Die Scheibe war eigentlich deutlich zu sehen, vollgerankt mit Efeu, die Gardine halb geschlossen. Und doch flog sie mit voller Kraft dagegen.
Ich bewundere immer wieder die suizidale Perversion der biologischen Instinkte, und ringe kurz mit mir ihr die Flügel zu verdrehen, bis sie mir Antworten gibt.
Ich wärme sie in meiner Hand. Mutter will sie retten, doch nicht anfassen. Sie hat jenes maisengelb und himmelblau, das sich vor einem verhangenen Montagmorgen besonders in die Augen schmeichelt. Sie liegt ganz ruhig, als würde sie mir vertrauen, schmiegt sich an meine rechte Hand und beobachtet mich. Staunend schauen wir beide in den Himmel, der uns nicht trägt.
Als der Nachbarhund neugierig bellt, flattert sie leicht und rettet sich auf den nächsten Ast. Ihr Überlebenswille ist ungebrochen, ihre Flügel auch. Nur ihr Sterbensinstinkt schweigt.
Ähnliche Gedanken haben mich heute überfallen, als ich die Sellerieabfälle in die Tageszeitung gewickelt habe. Ich hätte lieber die Nachrichten in Kohlblätter gewickelt und gehofft, dass sie noch einem Regenwurm Nahrung geben und nicht nur der Angst, die einem kleinen Jungen sein Taschengeld entwendet. 2 € für ein blutiges Gummibärchen, ein Hilfeschrei und wir zeigen unser Mitgefühl indem wir uns in die Kondolenzlisten eintragen.
Seit drei Tagen betrachte ich den Fasching. Narren, Närrinnen, und manchmal sogar lebendige Gedanken dazwischen. Kritik, die auf trunkenen Boden fällt. Sobald er wieder austrocknet, hilft kein Bier mehr ihn zu erwecken, kein Schlag, und kein Blutfleck auf den Westen, die sich über Bäuchen spannen, die ihre Kuchen noch mit Vollmilch backen.
Unsre Erde dreht sich.
Und ich schreibe Briefe mit einem Füller ohne Feder und Papier ohne Linien.
Ich stecke sie in runde Briefumschläge, Konservendosen meiner Worte und träume vom Fliegen.