Sprüche-Wirrwarr: Der erste Eindruck

Drabble zum Thema Schein und Sein

von  loslosch

Decipit frons prima multos (Phaedrus, etwa 20 v. Chr. - etwa 51 n. Chr., Fabulae). Der erste Anblick täuscht viele.

Der erste Eindruck ist der beste.

Was stimmt von beidem? An dieser diametral entgegengesetzt wirkenden Einschätzung hat sich seit der Antike nichts geändert. Ob es wirklich diametrale Sentenzen sind?

Man müsste den zeitgemäßen Ausspruch leicht modellieren: Der erste Eindruck ist der wichtigste, nachhaltigste für den Betrachter. Er ist eine  Orientierungshilfe. Mag er auch letztlich falsch sein, so ist er doch prägend und wird erst nach Enttäuschungen revidiert.

Hochstapler machen sich diese Erkenntnis zunutze, lösen den (scheinbaren) Widerspruch zum eigenen Vorteil auf.


Anmerkung von loslosch:

Angeregt durch Max, "Ein Foto von mir",  vom 22.11.09.

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Kommentare zu diesem Text

Max (43)
(01.12.09)
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 loslosch meinte dazu am 01.12.09:
Ein gutes Resümee, dem aber die Conclusio fehlt. Beim Drabble ist das Wichtigste im letzten Satz versteckt. Frag mal bei Jorge nach. Lothar
Klopfstock (60)
(01.12.09)
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 loslosch antwortete darauf am 01.12.09:
Als "gelernter" Ökonom interessiert mich die Sozialpsychologie, quasi die Anwendung psychologischer Erkenntnisse auf Massenphänomene. Der erste Eindruck ist ein Vor-Urteil. Wie sollen wir uns anders zurechtfinden? Das war wohl schon in der Steinzeit so. Somit muss ein Hochstapler eine gute "Grundausbildung" in Sozialpsychologie haben, sonst wäre er nicht "so weit" gekommen.

Man denke nur an den Schuhmacher Wilhelm Voigt (Der Hauptmann von Köpenick) oder Helg Sgarbi (der eine "Affäre" mit Susanne Klatten hatte).
Lothar

 Andalp (07.01.10)
..gott, jetzt hab ich die letzte geschlagene Viertelstunde (oder sogar mehr!) darauf verwendet, mir darauf eine Meinung zu bilden...
Fazit: gibt es nicht noch mehr als die angebotenen "modernen" Interpretationsvarianten? Hier zwei.
"Viele lassen sich vom Angesicht zuerst (vordergründig) beeinflussen (täuschen ist vielleicht zu stark?)"
oder
"Die Vorderseite (Fassade, Gesicht, Stirn) ist ein Hauptmittel (Grundlage, Hauptrolle, am ehesten, "vorne dran") beim Täuschen (Beeindrucken) Vieler."

Beim Überlesen wird mir selber klar, meine eigene Sympathie geht in Richtung "actio"; der bewusste Einsatz von "etwas", das das Hinterlassen eines "ersten Eindrucks" durch Mimik, Gestik, Persönlichkeit sein kann, aber auch der bewusste Einsatz dieser Erkenntnis durch eine Person, um die Meinung anderer zu manipulieren. Also doch schon das vom Autor vorgebrachte Fazit, sprich die letzte Aussage. Allerdings erweitert durch Weglassen der Wertung der Absichten von Personen, die sich des Mittels bedienen. Warum muss es denn gerade ein Hochstapler sein. Obama ist keiner, und trotzdem hat er alle Register gezogen im Wahlkampf. Lady Gaga verfolgt wohl nicht gerade böse Ziele. Aber auch den Grimmigen ist dieses Mittel vertraut. - Eigentlich wär es doch eine Dummheit, wenn nicht jede/r sich des Instruments des ersten Eindrucks bewusst unterwürfe, sowohl als Agierender wie auch als Reagierender. Was letztenendes wohl der Grund für die Publizität besagten stehenden Wortes ist.

...Zurück zum Zitat: Für mich als Nicht-Lateiner (jedoch mit Kenntnis einiger daraus hervorgegangener lebender Sprachen) bleibt das Manko der Unkenntnis des Zusammenhangs. Eine aus dem Textzusammenhang genommene Aussage bietet oft die Möglichkeit der verfälschten, gefärbten Interpretation. Und das ist wahrscheinlich oft Verführung zur "Täuschung Vieler", oder?
A.

 loslosch schrieb daraufhin am 07.01.10:
Dein vorletzter Satz kommt meinen Intentionen entgegen. Ich versuchte daher, den Satz in gegenläufigen Varianten zu interpretieren und anzudeuten, dass sich die menschliche Psyche (Täuschung, Verstellung, Theatralik, Imponiergehabe usw.) in Jahrtausenden wenig geändert hat.

Das kommt in vielen meiner antiken Verslein zum Ausdruck. Nur gelegentlich eine Modernisierung i. S. der Verbesserung. Lothar

 Andalp äußerte darauf am 07.01.10:
warum sollte sie sich auch geändert haben.
...
das provoziert die Frage, ob sich das Umfeld geändert hat. Konkurrenzdruck, gesellschaftliche Bezüge, Platz genug für alle.

Ich behaupte mal, es hat sich seit der Antike nichts geändert. Kein Jota.

 loslosch ergänzte dazu am 08.01.10:
Sehr zugespitzt. Heute ist ja in den (meisten) zivilisierten Staaten die Todesstrafe abgeschafft. Allerdings: Wäre eine Volksbefragung in D erlaubt, würde diese Rechtsnorm womöglich wieder kippen. Und das würde Deine Auffassung indirekt bestätigen. Lo
Graeculus (69)
(04.12.14)
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