Pro-Gamer
Erzählung zum Thema Einsicht
von Mutter
Mit einem flying tackle erwische ich den Anzug an der Hüfte und reiße ihn erst über Beckham und dann auf die Motorhaube. Der Schmerz, der durch meine Seite zuckt, sagt mir, dass das eine dämliche Aktion war.
Mein Aufprall wird von den beiden abgefangen, ich komme als Erster hoch. Hebe kurz den Fuß, trete dem stöhnenden Bodyguard an die Schläfe. Bewusstlos bricht er auf Beckham zusammen, der halb unter ihm eingeklemmt am Wagen hängt. Ich will gerade ein weiteres Mal mit dem Fuß ausholen, um ihn ebenfalls zu erwischen, da löst sich ein Schuss. Etwas zupft mir an der Jacke und ich sehe den Lauf unter der Armbeuge von Beckham hervorschauen. Benommen wie er ist, hat er seine Kanone gezogen und mir ein Loch in den Jackenstoff gestanzt.
Mit einem Fluch trete ich ein, zweimal schnell zu, sein Kopf knackt gegen das Blech. Ziehe dann die Glocks, beidhändig, wie in einem Film von John Woo.
Eigentlich hätte ich in dem Style durch die Pforte treten sollen, Knarren im Anschlag, und die beiden Wichser einfach umlegen.
Keine Ahnung, warum ich das nicht getan habe. Ich schiebe diese Gedanken zur Seite, während ich seitlich am Wagen entlang gehe. Die Knarren auf das Innere gerichtet. Durch die geöffnete Beifahrertür erspähe ich Herbert. Der Schwede starrt mich mit aufgerissenen Augen an, hat keine Ahnung, was hier draußen gerade abgeht. Warum nicht einer seiner beiden Jungs zurück ins Auto steigt und den Abschleppdienst oder einen Mechaniker ruft.
Warum stattdessen ein wütender Ire in seiner Garageneinfahrt steht und ihn bedroht.
Im Gehen ducke ich mich, als würde ich mit der einen Glock ins Innere zielen, als würde ich versuchen, ihn sauber ins Bild zu bekommen. Für einen Blattschuss.
Das habe ich nicht vor. Entleere nicht zwei volle Magazine in den Font, um mir nicht mal sicher zu sein, ob ich ihn ordentlich erwischt habe. Schätze nicht, dass ich die Türen hinten aufmachen kann. Nicht von außen.
Also muss er raus. Mit einem fiesen Grinsen spanne ich die Hähne der beiden Waffen. Keine Ahnung, ob er das metallische Klacken hören kann - die Geste hat er bestimmt in tausend B-Movies bereits gesehen. Dirty Harry in 3D.
Wenn er professionell genug ist, bleibt er im Wagen, in seinem Bunker. Harrt aus und hofft auf Hilfe.
Macht er nicht. Ich sehe seinen Hintern in seinem anthrazit-grauen Dreireiher durch die Fensterscheibe und höre das Klicken der Autotür auf der anderen Seite des Fahrzeugs. Er will die gepanzerte Limousine zwischen uns als Deckung benutzen, ich auf der einen, er auf der anderen Seite.
Ohne weiter zu überlegen, steige ich in die offene Beifahrertür, stoße mich ab und lande bäuchlings oben auf dem Dach. Erneut flammt meine rechte Seite auf, wie eine bösartige Ermahnung von Doc Dorian, keine Scheiße zu bauen. Nicht noch mal.
Greife umständlich mit zwei Fingern die Dachkante auf der anderen Seite, ohne die Glock loszulassen. Ziehe mich weiter auf das Dach und gleite auf dem Bauch ein Stück vorwärts. Stoße den Kopf schlangenartig nach vorne und sehe runter auf das Kiesbett. Wo der Schwede hockt. Sein Blick zuckt zwischen Heck und Motorhaube hin und her, in der Hand hält er eine halbautomatische Waffe. Er sieht nicht so aus, als fühle er sich damit wohl.
Ich lasse beide Arme über die Dachkante gleiten und halte dem Mann unter mir die beiden Glocks hin – ziele auf seinen Kopf.
‚Hey, Arschloch‘, zische ich leise.
Sein Gesicht wendet sich mir zu, er starrt auf die dunkel schimmernden Waffen. Die ihm jetzt mitten in die Fresse zielen. Seine Halbautomatische liegt am hängenden Arm auf dem Kies.
‚Sven Herbert?‘
Er nickt. Nächster Teil des Skriptes wäre, ihm jetzt mit einem süffisanten Grinsen zwei Kugel durch den Körper jagen, oben von der Schädeldecke nach unten zu den Fußsohlen.
Aber das geht nicht. Fühlt sich falsch an.
