Gute Miene aufsetzen

Satire zum Thema Schein und Sein

von  loslosch

Sub pulchra specie latitat deceptio saepe (nach J. Werner u. P. Flury, Sprichwörter und Sinnsprüche des Mittelalters, 1966). Unter dem schönen Schein hält sich oft die Täuschung verborgen.

In Hessen, und nicht nur dort, waren schon in den 1970er Jahren die Haushaltsmittel für die Ausstattung der Hochschulen stets knapp. Der für die Sachausstattung der sanitären Einrichtungen zuständige Sachbearbeiter hatte für das folgende Haushaltsjahr vergeblich 20 Toilettenspiegel bei der Zentralabteilung angefordert. Im Folgejahr dachte er sich eine List aus, nachdem er vorsorglich im großen deutschen Nachschlagewerk nachgeschaut hatte. Die neue Anforderung lautete:

20 Personalreflektoren.

Seine Rechnung ging auf. Der für die universitäre Eigenverwaltung der Haushaltsmittel zuständige Bearbeiter kannte den auch dem Duden unbekannten Begriff nicht und scheute sich, nachzufragen, was es denn mit diesen ominösen Personalreflektoren auf sich habe. Lieber gab er die Mittel für die angeforderten "Reflektoren" vollumfänglich frei. Plus esse quam videri? Mehr sein als scheinen? An das Gegenteil wird der Kollege aus der Zentralverwaltung eher gedacht haben.

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Kommentare zu diesem Text

managarm (57)
(06.11.11)
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 loslosch meinte dazu am 06.11.11:
erinnert ein wenig auch ans katholische silentium obsequiosum. ehrfürchtiges schweigen, das der pfaffen, wenn der cheffe in rom was absondert.
danke, frank lothar
managarm (57) antwortete darauf am 06.11.11:
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magenta (65)
(06.11.11)
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 loslosch schrieb daraufhin am 06.11.11:
welche ehre für mich, gleich neben dem herrn szoncsó aufzutreten. den text dort muss ich mir mal vorknöpfen. der hat ja einiges interessante auf lager.

etwas für die plagiatsforscher bei kv.

vielen dank, auch für den lesetip, heidrun lothar
(Antwort korrigiert am 06.11.2011)

 Lluviagata (06.11.11)
Man nehme sich dazu noch die Geschichte des Dr. med. Dr. phil. Clemens Bartholdy zu Herzen, der einigen Glanz in die medizinische Versorgung brachte. Leider hat er dann ein zweites Mal die sonst so hellen Sachsen übern Löffel balbiert, die ihm ein Sprungbrett ins Sächsische Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie sein sollten, wo er sich nach zweijährigem Unwesen schlussendlich für eine C3-Professur und Ernennung zum Chefarzt und Klinikdirektor im Sächsischen Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Arnsdorf bewerben wollte.
Felix Krull war sein großes Vorbild ...

(Kommentar korrigiert am 06.11.2011)

 loslosch äußerte darauf am 06.11.11:
wilhelm voigt, der berühmte schuhmacher, nicht? der hochstapler tritt in meinem text als mensch auf, der (vermeintliche) wissenslücken kaschiert. das ist die vorstufe der hochstapelei, andrea.

aus ärztekreisen hört man immer wieder von "doctores" im weißen kittel. frei nach gottfried keller: kleider machen leute. danke dir! lothar
(Antwort korrigiert am 06.11.2011)
AronManfeld (43)
(06.11.11)
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 loslosch ergänzte dazu am 06.11.11:
ich bin nicht blauäugig. die bildungswissenschaftler operieren mit internat. vergleichszahlen wie abitur-, akademikerquoten. da sei das ende der fahnenstange noch etwas entfernt.

es ist mehr die frage der qualifizierung in welchen bereichen. mehr lateinunterricht brauchen wir sicher nicht. lo
(Antwort korrigiert am 06.11.2011)
supernova (51)
(06.11.11)
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 loslosch meinte dazu am 06.11.11:
mente capti von schelmish. der titel ist schelmisch, bea!

meine selige (begnadete) lateinlehrerin (sie gab auch englisch und französisch) erklärte das den 12-jährigen schon. wahnsinn, dass ich das noch weiß. sie sagte: im kopf gefangen. alle alzheimer sind mente capti, aber auch manch frei laufender andere mensch. ich übersetze "mente captus" so:

IM MENTALEN BEREICH GEKAPERT.

bitte schön lächeln, madame. lothar, gratias agens
supernova (51) meinte dazu am 06.11.11:
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 EkkehartMittelberg (06.11.11)
Mich interessiert besonders der Aspekt der Hochstapelei und dabei die Figur des Hoschtaplers Felix Krull. Aus meiner Sicht lässt ihn Thomas Mann als besonders charmant und liebenswürdig erscheinen, sodass der Leser bereit ist, eine moralische Bewertung zu vergessen.
Im Mittelalter wurden solche Sprüche wie der von dir zitierte fast ausschließlich moralisch gesehen.
Ekki
(Kommentar korrigiert am 06.11.2011)
(Kommentar korrigiert am 06.11.2011)

 loslosch meinte dazu am 06.11.11:
für mich als jugendlicher war der film über den hauptmann von köpenick das ereignis. dabei war der lustig scheinende voigt ein ganz schwerer junge. der infantile kaiser wilhelm zwo war so beeindruckt, vor allem von der duckenden schar der soldatischen duckmäuser, dass er dem voigt mehrere jahre bau ersparte.

sachen gibts, ekki! t.t. lothar

 RomanTikker (12.11.11)
Das lässt mich an die "gute" Mi(e)ne im bösen Spiel der militaristischen Einätze für Frieden, Freiheit und Demokratie denken. Heute gibt es dafür sogar ein autographisch korrektes und nicht minder unheimliches Teekesselchen: die Drohne. Bei gleichzeitigem Bienensterben sogar mit bitter-ironischem Beigeschmack. Zu guter Letzt reimt sich die Biene auf die Miene und der Kreis ist geschlossen (Bienen kommunizieren zu allem Überfluss auch noch in Kreistänzen!). Setzt gute Biene zum schönen Stiel: Roman

 loslosch meinte dazu am 12.11.11:
es ist nie zu spät. siehste an meinem rekomm.
Graeculus (69)
(02.12.16)
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 loslosch meinte dazu am 02.12.16:
realsatire.
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