2. Urlaubsunterbrechungen [2]

Schundroman zum Thema Urlaub/ Ferien

von  DIE7

"Suomen Lappi" lag in tiefem Schlaf. Flechten fochten in aller Stille ums karge Überleben. Aurora borealis. Irgendwo bellte ein Polarfuchs. Ob man es wohl dabei bewenden lassen würde?
Lasche Hirnstrøm saß in einem aufregend roten Kleid in seiner Schaukelliege, wippte, nippte gelegentlich an seiner Margarita  und zählte Sterne und Sternschnuppen durch sein Glasdach hindurch. Fufu, seine schneeweiße Malteserhündin lag auf einem Schaffell vor dem Kamin. Man erkannte sie nur, wenn man genau hinsah, ab und zu blinzelten die schwarzen Knöpfe in der Mitte des Vorlegers verschlafen. Neben Hirnstrøm stand ein kleines Beistelltischchen undefinierbaren Brauntons, auf dem sich ein Bastkörbchen befand. Es war ausgepolstert mit Watte und Stofffetzen, in deren Mitte ein weißes Ei, Güteklasse A, thronte, auf dem mit schwarzem Filzstift in Großbuchstaben „Berta“ geschrieben stand. Im Hintergrund dudelten Wham mit „Last Christmas“ in Dauerschleife.
Hirnstrøm hatte Urlaub. Er mochte Urlaub. Er mochte Urlaub sogar sehr. Leider war das Urlaubende absehbar, Lasche bedauerte dies von ganzem Herzen. Nur noch zwei Wochen, dachte er und der Gedanke versetzte ihm einen Stich ins Herz.
Gerade, als er den Strohhalm erneut zu den Lippen führen wollte, ging sein Handy los und Ice Cube unterbrach George Michaels Trauergesang unsensibel: „A bitch is a bitch, bitch.“
Hirnstrøms Oberkörper schoss in die Senkrechte, der Arm mit dem Glas wedelte zum Beistelltischchen und fegte Berta, das Ei, samt Körbchen nach hinten über den Tischrand.
„Scheiße!“ Lasche ließ das Glas fallen und fischte hektisch mit beiden Händen nach dem Körbchen. Im Moment, als er die Finger um den Tragegriff schloss, zerschellte vor ihm das Glas auf dem Boden, eine Mischung aus Flüssigkeit, Eiswürfeln und Glassplittern verteilte sich über seine High Heels und den Parkettboden. Der Kaminvorleger schreckte auf.
„Scheiße!“, fluchte er noch mal und kontrollierte das Ei auf Bruchstellen, während Ice Cube „But all women have a little bitch in 'em, yeah“ vor sich hin grölte. Das Ei war unbeschädigt.
„Gottseidank!“ Behutsam stellte er das Körbchen zurück auf das Tischchen, zischte dem inzwischen herangewackelten Hund ein „Pfui, Fufu!“ zu und stolzierte gekonnt auf seinen Pfennigabsätzen zum Kamin, auf dessen Sims Ice Cube inzwischen von vorne angefangen hatte.
Natürlich wusste Lasche Bescheid. Es gab nur eine Person in seinem Telefonbuch, die die Bezeichnung „Bitch“ verdient hatte.
Er verdrehte die Augen und drückte auf den grünen Hörer.

„Was immer es ist – nein! Ich hab Urlaub. Uh-er-el-ah-uh-be. Und nur, weil du dieses Wort nicht kennst, bedeutet das nicht automatisch, dass ich es ignorieren werde. Und wenn der X-Mas-Killer wieder zugeschlagen hat, dann ist mir das auch egal. Setz Petroff darauf an. Oder hol dir Bob. Mir egal, Lusa. Ich stehe jedenfalls nicht zur Verfügung.“
Sein Gegenüber legte los. Hirnstrøm hörte zu, tigerte dabei ununterbrochen vom Kamin zur Liege und wieder zurück und runzelte gelegentlich die Stirn. Fufu beobachtete ihn aufmerksam. Langsam aber sicher wurden Lasches aufeinander gepresste Lippen zu einem dünnen, geraden Strich.
„Ja, ich werde zurückkommen“, sagte er nach ein paar Minuten ruhig, „Aber so bald wie möglich werde ich wieder zurückfliegen und meinen restlichen Urlaub genießen. Und die Tage, die mir jetzt abgehen, werde ich drauflegen, Lusa. Und du wirst dafür sorgen, dass sie bezahlt werden.“
Er legte auf. Er hasste seine Chefin.

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Kommentare zu diesem Text

LudwigJanssen (54)
(02.12.08)
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