Nach dem Ende

Kurzgeschichte

von  Traumreisende

Es müsste hier weitergehen, denkt sie, während sie den Buchdeckel schließt.
Dabei hatte sie das Ende bereits zum zweiten Mal gelesen. Das erste Mal gleich zu Beginn des Romans, genau dann als sie merkte wie sehr sie mitgerissen wurde.
Das konnte keiner wirklich verstehen, der von dieser Angewohnheit wusste. Später erzählte sie es nicht mehr. Es war scheinbar irgendwie unanständig und sie hatte keine Lust sich immer verteidigen zu müssen. Dafür war ihr diese Tat zu belanglos. Viel belangloser als ihre Gier, die sie damit zu stoppen wusste. Mit dem Wissen von dem Ende war es, wie stundenlang bei Tisch zu sitzen und jeden Bissen genießen zu können.
Nur einmal hatte ihr ein Autor einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vielleicht kannte er Gierschlünde wie sie. Wie hieß doch das Buch, oder der Autor…??  Nie konnte sie sich Titel merken, auch keine Namen von Schauspielern, aber sie hätte stundenlang jedes Detail der Handlung erzählen können. Der besagte namenlose Autor hatte 2 Enden in dem Buch. Das zweite, das was gar nicht zutraf, war wie ein Traum angehangen. So wie eine schöne Korrektur dessen, was im Ende davor unwiederbringlich verloren war.
Sie war sich sicher, sie hätte das Buch nicht eine Seite weiter gelesen, wenn sie vom wahren Ende gewusst hätte.
Und doch sind diese Buchenden immer so mitten drin. Ein oder zwei Menschen sind dann vielleicht nicht mehr, aber für den Rest der Mitwirkenden ist das Buch auch zu Ende und genau das hinterlässt bei ihr immer den Geschmack, irgendwie außen vor gelassen zu werden.

Entweder sie hat jetzt die Stärke loszulassen und sich zu sagen okay, Tür zu, macht ihr doch auf den nichtvorhandenen Seiten was ihr wollt, oder sie beginnt, zumindest kurzzeitig, denen, die einen da so eiskalt ausklammern, ein Leben anzudichten. Bis sie merkt, dass es zu rosa ist. Die Geschichte war voller Leben, warum sollte es danach eintönig verlaufen?
Aus diesem Grund lässt sie dann letztendlich doch los. Weil es nicht stimmen kann, weil das Leben kein Bestseller ist, bei dem minütlich Spannung erzeugt wird.

Manchmal denkt sie, dass auch das ein Teil des Lebens wäre, diese Nichtspannung. Obwohl es  schon bitter ist, wenn sie feststellt, dass der 17.5. sich kaum vom 24.5. und der sich wiederum nicht vom 31.5. unterscheidet. Alles Dienstage, stellt sie mit einem Blick auf den Kalender fest.
Die Wochentage untereinander haben mehr Unterscheidungsmerkmale als Dienstage in Jahren besehen.
Montags die Kinder zum Sport bringen, dienstags Bürokratentag, mittwochs Chor, Donnerstag Waschtag, Freitag einkaufen, Samstag Ausgehen, Sonntag Tatort.
Wenn sie sich so richtig heftig von den Protagonisten der Geschichte ausgestoßen fühlt, dann beginnt sie denen so einen Rhythmus auszudichten, der noch weniger Spielraum lässt. So, das habt ihr nun davon und nun seht zu, wie ihr mit euerem auf Aktion getrimmten Gehirnen mit diesem Plan fertig werdet.

Wenn dann die Euphorie über ihre Boshaftigkeit abklingt, weiß sie, warum diese Enden sein müssen, die auf jedem Höhepunkt. Denn auch diese Höhe kann nicht endlos sein.



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Kommentare zu diesem Text

locido (21)
(04.05.08)
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 Traumreisende meinte dazu am 05.05.08:
menno sohn, irgend ein laster braucht frau halt
lg silvi

 souldeep (04.05.08)
nascht du etwa auch ganz arg
beim essen zubereiten?
:)))

ich kann es einerseits sehr wohl
nachvollziehen, selbst, wenn ich
da gaaaanz anders bin - und die
erzählform scheint sehr gründlich
das thema von allen seiten zu
beleuchten.

weider mal ein längeres stück von
dir, liebe silvi - fein gemacht!

abendgrüsse, lau und noch sonnenwarm,
kirsten

 Traumreisende antwortete darauf am 05.05.08:
ähm ich nasche nicht, ich koste ob es schmeckt

ich kann es einfach vor lauter ungeduld nicht ab, ich würde job und familie liegenlassen nur um mich bis zum ende durchzufressen, da ist doch so ein laster harmlos und familienfreundlich )
knuddel
silvi

 Dieter_Rotmund (30.09.18)
Nun ja, das basiert auf der Annahme, im Ende eines Buches kumuliere eine Art Auflösung, Erlösung, Höhepunkt. Das gilt jedpch nur für Trivialliteratur.
Text hat dennoch erzählerisches Potential, aber auch einge Schlampigkeitsfehler und fehlende Kommas erschweren das Lesen.
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