Nicht, weil ich so eine Pisse nicht mache, niemanden für Geld umbringe – den Stolz hatte ich bereits runtergeschluckt, mich dem Albaner ergeben.
Es fühlt sich an, als würde ich im Cheat-Mode spielen. Das Game bescheißen. Das hier ist keine echte Corker-Aktion. Das hier ist doppelter Boden.
An der nächsten Ecke sitzt Anne im Wagen, ebenfalls bewaffnet. Und hinter mir, mitten im urbanen Horizont, hockt mein Sniper. Mein Back-Up.
Egal, was für einen Mist ich baue – eigentlich kann nichts schief gehen. Die Vivid-Girls pauken mich raus. Eine Scharfschützenkugel durch den Kopf, falls ich mit den Bodyguards nicht fertig werde. Ein schnelles Auto, falls es mich zerlegt.
Deswegen habe ich die beiden Jungs vorne am Tor nicht einfach umgelegt. Weil es nicht echt gewesen wäre. Ich seufze.
Der Schwede sieht mich an. Wartet. Versteht nicht, warum da ein Killer auf dem Dach seines Autos liegt, auf ihn zielt. Und er noch lebt.
Ich auch nicht. Komm schon, Corker, brings hinter dich! Du hast beschlossen, du lässt dich von Metriç an den Eiern packen. Dann tanz nach seiner Melodie, los!
Mit einem Grinsen zeige ich Herbert die Zähne, schüttele den Kopf. Er sieht nicht weniger ratlos aus. Rafft es nicht.
Entschlossen hole ich mit rechts aus und ramme ihm die Waffe an die Schläfe. Er sackt zur Seite weg, mit dem Gesicht in den Kies. Diesmal nicht, du Penner. Wenn der Albaner dich tot sehen will, muss er es selber machen.
Corker cheatet nicht – nicht beim Zocken und nicht im Leben. Corker ist Pro-Gamer.
Mit einem Stöhnen lasse ich mich vom Wagendach rutschen –unelegant, um mir weitere Schmerzen an den Rippen zu ersparen. Und hoffe, dass die Nähte diesmal halten.
Mit einem letzten Blick auf die beiden Bewusstlosen, die noch vorne vor dem Auto liegen, trete ich durch die Pforte zurück auf die Straße.
Sofort höre ich einen Motor aufheulen und geschmeidig zieht Anne aus ihrer Parklücke und fährt zu mir vor.
Einen Augenblick später lasse ich mich in den Sitz neben Anne sinken und knalle die Tür zu.
‚Alles gut?‘ will sie wissen, während sie mit einem Blick in den Rückspiegel raus auf die Straße zieht.
Ich antworte nicht.
‚Corker? Alles in Ordnung?‘
‚Ich habe den Penner nicht ge-offed. Hab ihn am Leben gelassen.‘
Sie sagt nichts, fragt nicht. Kann ihr egal sein, nehme ich an. Warum ich die ganze Chose derart unprofessionell habe enden lassen, bei all dem Aufwand, den die Vivid-Girls betrieben haben. Muss ich mit Molly abkaspern, denkt sie sich. Molly ist der Boss - ihrer und meiner.
Mit einem Blick auf die vorbei ziehende urbane Kulisse seufze ich. Habe keine Ahnung, wie es von hier aus weitergeht. Metriç wird für meinen Pro-Gamer-Kodex kein Verständnis haben. Wird mir den Graubart vorbei schicken, um mir zu erklären, dass man manche Spiele im Cheat-Mode beenden muss. Der Graubart versus die Vivid-Girls. Der Gedanke zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht. Nicht lange.
Weil ich tatsächlich Angst davor habe, was die Albaner mit den beiden machen könnten. Dass die Sache nicht im Sinne der Jungen und Aufregenden ausgeht, sondern eher ein Heimspiel für die Alten und Skrupellosen wird.
Wenig später hält Anne kurz, um Molly hinten in den Font schlüpfen zu lassen. Den länglichen Koffer schiebt sie neben sich auf den Sitz. Ich habe keine Ahnung, was sie diesmal benutzt hat – die Warfare sicher nicht.
‚Was ist?‘, fragt Molly, als nach einem Augenblick keiner von uns etwas sagt. ‚Ist was passiert?‘
‚Hast du es nicht gesehen?‘, frage ich müde. Müsste doch alles direkt auf ihrer Linse, unterbrochen nur durch das Fadenkreuz, gewesen sein.
‚Du hast ihn nicht umgelegt?‘
Ich schüttele den Kopf, sehe weiter aus dem Fenster.
‚Warum?‘
Ein Schulterzucken. ‚Es hat sich nicht richtig angefühlt.‘
Keine der beiden sagt etwas. Mein Hit, meine Regeln, nehme ich an.
Der Rest der Fahrt zurück zum Condo verläuft schweigend.
Mein Aufprall wird von den beiden abgefangen, ich komme als Erster hoch. Hebe kurz den Fuß, trete dem stöhnenden Bodyguard an die Schläfe. Bewusstlos bricht er auf Beckham zusammen, der halb unter ihm eingeklemmt am Wagen hängt. Ich will gerade ein weiteres Mal mit dem Fuß ausholen, um ihn ebenfalls zu erwischen, da löst sich ein Schuss. Etwas zupft mir an der Jacke und ich sehe den Lauf unter der Armbeuge von Beckham hervorschauen. Benommen wie er ist, hat er seine Kanone gezogen und mir ein Loch in den Jackenstoff gestanzt.
Mit einem Fluch trete ich ein, zweimal schnell zu, sein Kopf knackt gegen das Blech. Ziehe dann die Glocks, beidhändig, wie in einem Film von John Woo.
Eigentlich hätte ich in dem Style durch die Pforte treten sollen, Knarren im Anschlag, und die beiden Wichser einfach umlegen.
Keine Ahnung, warum ich das nicht getan habe. Ich schiebe diese Gedanken zur Seite, während ich seitlich am Wagen entlang gehe. Die Knarren auf das Innere gerichtet. Durch die geöffnete Beifahrertür erspähe ich Herbert. Der Schwede starrt mich mit aufgerissenen Augen an, hat keine Ahnung, was hier draußen gerade abgeht. Warum nicht einer seiner beiden Jungs zurück ins Auto steigt und den Abschleppdienst oder einen Mechaniker ruft.
Warum stattdessen ein wütender Ire in seiner Garageneinfahrt steht und ihn bedroht.
Im Gehen ducke ich mich, als würde ich mit der einen Glock ins Innere zielen, als würde ich versuchen, ihn sauber ins Bild zu bekommen. Für einen Blattschuss.
Das habe ich nicht vor. Entleere nicht zwei volle Magazine in den Font, um mir nicht mal sicher zu sein, ob ich ihn ordentlich erwischt habe. Schätze nicht, dass ich die Türen hinten aufmachen kann. Nicht von außen.
Also muss er raus. Mit einem fiesen Grinsen spanne ich die Hähne der beiden Waffen. Keine Ahnung, ob er das metallische Klacken hören kann - die Geste hat er bestimmt in tausend B-Movies bereits gesehen. Dirty Harry in 3D.
Wenn er professionell genug ist, bleibt er im Wagen, in seinem Bunker. Harrt aus und hofft auf Hilfe.
Macht er nicht. Ich sehe seinen Hintern in seinem anthrazit-grauen Dreireiher durch die Fensterscheibe und höre das Klicken der Autotür auf der anderen Seite des Fahrzeugs. Er will die gepanzerte Limousine zwischen uns als Deckung benutzen, ich auf der einen, er auf der anderen Seite.
Ohne weiter zu überlegen, steige ich in die offene Beifahrertür, stoße mich ab und lande bäuchlings oben auf dem Dach. Erneut flammt meine rechte Seite auf, wie eine bösartige Ermahnung von Doc Dorian, keine Scheiße zu bauen. Nicht noch mal.
Greife umständlich mit zwei Fingern die Dachkante auf der anderen Seite, ohne die Glock loszulassen. Ziehe mich weiter auf das Dach und gleite auf dem Bauch ein Stück vorwärts. Stoße den Kopf schlangenartig nach vorne und sehe runter auf das Kiesbett. Wo der Schwede hockt. Sein Blick zuckt zwischen Heck und Motorhaube hin und her, in der Hand hält er eine halbautomatische Waffe. Er sieht nicht so aus, als fühle er sich damit wohl.
Ich lasse beide Arme über die Dachkante gleiten und halte dem Mann unter mir die beiden Glocks hin – ziele auf seinen Kopf.
‚Hey, Arschloch‘, zische ich leise.
Sein Gesicht wendet sich mir zu, er starrt auf die dunkel schimmernden Waffen. Die ihm jetzt mitten in die Fresse zielen. Seine Halbautomatische liegt am hängenden Arm auf dem Kies.
‚Sven Herbert?‘
Er nickt. Nächster Teil des Skriptes wäre, ihm jetzt mit einem süffisanten Grinsen zwei Kugel durch den Körper jagen, oben von der Schädeldecke nach unten zu den Fußsohlen.
Aber das geht nicht. Fühlt sich falsch an.
Nicht, weil ich so eine Pisse nicht mache, niemanden für Geld umbringe – den Stolz hatte ich bereits runtergeschluckt, mich dem Albaner ergeben.
