Sinus

Alltagsgedicht zum Thema Verlorenheit

von  Erebus

Nichts will mir so recht gelingen.
Bin die Pendeltür, ein Schwingen,
festmontiert in den Kulissen:
überdrüssiges Vermissen.

Muss als Kran nur Lasten heben,
selber kann ich niemals schweben.
Bin in unermesslich weiten
Zeiten Grund der Endlichkeiten.

Bin nur Urne, nornenhaft,
Sammlung meiner Wanderschaft.
Bin der Bogen und die Sehne,
die ich, krummgezogen, dehne.

Dann passiert mir eine Sache,
macht mich glücklich, dass ich lache,
wendet sich, lässt mich im Stich:
Glück das kam und wieder wich.

Denn anstelle glatt und eben,
tief und auch erfüllt zu leben,
treibe ich nur in dem schnellen
Auf und Ab der Sinuswellen.

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Kommentare zu diesem Text


 beneelim (28.01.08)
nur selten verbindet sich wehmut mit leichtigkeit - so wie hier.

 Erebus meinte dazu am 31.01.08:
Hallo beneelim,
Ich bedanke mich ganz herzlich für Deinen Kommentar!
sorry für die späte Rückmeldung, der ist mir doch glatt durch die Lappen gegangen..
LG
Ulrich

 Isaban (29.01.08)
Es ist selten, dass im Paarreim auch Melancholie und Tiefgründiges gut rüber kommt. Hier gelingt das. Ein Text in dem man sich, grade im ganz normalen Dienstags-und-es-ist-noch-viel-zu-früh-für-diese-Welt-Blues, als Leser sehr gut wiederfinden kann.

Schwächste Stelle für mich: S4

Dann passiert mir eine Sache,
macht mich glücklich, dass ich lache,
dreh ich mich, lässt mich im Stich:
Glück ist, was stets wieder wich.


Dort ist zwar sehr schön der optimistische Moment auch im Sprachgebrauch zu erkennen, eine deutlich andere Stimmung als in den anderen Strophen, aber V3/V4 sind einfach nicht stimmig, der Satzzusammenhang des Ganzen hoppelt. Vielleicht einfach noch mal umbauen. Eventuell möglich wäre:

Dann passiert mir eine Sache,
macht mich glücklich, dass ich lache,
wendet sich, lässt mich im Stich:
Glück das kam und wieder wich.

Die letzte Strophe hingegen gefällt mir besonders gut, ein wunderbares Deutlichmachen des ewigen Auf und Ab des Lebens. Schöner Zeilenbruch, V7/8, passende, angenehm schwingende Satzmelodie.

Liebe Grüße,
Sabine

 Erebus antwortete darauf am 29.01.08:
Liebe Sabine -

das habe ich gewusst, ja, ich sehe das genauso. Die Strophe vier fällt sprachlich wie auch inhaltlich aus dem Gedicht.
Aber fortlassen kann ich sie nicht, schließlich verkörpert sie die obere Amplitude, den Wellenbauch bei 90°, bei ?/2 (da fällt mir ein, ich müsste sie eigentlich als 2. Strophe bringen).
Ich danke Dir für Deinen Vorschlag, der mir tatsächlich schon viel geeigneter als die ursprüngliche Version erscheint.
Jetzt nehme ich mir das ganze Ding noch einmal vor.

Herzlichen Danke und liebe Grüße
Ulrich
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