Er spielte alle Blätter

Erzählung zum Thema Entwicklung(en)

von  Secretgardener

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Er spiele alle Blätter, das betonte er immer wieder. Egal ob beim Poker oder Skat, immer alle Blätter spielen, das war sein Motto. Niemals passen.
Man frug ihn schon gar nicht mehr nach 18, es fing bei ihm mit 2 an. Alles im Leben fing bei ihm bei 2 an.

„Im Französischen gibt es kein Wort für Sehnsucht“, daran musste er immer denken, besonders beim Skat. Sehnsucht ist etwas typisch Deutsches. Das hatte er auf arte gesehen und der Off-Sprecherin zugestimmt.
Er war einmal Rennfahrer gewesen, mehr schlecht als recht. Ricardo Rosset-mäßig seie sein Fahrstil gewesen sagt er immer und lacht dabei.

Jetzt ist er Beikoch in einem Restaurant.
Er hat 3 Kinder, also eigentlich nur eines. Eines der drei Kinder ist mit 15 von zuhause ausgezogen, das andere liegt im Krankenhaus im Koma.
Es gab vor 4 Jahren einen Autounfall. Er selbst kam recht unverletzt davon. Nasse Fahrbahn, ein Geisterfahrer mit nur einem funktionierenden Scheinwerfer. Natürlich gab ihm niemand die Schuld, doch er spürte die Blicke. Er, der Rennfahrer…hätte doch schließlich ein besseres Reaktionsvermögen, hätte ausweichen können, ausweichen müssen. Er wich ja auch aus, nur nicht weit genug. Woher sollte er wissen, daß der andere zur selben Seite auswich?
Doch auch mit dem einen Kind, der Tochter, ist es nicht so, wie er sich das vorstellt. Sie rasiert sich den Kopf, raucht und trinkt. Er kennt ihre Freunde nicht, will sie auch gar nicht kennen. Er weiß nicht, was er machen soll. Geschlagen hat er sie nie, keines der Kinder, das würde er nicht übers Herz bringen, doch er weiß nicht, was er machen soll; es ist einfach eine andere Generation.
Einmal in der Woche trifft er sich mit Clyvia. Es ist kein Betrügen im normalen Sinne, es geht nicht um Sex. Natürlich haben sie Sex, doch das ist nicht das Entscheidende. Sie geben sich Nähe; die Art von Nähe, die sie zuhause nicht mehr bekamen, die nicht mehr möglich war, nach so vielen Jahren.
Das Heimliche, und daß sie sich nur einmal die Woche sehen, lässt es sich fast wie frisch-verliebt anfühlen.

Er glaubt, seine Frau weiß, was los ist; doch sie lässt ihn machen. Sie selbst hat auch ein Verhältnis, doch bei ihr geht es tatsächlich nur um Sex. Vielleicht ahnt er es. Ahnt, daß bei den Besuchen seiner Frau bei ihrer Schwester etwas nicht stimmt, doch sein Gefühl bei ihr ist seit längerem etwas abgestumpft und trüb. Und wenn beide ihre Liebschaften haben, wird die Ehe länger andauern können, oder was sie so Ehe nennen.

Das Alles war nicht das, was er sich vorstellte, als er in Spa seine Runden drehte. Doch als es anfing, als es anfing in Blanchimont im rechten Zeigefinger zu zittern, musste er aufhören mit seiner einzigen Leidenschaft. Er ging zum Rennarzt, der ihn nach Hause schickte, wo er sich seinen Beikoch-Job suchte und nun hin und wieder mit seinen alten Kollegen Karten spielt. Und er spielt alle Blätter, das betont er noch heute. Egal ob beim Poker oder Skat, immer alle Blätter spielen, das ist sein Motto. Niemals passen.
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Anmerkung von Secretgardener:

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Achtung Baby

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Kommentare zu diesem Text

shadowhunter (28)
(28.02.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 28.02.07:
Das hat er tatsächlich, und das Blut, das schmeckte ihm. Er mochte diesen leicht metallenen Geschmack, der ihn an seine Zeit im Stahlwerk erinnerte.
Siehst, kann das aus und anstellen seit dieser Woche, geil, wa? :)
Ich hoffe mal, daß Dir dieser Text hier auch gefällt. Denn auf den bin ich verdammt stolz, mehr noch als auf die Schmetterlinge, besonders den Schlußabsatz find ich großartig (bin mir des Eigenlobs bewußt).
Alles Liebe Dir Madame Laura.
zackenbarsch† (74)
(02.03.07)
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 Secretgardener antwortete darauf am 03.03.07:
Keiner betont den letzten Absatz hier, Schande aber auch ;)
...und diese Uneigennützigkeit auf der Autorenseite mit meinem Lieplinkstext...
Hab´ lieben Dank für das allgemeine Lob.
Viele Grüße, Angelo.
hüllenlos (29)
(03.03.07)
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 Secretgardener schrieb daraufhin am 03.03.07:
...wenn das mein alter Liepling Ricardo Rosset wüßte ;) was macht der jetzt eigentlich?
Großes Danke für Dein Erstaunen, denn das hier ist mein Liepling meiner 3 neuen Texte.
Liebe Grüße.
Palmer (45)
(12.03.07)
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 Secretgardener äußerte darauf am 12.03.07:
Hab´ vielen Dank.
Freut mich bei diesem Text besonders.
evilelli (28)
(12.03.07)
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 Secretgardener ergänzte dazu am 12.03.07:
Ui, DAS ist mal ein tolles Kompliment. Hab´ ganz lieben Dank für das große Lob und natürlich auch für die Empfehlung.
Ich liebe ja das Ende hier :)
Alles Liebe auch Dir,
Angelo.
Synonym (32)
(12.06.07)
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 Secretgardener meinte dazu am 12.06.07:
Ja, Kapitulation ist viel drin, wenn nichts mehr übrig ist, und der einzige Traum aufgegeben werden muss. Und eben die angesprochene Sehnsucht (der Spruch kam wirklich so auf arte). Als Inspiration dienten mir die Stücke aus Maramba von Paula Köhlmeier. Ihre kleinen Prosastückchen sind voll davon...
Freut mich, daß Du soviel darin siehst.
Liebe Grüße, Angelo.
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