Die Sandburg

Kurzgeschichte zum Thema Annäherung

von  Traumreisende

Sie trug die Haare zu einem Zopf geflochten.  Dunkel hob er sich von ihrem Kleid ab. Ein Symbol, wie um sich selbst zu bündeln. Sie ahnte seinen Blick, der wiederholt dorthin wanderte. Oft hatte er ihr das Haar gelöst und seine Hände darin vergraben. Heute blieb diese Bewegung aus.
Schweigend saßen sie am Strand. Die untergehende Sonne spiegelte sich auf der Wasseroberfläche. Solche Abendstimmungen ließen sie still werden, doch die Worte heute, verloren sich nicht im Zauber des Augenblickes. Sätze kreisten, brüllten in ihr. Sie biss sich auf die Lippen, um den Schrei zu unterdrücken.
Die Romantik wurde zum absurden Gegenbild des inneren Zustandes. Der brennende Himmel  erhöhte die Qual, trieb sie zu einem Punkt, an dem der Schmerz sich erschöpfte und ihr Fühlen taub machte.
Langsam verschwand die Sonne hinter dem Horizont und zog alle Farben mit sich.
Er blickte zu ihr auf: „ Es geht nicht mehr weiter. Nicht so.“
Sie formte den Sand zwischen ihren Beinen zu einer Burg und schaute auf.
‚Deine Worte sind so belanglos’, dachte sie: ‚wieso sprichst du aus, was schon vor langer Zeit ungesagt feststand?’: „Ja“, sagte sie leise.
„Versteh doch: es geht nicht. Wir sind wie Feuer und Wasser.“
Sie hatte schon lange verstanden.  Es erstaunte sie, dass er sich in Worte verfing, die beide oft zueinander gesagt hatten.
„Ja“ flüsterte sie.
Er redete, ununterbrochen. Obwohl es still war, erfasste sie nur einzelne Wortfetzen .Ab und zu warf sie  ihr „Ja“ ein. Nickte, ohne zu wissen, ob es passte.
Ihre Hände formten weiter an dem auftürmenden Sandgebilde. In ihr war ein einziges Rauschen.
Selbst die Kraft für diese zwei monoton leise ausgesprochenen Buchstaben nahm ab. Sie erhob sich, bevor auch diese Bewegung unmöglich wurde.
Mit festgeschraubtem Lächeln sah sie ihn an. Sie wollte ihm über das Haar streifen, doch die Hand hing herab. Wie bei einer Marionette mit durchtrennten Fäden.
Ihr langes Kleid zerstörte die kleine, in viele Details geformte Burg. Sie registrierte es unbewusst. ‚’Geh! Hämmerte es ununterbrochen in ihrem Kopf. Schritt für Schritt, geh!’
Er verstummte. Sie spürte, wie er ihr nachstarrte.
‚Schau nach vorn!’ beschwor sie sich: ‚sieh nicht zurück!’
Eine Bewegung, aus den Augenwinkeln wahrgenommen, ließ sie den Kopf wenden.
Er saß da und starrte auf den Sandhaufen, den ihre Hände Sekunden vorher noch zu einem Gebilde geformt hatten. Jetzt begann er im Sand zu wühlen, erbaute das kleine Gebäude erneut.  Dann stand er auf und rannte los. Wasser spritzte empor.  Wie ein Kind, leicht und befreit folgte er ihren Spuren,...
Sie streckte ihre Hand aus.
‚Es geht nicht mehr weiter. So nicht.’


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Kommentare zu diesem Text

TanzderSinne (30)
(16.12.05)
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 Traumreisende meinte dazu am 16.12.05:
he gänsehaut... das ist ja etwas was ich garnicht so erwartet hätte, vielleicht liegt ja auch ein frösteln auf den beiden... hab lieben dank
silvi

 Strobelix (16.12.05)
Ein schönes Bild, das einen erst einlädt und anschließend mitnimmt in die eigenen Erinnerungen.

Grüße, Thomas

 Traumreisende antwortete darauf am 16.12.05:
in irgendeiner form ist es uns sicher allen einmal begegnet, das schweigen, das wollen, die ohnmacht, die liebe... danke und schön wenn du reisen konntest. lg silvi
daniela (39)
(16.12.05)
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 Traumreisende schrieb daraufhin am 16.12.05:
das ende wird wohl immer offen sein, immer offen sein müssen..die liebe ist ein fluß und kein stehendes gewässer... hab ganz lieben dank. silvi
Herzwärmegefühl (53)
(16.12.05)
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 Traumreisende äußerte darauf am 16.12.05:
ja, sie hatte aufgegeben, für mich war dieses signal auch sehr wichtig, und warum nicht ein ende, das hoffen läßt ) hab dank. lg silvi
seelenliebe (52)
(16.12.05)
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 Traumreisende ergänzte dazu am 17.12.05:
ich denke in dieser und jener form hat es jede/r schon einmal erlebt, deshalb ist es auch offen, denn auch ein nein muß nichts endgültiges haben, wr lernen an allem...
ganz lieber gruß silvi
Nunny (73)
(16.12.05)
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 Traumreisende meinte dazu am 17.12.05:
das ist ein schönes lob, neige ich doch manchmal zu wortverschnörkelungen.... ja es sollte genügend zwischenräume bleiben, für beide.
hab lieben dank
silvi
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