Zettelschmeißen

Kurzgeschichte zum Thema Liebeserklärung

von  süßerMacho

Abschreiben von der Folie, bescheuerte Arbeit, schnell ein Seitenblick zu ihr. Seit Tagen beobachte ich sie. Es hat alles anfangen als ich gesehen habe, wie sie sich umgedreht hat, um auf die Uhr zu sehen. Mit diesem Blick hat sie mich gekriegt. Ich möchte jetzt nicht die große Zufallsdiskussion anstellen, aber hätte sie eine Armbanduhr, wäre ich vor ihr gesessen, oder würde die vermaledeite Uhr vorne im Klassenzimmer mehr als zweimal am Tag richtig gehen, ich wäre nicht in sie verschossen! Jede Stunde mindestens 1 Mal, Mathe  3 Mal und in langweiligen Geschichte Stunden 2 Mal, ich zähle mit, damit hat sie mich erwischt. Kaum hat sie auf die Uhr gesehen, drehe ich mich auch um, um zu sehen wann sei sich umgedreht hat. Wahrscheinlich ist das einem der Spitzel in der Klasse schon aufgefallen. Da sie dem Aussehen nach, und der Oberweite auch nicht, zu den Top 5 der Klasse gehört, suchte ich nach anderen Sachen. Aber da war nichts! Ihre Stimme, weder verführerisch noch nervend, und das was sie sagte: Laaaaangweilig. Doch jede Stunde dieser Blick. Mit der Verlässlichkeit der Gezeiten, ihn zu beschreiben, ist mir nicht möglich, ich würde scheitern. Doch jede Stunde machte er mich fertig. Ich konnte ja schlecht sagen: „Frau Lehrerin, setzten Sie sie bitte woanders hin, ihr Blick macht mich wahnsinnig.“ Ok, ich gebe zu mein Anmachversuch war nicht der beste, aber mir fiel nichts Besseres ein: Ich beschloss ihr einen  „Willst-du-mit-mir-gehen-ja-nein-vielleicht-Zettel“ zuzuwerfen.  Wenn ihr damit fertig seid mich auszulachen, kann ich meine Geschichte weitererzählen. So, schön locker aus dem Handgelenk, abgeworfen und… Nein! Für was zum Henker habe ich mir und die Mavericks in den Playoffs und den Finals nächtelang angesehen? Dirk kriegt einen einbeinigen Fadeaway hin, und ich nicht mal den einfachsten Zettelwurf? Der Zettel liegt nicht auf Rebeccas Platz sondern auf den Platz daneben, auf den Platz von * schauder*  Anja! Oh, das könnt ihr ja nicht wissen, ich will es mal so sagen:  Im Vergleich zu Anja ist Rebecca in etwa so wie Ferrari im Vergleich zu einer Ente.  Und so hört sie sich auch an. Anja liest also den Zettel, gleich wird sie sich umdrehen und… mich anstrahlen? Waaaas? What the fuuuuck!?! Ich war sprachlos, also zitiere ich hier die Standardreaktion einer Klassenkameradin auf außergewöhnliche Ereignisse. Dann wirft sie den Zettel zurück. So unauffällig wie möglich, cooler Gangsterblick zur Seite, nahm ich also den Zettel, faltete ihn auf und ich konnte es nicht fassen. Das gibt es doch nicht! Ich werfe ihn von mir, als könnte mich daran verbrennen. Unmöglich, ich musste mich verschaut haben. Na gut, sehen wir uns das mal in aller Ruhe an. Kein Zweifel möglich. Sie hat  gegen die eiserne Regel verstoßen. Ist die denn total übergeschnappt? Wenn man so einen Zettel bekommt gibt es 5 Möglichkeiten. 1. Man lacht den Betreffenden aus. 2. Man zeigt ihm den Vogel.  3. Man streicht alle Antwortmöglichkeiten durch und schreibt „niemals“ auf den Zettel. 4. Man dreht sich erstaunt um, um sicher zu gehen dass es ernst gemeint ist, und kreuzt dann so cool wie möglich „vielleicht“ an. 5. man dreht sich cool um, scannt den Absender, behält den Zettel und geht dann nach der Stunde souverän auf den erwähnten Absender zu und sagt so arrogant wie möglich „Jaaah, wir können uns ja mal treffen.“ Aber auf keinen, auf gar keinen Fall kreuzt man das „Ja“ Kästchen an. Dummerweise hat es sie genau das getan.  Da ich nur mit den ersten beiden Reaktionen vertraut bin, wusste ich nicht was ich tun sollte. Mittlerweile wurde sie ungeduldig, sie hat sich  in den letzten Minuten verdächtig oft zur Uhr umgedreht, obwohl sie eine Armbanduhr trägt. Unter dem diesem Druck schrieb ich das erstbeste was mir einfiel auf den Zettel, faltete ihn und warf ihn zu Anja. Perfekt auf ihren Platz. Den Wurf habe ich drauf. Sie schnappte sich den Zettel, faltete ihn auf… Still zählte ich die Sekunden „21, 22,“ - „Waaaas!?! What the fuuck !?!“ Ah, das ist ja Anjas Standardreaktion.  Das war abzusehen, denn auf den Zettel stand geschrieben: Sorry, aber  könntest du bitte Rebecca den Zettel geben?

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Kommentare zu diesem Text


 franky (14.08.12)
Nun sind es bei mir schon 65 Jahre her, doch das Zettelschmeißen hat sich noch immer nicht verändert. Du hast mich mit deinem lockeren Text in die Schulzeit versetzen können. Ein BRAVO!

L-G Franky

 Dieter_Rotmund (14.08.12)
Recht gelungener Text aus der Sicht eines testosterongeladenen Pubertätsjünglings. Hier und da aber leicht schlampig: "in langweiligen Geschichte Stunden 2 Mal" kann man angesichts des pickeligen Protagonisten ohne Schreiberfahrung noch durchgesehen lassen, aber "wann sei sich umgedreht hat" nicht.
(Kommentar korrigiert am 14.08.2012)
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