Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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PHILIP K. DICKS LEBEN UND WERK – EIN KURZER ABRISS (Teil 2)
von Dieter_Rotmund
Gastkolumne von Wolfgang Weimer (Graeculus)
Man kann heute, fast 40 Jahre nach Dicks Tod, wohl davon ausgehen, daß er den Sprung in die Riege der literarischen Klassiker geschafft hat, d.h. ein Autor geworden ist, dessen Werk nicht zeitgebunden bleibt, nicht mit seinem Tode untergeht, sondern mit dem man sich immer wieder befaßt und das man immer wieder liest. Wichtigstes Indiz dafür ist neben der andauernden Reihe von Verfilmungen der Umstand, daß auch Dicks Bücher immer wieder neu aufgelegt werden und so auf dem Markt bleiben. So hat in Deutschland der Heyne-Verlag vor einigen Jahren eine fünfzehnbändige Werkausgabe abgeschlossen, nachdem die rühmliche Ausgabe des Haffmans-Verlages dem Bankrott dieses Verlages zum Opfer gefallen ist. Die Heyne-Edition schließt auch einen Band der nicht uninteressanten Essays und Vorträge Dicks ein („Wie man ein Universum baut“). Auch bringt der kleine Verlag Edition Phantasia der Reihe nach Mainstream-Romane Dicks sowie vor einigen Jahren mit „Auf der Suche nach VALIS“ seine Reflexionen über seine Gotteserlebnisse und kürzlich unter dem Titel „... wenn unsere Welt ihr Himmel ist?“ sein letztes Interview heraus. Dies nur für den deutschsprachigen Markt gesagt.
Die SF-Kurzgeschichten Dicks sind vollständig veröffentlicht in einer zehnbändigen Ausgabe bei Haffmans, vergriffen, wie gesagt. Im Rahmen der Heyne-Werkausgabe ist ihnen ein einzelner, aber voluminöser Band mit dem Titel „Der unmögliche Planet“ gewidmet, wobei die Auswahl ziemlich genau diejenigen Texte enthält, die auch ich empfehlen möchte.
Hinsichtlich der SF-Romane war die Haffmans-Edition nicht sehr weit gediehen; die Heyne-Ausgabe umfaßt mit fünfzehn Romanen, darunter die drei VALIS-Romane in einem einzigen dicken Band, eine gute Auswahl. Und die Mainstream-Romane erhält man, wie angedeutet, in sehr kleiner Auflage bei dem sehr kleinen Verlag Edition Phantasia.
Unter den Romanen halte ich für die bedeutendsten
• „The Three Stigmata of Palmer Eldritch“ (dt. „Die drei Stigmata des Palmer Eldritch“, früher unter dem Titel „LSD-Astronauten“) [Dieser Roman faßt alle Anliegen Dicks zusammen: die Frage nach der Realität, nach dem Menschsein, nach dem Scheitern von Liebesbeziehungen und nach dem Verhältnis von Gott und Teufel; die Atmosphäre ist unüberbietbar bedrohlich; er gilt mir auch deswegen als sein bester Roman.],
• „Ubik“ (so auch deutsch) [einmalig sein Plot: ein Mensch stellt nach und nach fest, daß er tot ist!],
• „A Maze of Death“ (dt. „Irrgarten des Todes“),
• „A Scanner Darkly” (dt. „Der dunkle Schirm”),
• „Flow My Tears, the Policeman Said“ (dt. „Eine andere Welt“; die Übersetzungen von Dicks originellen Titeln sind oft ein Armutszeugnis!),
• “A Martian Timeslip” (dt. “Marsianischer Zeitsturz”, früher „Mozart für Marsianer“),
• “Do Androids Dream of Electric Sheep?” bzw. “Blade Runner” (so auch deutsch),
• „Now Wait for Last Year“ (dt. „Warte auf das letzte Jahr“) sowie
• „The Man in the High Castle“ (dt. „Das Orakel vom Berge“).
Die drei “VALIS”-Romane („Valis“, The Divine Invasion“ und „The Transmigration of Timothy Archer“) sind sehr religiös-mystisch und literarisch schwer zu genießen, haben auch kaum eine Handlung; es handelt sich eher um gnostisch-neuplatonisch angehauchte Philosophie in mühsamer literarischer Verkleidung.
