Momo

Kurzgeschichte zum Thema Mensch und Natur

von  püttchen

Es war einmal in den Straßen einer großen, unbekannten Stadt. Es war Sommer. Die Straßen und Kaffees waren gefüllt von einem wabernden, schwitzenden Menschenmeer. Darunter ich. Ich hasse den Sommer. Ich hasse die Sonne. Sie verbrennt meine Haut, lacht mich aus und zeigt mir das halbe Jahr über, wie meine leben aussehen könnte, aber nicht tut. Ich hasse das Licht. Ich sitze unter der Brücke. Bei den anderen. Mein Hund ist auch bei mir. Mein treues Tier Momo. Das Wasser des Kanals kühlt die Luft. Hier unten ist es schattig. Das monotone Rumpeln der Autos die über uns hinweg fahren beruhigt die todessehnsüchtige Stimmung in unseren Köpfen. Die Anderen sind nicht wie ich. Aber der Hass gegen die Sonne scheint uns alle auf eine gewisse, mystische Art die Herzen zu verbinden. Wir erholen uns im Schatten vom Leben. Jeder ein dunkles Bier in der Hand. Niemand von uns möchte ins Licht. Keiner hat den Drang nach Unterhaltung. Momo liegt trotz des Schattens hechelnd am Betonufer. Momo ist was ich am Leben mag. Er würde zuhören, würde ich ihm etwas erzählen wollen. Er hat keinen Hass auf das Leben. Und Momo mag mich. Er ist das einzige was von einer heilen Bilderbuchfamilie geblieben ist. Der Rest ist zerbrochen, die Scherben vom Wind verweht und vom Meer verschluckt. Aber Momo blieb bei mir. Er wartet auf mich, wenn ich weggehe und er wärmt mich wenn die Nächte kalt sind. Wenn ich an Momo denke muss ich lächeln und sehe nicht mehr alles so schwarz und negativ. Auch jetzt. Die Mücken machen uns ganz schön zu schaffen. Blutsaugende Biester fallen auch über Momo her. Armes Kerlchen. Ich wuschele ihm so liebevoll wie ich kann über seinen zerzausten Struwwelkopf. Auch ich bin völlig zerstochen. Hoffentlich dauert es nicht mehr ganz so lange mit mir. Ich bin des Lebens müde. Es zermürbt mich, kaut mich durch um mich wieder auszuspucken. Eigentlich will ich gar nicht hier sein. Aber ich kann Momo nicht alleine lassen. Er braucht mich doch. Und zugegeben, es ist schön gebraucht zu werden. Die Anderen interessieren mich nicht. Sie sind Wanduhren die stetig vor sich hinticken und auf den Stillstand warten. Eigentlich so wie ich. Aber ich ticke anders. Ticke schneller. Ein Mann kommt zu uns unter die Brücke. Ein Mann in grün. Ihm folgen andere. Auch Grüne. Scheiß Bullen. Wolln uns wieder vertreiben. Von hier. Irgendeiner von uns steht auf sagt sie sollen sich verpissen. Die Bullen sind schlecht gelaunt. Sie treten unser Bier kaputt und ein bittersäuerlicher Geruch schleicht in meine Nase. Eine Hand voll Brückenbewohnern  geht auf sie los. Ich habe keine Lust auf eine Schlägerei. So wichtig ist mir mein Plätzchen hier auch nicht. Dann geh ich eben woanders hin. Noch mehr Bullen kommen. Mit Knüppeln gehen sie auf uns los. Ich bekomm einen in die Kniekehle und gehe zu Boden. Die Grünen unterscheiden nicht zwischen denen die Pöbeln und Leuten wie mir die sich nur in aller Ruhe die Wartezeit verkürzen wollen. Es ist laut. Alle schreien durch einander. Meine Ohren drohen zu Platzen. Ich will weg hier. Ich richte mich auf und hinke zu Momo, der ein gutes Stück weiter am Ufer auf mich wartet. Momo bleibt ganz ruhig. Er will auch keinen Stress. Das Geschrei und Gemisch der vielen Farben und Stimmen übertönt meine Gedanken. Der Boden ist rutschig und klebrig. Achtgebend, dass ich nicht hinfalle suche ich mir einen Weg durch die Menge. Muss aufpassen, nicht noch mal erwischt zu werden. Muss schauen hier wieder heil rauszukommen. Als ich es schon fast geschafft hatte, erwischte mich einer dieser Knüppel am Kopf. Ich ging wieder zu Boden. Spürte, wie mir warmes Blut an der Seite hinunter läuft und sich mit Bier vermengt. Mein Kopf ist frei und ich sehe unscharf. Momo kommt auf mich zu. Er will mir helfen. Mein lieber Momo. Eine Träne rutscht mir übers Gesicht. Als plötzlich einer von diesen Bullenschweinen ausrutscht und auf Momo landet. Er schreit und schimpft. Er rappelt sich auf und tritt Momo. Immer wieder. Ich will Momo retten. Kann mich nicht rühren. Er schmeißt Momo in den Fluss. Ich schreie. Jetzt ham sie mir alles genommen. Und es ist meine Schuld. Niemand kommt aus dem Kanal wieder heraus. Die Betonwände sind zu steil. Auch Momo nicht. Die Leere in mir, die schon immer da war, wird zu einem schwarzen Loch. Ich kotze Blut und Tränen. Und es ist meine Schuld.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 AndreasG (29.04.07)
Hallo Püttchen.

Mir sind in dem Text (der mir ansonsten gefallen hat) zu wenige Lesepausen (Absätze, beschreibende Passagen mit langen Sätzen ...). So hetzt der/die LeserIn durch die Zeilen und wird unaufmerksam.
Besonders aufgefallen ist mir: "... Niemand kommt aus dem Kanal wieder heraus. Die Betonwände sind zu steil. Auch Momo nicht. ...", wo eine kleine Umstellung der Sätze angeraten ist. "Auch Momo nicht." beziehe ich sofort auf den direkt davor stehenden Satz und scheitere am Verständnis.
Ein: "Die Betonwände sind zu steil. Niemand kommt aus dem Kanal wieder heraus. Auch Momo nicht." würde schon viel helfen ...

Liebe Grüße,
Andreas

 püttchen meinte dazu am 29.04.07:
hallo Andreas. danke für den kommentar. ich würde diese geschichte auch nicht zu meinen besten zählen und hatte mir schon oft vorgenommen, mich nocheinmal drüber zu setzen. danke für die tipps. ich höre gerne ehrliche meinungen. liebe grüße, jointy
Arvin (48)
(29.04.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 püttchen antwortete darauf am 29.04.07:
dane, so war es gemeint. lg, jointy

 Dieter_Rotmund (05.01.20)
"Kaffees"???

Und "Leben" ist in diesem Kontext ein Substantiv. Wobei der Plural verwirrend ist, da dann noch das "n" im Hilfsverb fehlt.

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 21.06.24 um 13:14:
Hallo, ist da jemand?
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram