Persimonen

Kurzprosa zum Thema Mensch und Natur

von  Ganna

Persimonen


    Schon gestern zogen sich die Geräusche zurück, hielten draußen vor der Stadt inne und räkelten sich nur noch leise. Filzigen Wolken behängten den Himmel und ein Hund bellte.

    Nun ist alles still geworden, selbst das Licht scheint nur zögerlich, als hätte es den Mut verloren. Weich sinkt die Luft, legt sich auf krumme Dächer, rutscht langsam unentschlossen über morsche Steine, bevor sie sich mit feuchtem Nebel zwischen den Mauern des Hofes sammelt.
    Schweigen döst vor sich hin, während feiner Rauch aus dem brüchigen Schornstein vor mir gerade nach oben steigt. Regungslos halte ich meinen Blick aus dem Fenster, schaue auf fest verschlossene Jalousien am Haus gegenüber und atme vorsichtig die Stimmung ein, ängstlich, sie durch eine Bewegung zu stören.
    Persimonen ziehen die dünnen Äste des Baumes, der in der Mitte des Hofes wächst,
wie schwere Pendel nach unten und wollen nicht den Blättern nach, die den Stamm wie einen dicken Teppich umhüllen. Sie halten an den Zweigen fest wie an der unsinnigen Hoffnung,  sie könnten den Sommer zurückholen. Die Farbe der Früchte durchdringt den Dunst, setzt sich auf den Ziegeln fort, ruht dort rosa vor sich hin und beleuchtet sanft den Raum. Ich sauge sie in meine Augen ein und fühle leichte Süße auf den Lippen.
    Ein zartes Sirren naht wie ein Hauch so leise, kaum hörbar und zieht durch meine Ohren.

    Dann flattert ein Vogel auf den Baum, wippt und zippt am reifen Obst, pickt und taucht den Schnabel tief hinein, zerfleddert und zerfetzt die Frucht.
Ein zweiter, ein dritter, unendlich viele kommen plötzlich, schwingen sich auf die Äste, schaukeln und zerbrechen Zweiglein, zerwirbeln die Luft und hacken auf die Früchte, in das saftige Fleisch bis es spritzt und eine Persimone nach der anderen nach unten platscht. Sie verschwenden kreischend und schreiend gierig allen Überfluss, bis der Baum nackt da steht, auf sein Geäst beschränkt.

    Alles ist wieder still, filzige Wolken behängen den Himmel und ein Hund bellt irgendwo. Nur der rosa Schein ist von außen genommen und hat in meinem Innern Platz gefunden.

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Kommentare zu diesem Text

Elias† (63)
(22.11.07)
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 Ganna meinte dazu am 23.11.07:
Lieber Elias,

es freut mich sehr, dass Dir mein Text gefaellt.
Wenn wir den kleinen schoenen Dingen in unserem Alltag mehr Aufmerksamkeit schenken wuerden, sie oefter bemerken wuerden, waeren wir vielleicht alle ein bisschen gluecklicher.

liebe Gruesse
Ganna
LeilahLilienruh (45)
(22.11.07)
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 Ganna antwortete darauf am 23.11.07:
Liebe Leilah,

vielen Dank fuer Deine Worte, ich freue mich sehr darueber, koste sie noch immer in meinem Munde nach und werde mich ein paar Tage daran staerken.

liebe Gruesse
Ganna
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