Benjamin trank einen Schluck und wunderte sich, dass kein Bier mehr kam. Er schaute hinein und ein letzter Tropfen floss ihm aufs T-Shirt. Die Flasche war leer. Im Hintergrund lief irgendein Böhse Onkelz- Lied, wenigstens die Stereoanlage funktionierte noch. Sonst war alles kaputt.
Gleichgütig stellte er sie in den Kasten und nahm sich ein neues. Mit seinem Feuerzeug öffnete er die nächste Flasche. Er trank einen Schluck. Der erste Schluck ist immer noch der beste, fand er, auch wenn das Bier das Verfallsdatum um einen Monat überlebt hat. „Prost.“, rief ihm Pelikan zu, wobei er sein Bier zum anstoßen hinhielt. „Ja, ja Prost.“, antwortete Benny müde. Er überlegte ob er aufstehen sollte um anzustoßen, aber drei Schritte sind ein zu langer Weg. Benjamin blieb schließlich sitzen. Pelikan zog enttäuscht seine Flasche zurück. „Dann halt nicht.“, fast ist Pelikan wütend. Benjamin überlegte ob sich entschuldigen soll, entschied sich dagegen und zündete sich stattdessen eine Zigarette an. Eine tschechische und nur noch drei übrig, verdammt bald müsste er wieder schnorren. „Warum rauchst du den Scheiß eigentlich?“, meldete sich Michael, der dritte im Bunde zu Wort. „Schnauze, Bauer.“, gab er zurück. Michael wurde grundsätzlich mit seinem Nachnamen angeredet. Angefangen hatte das, weil in ihrer Klasse 3 Michaels waren und jetzt ist es so geblieben. „Trink lieber ein Bier.“ Mit Blick auf seine halbvolle Speziflasche. „Die Bierflaschen stehn doch schon ewig hier rum, und am hellen Nachmittag trink ich noch keinen Alkohol.“, sagte er trotzig. „Wie du meinst.“, sagte Benjamin und nahm noch einen kräftigen Schluck. „Das Spezi steht auch schon ewig rum.“ ,bemerkte Pelikan und nahm auch noch einen kräftigen Schluck. „Wo sind eigentlich alle anderen?“ wollte er danach wissen. „Keine Ahnung. Entweder im Urlaub oder arbeiten.“ erklärte Bauer. „Na toll.“, war Pelikans Antwort. Nach einer Weile des Schweigens machte Bauer den Vorschlag sie könnten doch Schafkopf spielen. „Zu dritt?“ erwiderten Pelikan und Benny wie aus einem Mund. Pelikan begann sich zu ärgern. „Kruzifiz! Mann es ist der dritte Ferientag und wir sitzen im Scheißjugendheim rum! Verdammte Scheiße! Sagt mal was!“ er nahm noch einen Schluck und knallte seine Flasche auf einen verschrammten Tisch. „Ich geh mal pissen.“, sagte Benjamin und verschwand auf eines der stinkenden, versifften Klos.
„Es muss doch was geben!“, wandte sich Pelikan nun an Bauer. Bauer zuckte nur mit dem Schultern. „Ach leck mich doch am Arsch“, sagte Pelikan. In der Hoffnung irgendetwas zu finden, stand er auf und machte sich auf das Jugendheim zu durchsuchen. Nach einigem Kramen hatte er eine Straßenkarte von Deutschland und Umgebung gefunden, weiß der Teufel wie die dahin gekommen ist. Er war ziemlich Stolz auf seinen Fund. „Und was willst du jetzt damit?“ wollte Michael wissen. „Das wirst du schon noch sehen.“, antwortete er geheimnisvoll. „Hier waren doch mal irgendwo Dartpfeile.“, sagte er mehr zu sich selbst. „Da drüben , sagte Michael der nicht wusste was der andere vorhatte. „Danke“, sagte Pelikan und hatte schon einen gefunden und aufgehoben. „ Nimm mal die Karte und falte sie auf“ befahl er. Michael tat wie ihm geheißen obwohl er immer noch nicht wusste, was sein Freund vorhatte. Aber er erklärte es ihm. „Pass auf: Du hältst die Karte und ich schmeiß den Pfeil, wo der dann landet, fahrn wir hin.“ Nach kurzen Bedenken von Michael("Das ist doch zu gefährlich") war alles bereit. Pelikan warf den Pfeil um den Ort zu bestimmen wo die Reise nun hingehen sollte. „Cottbus? Das ist doch im Osten?“, fragte Michael entsetzt. „Jo, in Brandenburg.“, antwortete Pelikan. „ Nö, da fahr ich nicht mit! Schmeiß noch mal!“ quengelte Michael. Pelikan nahm genervt den Pfeil und bemühte sich diesmal in die andere Richtung zu werfen. Was er diesmal traf, gefiel Michael schon besser. „Irgendwas in Holland.“ –„Genau! Ich würde sagen Amsterdam.“, sagte Pelikan mit leuchtenden Augen. „Endlich raus aus dem Kaff hier! Raus in die Welt.“ –„Und kiffen!“, freute sich Michael. Während sie schon von Coffeshops und Drogen phantasierten kam Benjamin zurück.
„Hey Benny wir fahren nach Holland!“, rief ihm Pelikan zu. Benjamin fragte: „Wann?“ ohne das geringste Zeichen von Überraschung. „Jetzt!“, antwortete Pelikan. Michael Bauer aber zerstörte diese schöne Aufbruchsstimmung: „Hey Benny! Was hast am Klo so lange den getrieben?“, mit einem Augenzwinkern und entsprechender Handbewegung. Nach kurzen
Sticheleilen, was nach so einer Andeutung üblich war, ging Michael zu weit, er unterstellte, dass Benjamin eigentlich schwul sei. Dummerweise war Bennis großer Bruder wirklich schwul, was Bauer allerdings nicht wusste. Benjamin brachte das natürlich auf die Palme, sie begannen sich richtig zu streiten und zu schlagen. Pelikan versuchte nicht zu schlichten. Von den beiden Dickköpfen würde keiner nachgeben. Er seufzte und leerte den Rest seiner Flasche in einem Zug, seine Hollandreise konnte er vergessen.