Die kleine Emma blieb nicht lange klein. An den großen, tatzenartigen Füßen konnte man, so erfuhr Oma Lisbeth von ihrer Tochter, unschwer erkennen, dass aus dem kleinen Welpen noch ein großer Hund werden würde. Kein Wunder, bei den Eltern! stellte Johanna sachkundig fest.
Und das stimmte wirklich. Der Bernhardiner, der auf den Namen Leo hörte, war selbst für einen Hund seiner Rasse ungewöhnlich groß und schwer, aber auch ungewöhnlich friedfertig. Oma Lisbeth hatte ungläubig gehört, dass er einst, als ein Junge aus der Nachbarschaft ihn mit einem schweren Hammer auf den Rücken geschlagen hatte, nicht einmal nach ihm geschnappt hatte. Mona ihrerseits hatte wohl einen Jagdhund, einen Collie unter ihren Vorfahren, wie Elvira zu wissen glaubte, sah aber auch ein wenig wie ein Schäferhund aus, und hatte aufgrund ihrer Schnauze viele Besucher an einen Wolf erinnert. Derlei Ähnlichkeit konnte Oma Lisbeth allerdings nicht ausmachen, aber das mochte daran liegen, dass sie Mona als eine so fürsorgliche Hundemutter kennen gelernt hatte und sich unter einem Wolf etwas ganz anderes vorstellte.
Sie beteiligte sich übrigens, wann immer es ging, an den Spaziergängen, angeblich, weil sie fand, dass ihr Bewegung gut tat, aber in Wahrheit wohl vor allem wegen Mona, mit der sie eine innige Freundschaft verband.
„Mir scheint, du bist allmählich auf den Hund gekommen,“ hatte Elvira erst neulich zufrieden grinsend festgestellt, und Oma Lisbeth hatte nicht widersprochen.
Jetzt gingen sie zu sechst spazieren, wann immer es möglich war. Jeder der drei Menschen führte einen Hund an der Leine: Elvira den großen Bernhardiner, Johanna hielt ihre Emma und Oma Lisbeth führte Mona spazieren. Letztere machte immer wieder halt, um sich an Oma Lisbeth anzuschmiegen. Leo trottete eher gleichmütig neben Elvira und war auch nicht besonders an anderen Hunden interessiert, während die kleine Emma jeden Hund anbellte. Das führte immer wieder zu Unterbrechungen des Spaziergangs, denn andere Hundehalter blieben stehen, um die kleine Emma zu bestaunen. Sie fanden meistens, es sei doch ein schöner Hund, vor allem aber ein drolliger wegen seiner großen Füße, dem Kopf, der eine merkwürdige Mischung aus Leos und Monas Kopf darstellte und dem braunen, langhaarigen Fell.
„Groß wird er werden,“ war die einhellige Prognose, „und so einer kostet viel Geld. Was der an Futter braucht!“
Johanna meinte dazu nur: „Sollen wir Emma lieber verhungern lassen?“