Es fühlt sich an, als würde ich im Cheat-Mode spielen. Das Game bescheißen. Das hier ist keine echte Corker-Aktion. Das hier ist doppelter Boden.
An der nächsten Ecke sitzt Anne im Wagen, ebenfalls bewaffnet. Und hinter mir, mitten im urbanen Horizont, hockt mein Sniper. Mein Back-Up.
Egal, was für einen Mist ich baue – eigentlich kann nichts schief gehen. Die Vivid-Girls pauken mich raus. Eine Scharfschützenkugel durch den Kopf, falls ich mit den Bodyguards nicht fertig werde. Ein schnelles Auto, falls es mich zerlegt.
Deswegen habe ich die beiden Jungs vorne am Tor nicht einfach umgelegt. Weil es nicht echt gewesen wäre. Ich seufze.
Der Schwede sieht mich an. Wartet. Versteht nicht, warum da ein Killer auf dem Dach seines Autos liegt, auf ihn zielt. Und er noch lebt.
Ich auch nicht. Komm schon, Corker, brings hinter dich! Du hast beschlossen, du lässt dich von Metriç an den Eiern packen. Dann tanz nach seiner Melodie, los!
Mit einem Grinsen zeige ich Herbert die Zähne, schüttele den Kopf. Er sieht nicht weniger ratlos aus. Rafft es nicht.
Entschlossen hole ich mit rechts aus und ramme ihm die Waffe an die Schläfe. Er sackt zur Seite weg, mit dem Gesicht in den Kies. Diesmal nicht, du Penner. Wenn der Albaner dich tot sehen will, muss er es selber machen.
Corker cheatet nicht – nicht beim Zocken und nicht im Leben. Corker ist Pro-Gamer.
Mit einem Stöhnen lasse ich mich vom Wagendach rutschen –unelegant, um mir weitere Schmerzen an den Rippen zu ersparen. Und hoffe, dass die Nähte diesmal halten.
Mit einem letzten Blick auf die beiden Bewusstlosen, die noch vorne vor dem Auto liegen, trete ich durch die Pforte zurück auf die Straße.
Sofort höre ich einen Motor aufheulen und geschmeidig zieht Anne aus ihrer Parklücke und fährt zu mir vor.
Einen Augenblick später lasse ich mich in den Sitz neben Anne sinken und knalle die Tür zu.
‚Alles gut?‘ will sie wissen, während sie mit einem Blick in den Rückspiegel raus auf die Straße zieht.
Ich antworte nicht.
‚Corker? Alles in Ordnung?‘
‚Ich habe den Penner nicht ge-offed. Hab ihn am Leben gelassen.‘
Sie sagt nichts, fragt nicht. Kann ihr egal sein, nehme ich an. Warum ich die ganze Chose derart unprofessionell habe enden lassen, bei all dem Aufwand, den die Vivid-Girls betrieben haben. Muss ich mit Molly abkaspern, denkt sie sich. Molly ist der Boss - ihrer und meiner.
Mit einem Blick auf die vorbei ziehende urbane Kulisse seufze ich. Habe keine Ahnung, wie es von hier aus weitergeht. Metriç wird für meinen Pro-Gamer-Kodex kein Verständnis haben. Wird mir den Graubart vorbei schicken, um mir zu erklären, dass man manche Spiele im Cheat-Mode beenden muss. Der Graubart versus die Vivid-Girls. Der Gedanke zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht. Nicht lange.
Weil ich tatsächlich Angst davor habe, was die Albaner mit den beiden machen könnten. Dass die Sache nicht im Sinne der Jungen und Aufregenden ausgeht, sondern eher ein Heimspiel für die Alten und Skrupellosen wird.
Wenig später hält Anne kurz, um Molly hinten in den Font schlüpfen zu lassen. Den länglichen Koffer schiebt sie neben sich auf den Sitz. Ich habe keine Ahnung, was sie diesmal benutzt hat – die Warfare sicher nicht.
‚Was ist?‘, fragt Molly, als nach einem Augenblick keiner von uns etwas sagt. ‚Ist was passiert?‘
‚Hast du es nicht gesehen?‘, frage ich müde. Müsste doch alles direkt auf ihrer Linse, unterbrochen nur durch das Fadenkreuz, gewesen sein.
‚Du hast ihn nicht umgelegt?‘
Ich schüttele den Kopf, sehe weiter aus dem Fenster.
‚Warum?‘
Ein Schulterzucken. ‚Es hat sich nicht richtig angefühlt.‘
Keine der beiden sagt etwas. Mein Hit, meine Regeln, nehme ich an.
Der Rest der Fahrt zurück zum Condo verläuft schweigend.