Zum Zeitpunkt seines Todes arbeitete Dick an einem weiteren Romanprojekt („The Owl at Daylight“, dt. „Die Eule bei Tageslicht“), von dem nur im Rahmen seines letzten Interviews der Plan erhalten ist, der eine Handlung sowie ein philosophisch-religiöses Konzept erkennen läßt.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Nach der Lektüre des Romans soll John Lennon spontan bei PKD angerufen und gefragt haben, ob er die Verfilmungsrechte kaufen könne.
Nun, das Schicksal hatte andere Pläne mit John Lennon. Aber an einem trüben Tage ans Telephon zu gehen und dann zu hören: "Hi, hier ist John Lennon!", das hat etwas Stimmungsaufhellendes.
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*) Du machst mich häufiger auf Bildungslücken aufmerksam; das ist zwar nicht wie ein Anruf von John Lennon, hat aber ebenfalls etwas Stimmungsaufhellendes.
(sowohl Shape of Water als auch Crimson Peak liefen in Weimar damals in den Alternativkinos Lichthaus und Mon Ami statt im Cinestar).
Wir tauschen hier einfach nur Erfahrungen und Meinungen aus . Mir genügt dies.
@Graec wirklich - unbedingt. Das ist weit mehr als ein Fantasy Film. Sehr viel mehr.
@Judas: Bitte nicht so viel in meine Kommentare reininterpretieren, ich schreibe halt kurz&knapp, ohne Schnörkel, ohne Subtext.
Und dann auch noch "ich schreibe halt kurz&knapp, ohne Schnörkel, ohne Subtext"! Da springt einem der Subtext ja förmlich ins Auge.
Nun ja, der Subtext bei ""ich schreibe halt kurz&knapp, ohne Schnörkel" ist, dass mir die Schreiber menschlich-persönlich egal sind, weil man wird hier leider viel zu oft dreist angelogen. Z.B. behauptete gestern ein kVler er sei obdachlos.
Wie gefällt Dir "Pan' s Labyrinth"?
@Dieter
Beschönigende oder um Mitleid heischende Selbstdarstellungen sind bestimmt kein kV-Phänomen, wieso allerdings bist Du Dir so sicher, dass die Behauptung, obdachlos zu sein, erlogen ist?
Im übrigen ist es gerade in diesem Literaturforum unerlässlich, sowohl zwischen den Zeilen als auch quer zu lesen, sprich, auch mal die Kommentare anderer auf Hinweise zu prüfen, obwohl ich natürlich Verständnis dafür habe, dass Dir oftmals die Zeit dazu fehlt, das ändert aber nichts daran, dass gerade Du zu Fehlinterpretationen neigst und das ebenfalls bei kurzen und knappen Kommentaren, die auch Du offensichtlich nicht immer einzuordnen vermagst.
@beide
Es gibt wohl nur Texte ohne bewusste Unter-, oder Übergedanken, aber auch solche, wo sie nicht erkannt werden (können oder sollen), der Erfahrungs-, bzw. Erwartungshorizont des Lesers spielt allerdings auch noch mit hinein, so dass dessen Erkenntnisse den Autor selbst sowohl überraschen als auch erschüttern können, deshalb dürfte es meiner Meinung nach ziemlich schwierig sein, einen Text völlig neutral zu formulieren.
Ein ganz guter Film, optisch eindrucksvoll und, was die Auseiandersetzungen zwischen Falangisten und Partisanen angeht, auch spannend. Hellauf begeistert bin ich nicht. Dazu sind Gut und Böse zu deutlich und - wie ich meine - fingiert verteilt; das erscheint mir als märchenhaftes Weltbild. Die Fantasy-Elemente sind nur locker und vielleicht sogar etwas künstlich mit der Faschisten vs. Kommunisten-Handlung verwoben. Vermutlich soll das ein Gegenentwurf (aus der Perspektive eines Mädchens) zu der brutalen Welt der Erwachsenen sein.
Ein kleines Mädchen war ich ja nun nie, und wahrscheinlich wäre mir die Welt der Fantasy auch dann fremd geblieben, wenn sie zur Zeit meiner Kindheit schon dermaßen in Mode gewesen wäre.
Heute habe ich erst recht vom Pan eine ganz andere und nicht so niedliche Vorstellung.
Es ist aber nicht so, daß ich es bereue, den Film gesehen zu haben.
Bei jedem Text gibt es zwei Aspekte: was darin gesagt wird und was darin nicht gesagt wird. Oft ist der zweite Aspekt der spannendere.
Man sollte einen wachen Sinn dafür entwickeln, was und worüber ein Autor nicht spricht, wenn er spricht.