock gerate, wenn ich dann wieder mit der DB fahren muss. Es gibt da vor allem genau eine Sache, die ich einfach nicht verstehe: warum werden Stewards und Stewardessen in Flugzeugen darauf getrimmt, immer ein freundliches Auftreten zu bewahren, dem Kunden zu helfen wo es nur geht auch wenn der Kunde ein Saftsack ist und selbst in brenzligen Situationen ruhig und freundlich aufzutreten – während Bahnmenschen offenbar ein Aufbauseminar durchlaufen, in dem sie primär lernen, dass sie Autoritätspersonen sind und dass es geil ist, Autorität über ihre Kunden auszuüben, weil's für einen wirklich ernstzunehmenden Beruf einfach nicht gereicht hat? Quasi wie Zollbeamte oder Ordnungspinsel: zum Polizist hat's irgendwie nicht gereicht, vielleicht zu unsportlich oder dumm oder beides gewesen und dann eben beim Zoll immer so richtig schön den Kotzbrocken raushängen lassen. Und warum – warum! - sind es bei Zoll, Bahn oder Ordnungspersonal fast immer Frauen, die so eklig sind?
Dialog im hilflos überfüllten RE nach Kassel von Erfurt, an einem Freitag. Es gibt genau ein Zugabteil, weil Freitags sicherlich niemand von Erfurt Richtung Kassel fahren will. Ich setze mich zu erst brav wie alle anderen Menschen auf den Boden, denn ich habe 17 € für diese Fahrt bezahlt, da gönn ich mir den Luxus (die mit den Montaskarten und den Studententickets müssen stehen! So viel Platz haben wir nämlich nicht auf dem Fußboden, dass da jeder sitzen kann! Das ist nur was für Gäste mit teurem Einzelfahrtticket!)
Nach etwa 10 Minuten Fahrzeit (kein Schaffner in Sicht) entscheide ich mich mutig dazu, mich in die komplett leere 1. Klasse zu setzen. Denke mir: wenn der/die/das Schaffner kommt, frag ich, ob das okay ist. So nett bin ich.
Schaffnerin taucht auf.
Ich: (überreiche Ticket) ist es okay, wenn ich hier sitzen bleibe? (Lächeln)
Sie: (schnippisch) Im Nachhinein betrachtet eigentlich nicht! Das hätten Sie mich ja vor Antritt der Reise fragen können!
Ich: Das hätte ich gerne, aber ich habe Sie nirgendwo gesehen. Deshalb hab ich ja vorher auf dem Fußboden gesessen, weil ich auf Sie warten wollte.
Sie: (noch schnippischer) Ich stand aber die ganze Zeit da vorne! Da hatten Sie genug Zeit! [Anm.: der Redaktion: sie kam direkt aus ihrem kleinen Schaffnerraum, wo auch der Zugführer drin sitzt.]
Ich: Okay, soll ich mich dann wieder auf den Fußboden setzen?
Sie: (wirft einen finsteren Blick über ihre Schulter)
Ich: (mit Nachdruck) Soll ich?
An der Stelle eine kurze Unterbrechung. Hier teilt sich die Geschichte. Und zwar erst zu dem, was ich hätten sagen sollen und dann was ich tatsächlich gesagt habe:
Sie: (wirft einen finsteren Blick über ihre Schulter)
Ich: Soll ich? Ich hab 17 € für diese Zugfahrt bezahlt. Wieviel kostet der Aufpreis für die 1. Klasse? Gebe ich Ihnen gerne in bar. Wissen Sie, Sie arbeiten in einem Beruf mit Menschen. Ich auch! Eines der ersten Sachen, die man da so lernt, ist, dass man auch in schwierigen Situationen – wie überfüllten Zügen zum Beispiel – kundenorientiert handeln müsste. Und vor allem freundlich, egal was für ein Arschgesicht Ihr gegenüber ist. Aber es macht Spaß, Autorität über Menschen auszuüben, stimmt's? Fühlt sich gut an. Vielleicht weil man sonst nichts zu sagen hat? Sich aufschwingen zu diesem gönnerischen „Sie dürfen hier eigentlich nicht sitzen aber weil ICH so nett bin und es gestatte in meiner absoluten Hoheit, dann dürfen Sie es. Aber nur, wenn Sie mich VORHER fragen!“
Nun, was ich dann tatsächlich gesagt habe:
Sie: (wirft einen finsteren Blick über ihre Schulter)
Ich: 'tschuldigung.
Und nun die Erklärung, warum ich mich entschuldigt habe – und nichts anderes. Weil's einfacher ist, ihr das Hoheitsgefühl zu geben und an der Stelle irgendeine bekloppte Prinzipiendiskussion zu vermeiden. Weil ich darauf keinen Nerv habe. Beim Zoll ist mir schon ähnliches passiert. Bin da über die falsche Linie gelaufen, Frau Zollbeamte ist fast ausgerastet und wurde nicht müde, mir ungefähr fünf mal zu erklären, dass sie jetzt alles Recht auf ihrer Seite hat, mir meine Katze wegzunehmen. Und es nur deshalb nicht tut, weil sie so ein unfassbar gutherziger Mensch ist. Fünf mal. Fünf mal hat sie mir das gesagt.
„Eigentlich könnte ich Ihnen ihre Katze jetzt wegnehmen und wegsperren, aber ich hab heute einen guten Tag und deshalb lass ich's! Weil ich so nett bin!“
„Eigentlich dürfen Sie nicht hier in der 1. Klasse sitzen im überfüllten Zug, weil Sie mich nicht gefragt haben! Aber ich bin ja zum Glück ein so herzensguter Mensch und lasse Sie gewähren!“
Verstehe dieses Verhalten nicht.
Verstehe aber auch einfach Menschen nicht.
Schöne Woche noch. Und fahrt nicht zu viel Bahn.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Zwar nicht strikte Regel, aber eine gute Konvention bzw. Übereinkunft ist es, Euro-Zeichen zu vermeiden und auszuschreiben. Weil es angenehmer zu lesen ist. Anders gesagt: Eurozeichen steht für den Stinkstiefel, Euro-auschreiben für den entspannten Zeitgenossen.