7. Juni: Esta lejos hace la estación de autobus!

Tagebuch

von  Raggiodisole

En cualquier segundo
Tu vida puede cambiar
Ten valor para hacerlo y vive.

Der heutige Spruch bringt es auf den Punkt.

In jeder Sekunde deines Lebens
Kannst du dieses verändern.
Habe den Mut dazu und lebe.

Manchmal muss man eben situationselastisch sein. Aber lasst mich der Reihe nach erzählen.

Der allgemeine Pilgeraufbruch beginnt wie jeden Tag so gegen 5 Uhr. Da wir aber nur zu dritt im Zimmer sind, stört uns das nicht weiter und als wir endlich aufstehen und uns fertigmachen, sind die meisten Pilger schon weg oder würgen hastig die letzten Bissen ihres Frühstücks herunter, um nur ja schnell auf der Piste zu sein.
Gestern Abend habe wir noch Reinhard und seinen Freund  kennengelernt und eine Frau, die ebenfalls aus Deutschland ist. Ich erwähne es, weil wir uns in weiterer Folge immer wieder begegnen aber vor allem deshalb, weil die Frau auf den ersten Blick eine frappierende Ähnlichkeit mit Gitti, meiner Weggefährtin vom Vorjahr hat. Da ich aber nicht dazukomme, ihr das zu sagen und sie nach ihrem Namen zu fragen, wird sie von Lukas einfach „Pseudo-Gitti“ getauft. Die drei sind natürlich längst gehfertig und machen sich auf den Weg, noch bevor ich den ersten Automatenkaffee zum munter werden getrunken habe.
Wir lassen uns davon aber nicht beeindrucken und schon gar nicht hetzen und packen in aller Ruhe unsere Rucksäcke und gehen in die Bar vis a vis zum Frühstück. Dann geht es zur Templerburg und in die Altstadt, wo ich noch Briefmarken kaufen möchte. Aber da es noch vor 9 Uhr ist, haben noch keine Geschäfte offen. Aber ein freundlicher Spanier erklärt mir, dass es gleich da bajando la escalera y todo recto hace la rotonda ein Postamt gibt, da bekäme ich meine sellos.
Also stiefeln wir die Treppe hinunter bis zum Kreisverkehr und stehen auch schon vor dem Postamt, das aber am Samstag leider erst um 10 Uhr öffnet. Nix mit Briefmarken kaufen, weil so lange wollen wir nicht warten.
Lukas hatte gestern Abend noch ein wenig im Adi geblättert und einen groben Plan gemacht.
Wir haben uns dann dazu entschlossen, heute eine Busetappe einzuschieben. Ja, ich oute mich, wir sind mit dem Bus nach Villafranca del Bierzo gefahren.
Aber glaubt mir, wir sind trotzdem auf einige Kilometer gekommen, bevor wir endlich im Bus saßen. Ich hab mich nämlich verirrt, schlicht und einfach verirrt.
Ich wusste ja vom Vorjahr, dass die estación de autobuses ziemlich weit draußen liegt  und hatte mir auch ab der Herberge ungefähr die Richtung gemerkt. Aber durch unseren Abstecher zur Post hab ich total die Orientierung verloren und wir sind eine ganze Weile herumgelatscht, bis wir endlich ein Obstgeschäft gefunden haben, dass schon offen hatte.
Eine freundliche Verkäuferin erklärt mir den Weg, betont aber, dass es bis dahin ziemlich lejos, also weit sei. Ein kurzer Blick auf meine Uhr veranlasst mich, die freundliche Dame nach der Nummer eines Taxiunternehmens zu fragen, die Zeit wurde nämlich langsam knapp.
Sofort wird mir eine Visitenkarte mit der Nummer eines Taxis gegeben und dann … ja, dann versuche ich krampfhaft, mich an die internationale Telefonvorwahl für Spanien zu erinnern.
Irgendwas mit 003 fällt mir ja ein … aber wie lautet die vierte Zahl? Als ich mein Zögern, die Nummer zu wählen erkläre, nimmt eine Kundin ihr Handy und beginnt die Nummer des Taxiunternehmens zu wählen. Aber sie wählt nicht fertig, steckt ihr Handy ein und erklärt uns, dass sie uns selber zum Busbahnhof bringen würde. Ich war ganz sprachlos ob soviel Hilfsbereitschaft. Sie zahlt, lotst uns zu ihrem Auto, die mochilas werden im Kofferraum verstaut und schon fährt sie mit uns los. Der übliche Smalltalk auf Spanisch gelingt schon ganz gut und bald sind wir beim Busbahnhof. Wir bedanken uns ganz herzlich und bekommen noch die Bitte, beim Grab des Apostels für sie ein Padre Nuestro zu beten und schon ist sie weg.
Spanische Hilfsbereitschaft !

Wir haben noch ein wenig Zeit, bis unser Bus fährt und genehmigen uns einen caffè con leche. Zwei Pilgerinnen gesellen sich zu uns, sind aber nicht sehr gesprächig. Endlich kommt der Bus und es geht Richtung Villafranca del Bierzo.
Was ich da so im Vorbeifahren sehe bestärkt mich in unserem Entschluss, diese Etappe zu fahren. Es ist streckenweise einfach öd und außerdem sauheiß. Lukas ist auch sehr froh.
In Villafranca suchen wir die Jakobsmuschel, also den Weg Richtung Pereje, bis dahin wollen wir heute nämlich doch noch gehen.
Scheint aber heute der Tag der Verirrungen zu sein und wir müssen wieder umdrehen und ein kleines Stück zurück gehen. Dann aber sehen wir die erste Muschel und wie von Geisterhand beschleunigt sich unser Schritt. Allerdings nur bis zur nächsten Bar. Wir haben großen Durst und Lukas mittlerweile auch ordentlichen Hunger. Also gibt’s eisgekühltes Cola und ein Bocadillo de jamon y queso. Und wir machen die Bekanntschaft von Manfred.
Aber wir müssen weiter und wählen die Variante neben der Straße, da uns der „camino duro“ doch ein wenig abschreckt. Es ist heiß und es zieht sich. Doch schließlich erreichen wir Pereje und suchen die Herberge. Es sind noch jede Menge Betten frei, da die meisten Pilger weiter bis Trabadelo gehen. Wir melden uns in der Bar an und suchen uns dann ein Bett, duschen und waschen unsere Wäsche. Dann erkunden wir den Ort. Und jetzt wissen wir auch, warum alle weitergehen. Pereje ist ca. 200 m lang und besitzt eine Bar und eine Pilgerherberge. Das war’s dann auch schon.
Bei einem Kaffee überlegen wir, ob wir nicht doch noch weitergehen sollen. Aber wir haben schon bezahlt, sind frisch geduscht, unsere Wäsche hängt nass am Gartenzaun und außerdem lassen wir uns nicht hetzen. Also bleiben wir, vertreiben uns die Zeit bis zum Abendessen mit Kreuzworträtsel lösen und genießen dann in Gesellschaft einiger deutscher Pilger ein vorzügliches Pilgermenü.
Mit einem „ausgedehnten“ Bummel durch Pereje beschließen wir den Tag, unserem Ziel heute wieder ein Stück näher gekommen.

Illustration zum Text
darf ich vorstellen .... Manfred
(von Raggiodisole)
Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram