Haariges

Kurzgeschichte

von  Traumreisende

Für alle, die mich nur mit langen schwarzen Haaren kennen: Sie sind ab!
Ich habe keine Haare mehr und das kam so:
Bislang gehörte ich zu der Hand voll Frauen, die Friseure glücklich gemieden haben. Schließlich verdanken lange Haare ihr Dasein dem erfolgreichen Umgehen dieser Örtlichkeiten.
Bestimmt lag der brennende Wunsch einer äußeren Veränderung meiner Person am vorweihnachtlichen Allgemeinfrust.
Innere Veränderungen hebe ich mir meist für Silvester auf, damit ich sie am 1. Januar wieder verwerfen kann. Solche tiefgreifenden Eingriffe haben ihre Vorboten. Längere Diskussionen mit dem morgendlichen Spiegelbild und „lockere“ Fragen an Menschen, denen ich täglich meinen Anblick biete/zumute?.
Nach einer dieser Fragen schaute mein Sohn so erstaunt, als hätte ich nie Haare besessen. Mein Göttergatte warf ein genervtes: „Lass dir Locken machen!“ in die Runde und für meine Kollegen verwandelte ich mich mit diesem Interesse an Frisuren von einem Neutrum zu einer Frau.
Der Gang zum Friseur war besiegelt.
Wer wie ich zum ersten Mal solche Haarwerkstätten betritt, ist mit leichtem Unbehagen befangen. Vor allem, wenn Fluchtmöglichkeiten durch vorhandene Friseurmeisterkapazitäten versperrt werden.
Mein Unbehagen wuchs proportional mit dem Interesse an meiner Person. Ungeahnten Höhen erreichte es, nach dem ich zugab, solche Räumlichkeiten nie betreten zu haben und zweitens nicht wusste, was ich wollte. Letzteres verwunderte mich, da ich davon ausging, Frauen wüssten nie, was sie wollten.
Ich musste erkennen: Kopfschmuck bildet eine Ausnahme!
Gespräche verstummten schlagartig, alle Arbeiten wurden eingestellt.
Selbst die Damen unter den Trockenhauben wurden plötzlich zu Haarfachspezialistinnen. Sogar ein Mann drehte sich stirnrunzelnd auf seinem Bearbeitungsstuhl, um mich zu begutachten.
Oh Graus. Ich wurde zum Mittelpunkt dieser duftenden Oase und hoffte, die Worte: „Habe mich in der Tür geirrt.“ würden endlich meinem Mund entweichen.
Nichts! Nur ein Zaghaftes: „Na ja, vielleicht Locken?“
LOCKEN! Jetzt herrschte sprichwörtliche Grabesstille.
Anscheinend hatte ich das Jahrhundert verpasst, in dem Locken modern waren. Zwischen meinen Zähnen knirschten die Flüche für meinen Göttergatten, der mich in diese Misere gebracht hatte.
(An dieser Stelle betone ich ausdrücklich: Ich bin mit meiner wahren Erzählung NICHT an einer erhöhten Selbstmordrate Locken gewickelter Frauen Schuld!!! Provisionen vom Verkauf an Mützen und Hüten nehme ich jedoch entgegen.)
Alle Angestellten, die anwesenden Kundinnen und auch der einzelne Herr bildeten einen Halbkreis um mich und waren mit meinem Haarschmuck beschäftig.
Ich ergab mich meinem Schicksal.  Unkontrolliert gestotterte ‚Ja’ und ‚Nein’ ließen letztendlich einen eigenartigen Multikultilook auf meinem Haupt entstehen.
Da waren meine Haare bereits von Polänge auf Schulterhöhe gestutzt.
Mein entsetztes Gesicht, rief eine heftige Diskussion unter den Scheren schwingenden Genies hervor. Nur durch den Einwurf des einzigen Herren: „So dürfte meine Frau nicht rumlaufen!“ wurde sie gestoppt..
Zum 5. Mal wurde ich zu dem Platz gerollt, an dem meine Haare rücklinks einer Reinigung unterworfen wurden. (Dass sie so schmutzig sein könnten, war mir nie bewusst!)
Nach jeder Wäsche häufte sich zu meinen Füßen der Berg meiner einstigen Haarpracht.
Ich schloss die Augen: Das musste ein Albtraum sein.
Mein Göttergatte scheint den gleichen Gedanken zu haben. Seit meiner Rückkehr aus dem Haarpalast, tastet er sich ständig mit geschlossenen Augen an mir vorbei.

An den Haaren kann es nicht liegen, denn meine Kopfhaut spiegelt ihm in voller Pracht entgegen......

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Kommentare zu diesem Text

Susa (52)
(27.12.05)
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 Traumreisende meinte dazu am 27.12.05:
das schick ich dir heute abend, aber wehe du bist geblendet!!! )
lg silvi

 Martina antwortete darauf am 27.12.05:
...und ich will auch eines ) Unbedingt )Lg Tina

 Martina schrieb daraufhin am 27.12.05:
...und ich will auch eines ) Unbedingt )Lg Tina
Gini (57)
(27.12.05)
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 Traumreisende äußerte darauf am 29.12.05:
irgendwie geht das mit dem bild nicht, scheinbar glänzt mein haupt so sehr, dass sich das blitzlich darin spiegelt ) danke
lg silvi
TanzderSinne (30)
(28.12.05)
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 Traumreisende ergänzte dazu am 29.12.05:
es war etwas überzogen.. aber nur etwas.... ) glg silvi

 Secretgardener (03.01.06)
Da will ich aber auch ein Photo von haben...
Ich habe es geschafft 2005 nicht zum Frisör zu gehen; ich lasse sie solange wachsen, bis sie mir auf die Nerven gehen, solche Sachen passieren bei mir dann von einer Sekunde auf die Andere...
Es ist dann auch immer mühseelig zu erklären, daß ich WIRKLICH nur 1,5cm dranlassen will, und dann immer das "das hat sich ja richtig gelohnt" nervt auf Dauer auch...
Merkwürdig ist auch, daß ich die Eitelkeit bei Haaren (so meine einzige Eitelkeit) von meinem Opa habe, er sich aber die Haare nur von Männern schneiden läßt und ich nur von Frauen.
Liebe Grüße, der auf Photos wartende, Secret.
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