Wie kann ein Mensch...

Text zum Thema Erkenntnis

von  ZornDerFinsternis

Wie kann ein Mensch die Fähigkeit zu Lachen verlieren? Sein Dasein als wert- und bedeutungslos empfinden? Immer weiter aus dem Alltag verschwinden? Weiter aus dem Herzen derer, die ihm einmal wichtig gewesen sind? Warum laufen seine Gedanken in einem beängstigenden Teufelskreis umher, ohne eine Zuversicht auf eine Änderung; eine (Ver-) Besserung? Ist es wirklich dieses Leben, auf diesem heruntergekommenen, egoistischen Planeten, mitten in Herzlosigkeit und Kälte, das wir angestrebt haben? …mit Sicherheit, ist es das nicht. Und mit jeder weiteren Stunde, die die Uhr verstreichen lässt, geht irgendetwas Bedeutendes von, und in uns, verloren. Irgendwo dort draußen in der Dunkelheit. Jeder Tag erblüht in zunehmend größerer Bedeutungslosigkeit. Einen Ausweg scheint es nicht mehr geben zu wollen. Vielleicht, weil wir nicht mehr suchen wollen. Zu viele Enttäuschungen, Leid und Zurückweisung erlitten haben. Ich schätze, es wird niemand eine Antwort für uns finden. Wenn doch, wird es wohl für die meisten, so wie auch für mich, zu spät sein. Wir gelangen an einen Punkt, nach endlosen Jahren des wiederholten Scheiterns, an dem es nicht mehr weiter geht. Hinter uns liegen die niedergemetzelten Überreste unserer Träume. Scherbenberge türmen sich vor unseren glasigen Augen auf. Der Himmel bleibt verdeckt. Dieses Gefühl von Innerer Leere ist unumgänglich. Einsamkeit geht mit Wertlosigkeit einher. Daran ändern auch keine Antidepressiva etwas. Das Leben ist nun mal nichts, was es verdient hätte, als „schön“ betrachtet zu werden. Wieder verblasst das Hier und Jetzt zwischen Schnaps, Zigaretten, Whisky und einer Hand voll Tabletten. Ein kurzzeitiges Gefühl von Unbeschwertheit. Vielleicht sogar von einer unmöglichen Freiheit. Ziele habe ich keine mehr, die ich mir setzen könnte. Habe mein ganzes Leben lang nur versagt. Und wieder malt sich ein Teufelskreis in mein Sein hinein. Flucht – ausgeschlossen. Kälte und Schmerz sind die einzigen Begleiter, die mich noch menschlich machen, weil es die letzten Gefühle sind, die noch in mir überlebt haben. Es gibt niemanden, der mich mit offenen Armen empfangen würde. Ihr habt mich schon lange Zeit aufgegeben. Wozu sollte ich noch an mich glauben? Wozu leben? Wozu versuchen die Scherben meiner Träume wieder zusammen zu setzen? In diesem jetzigen Leben, gibt es für mich nicht Zukünftiges mehr. Nur Vergangenes und Gegenwärtiges. Beides bietet keine Option. Bloß Schmerz und endlos scheinende Einsamkeit, bis ans Ende meiner Tage. Wolken halten den Tag in Dunkelheit gefangen. Finstere Schleier umgarnen die kümmerlichen Überreste meines Herzens und das bisschen Seele, das noch in mir verblieben ist. Mag sein, dass ich mich selbst bemitleide. Aber das interessiert mich nicht mehr. Mir ist schon seit langer Zeit alles egal geworden. Es gibt keine rettende Insel in diesem Meer aus Stille. Der Tod ist mein einziger Anker, in der See des Lebens. In dieser Unbeständigkeit gibt es keinen Halt und keinen Glauben mehr. Zuversicht – dieses Wort ist mir mehr als fremd geworden. Ebenso, bin ich mir mehr als fremd geworden. Ich habe versucht etwas, vieles, zu ändern. Ein liebenswerterer, schönerer Mensch zu sein. Aber je mehr meine Schritte in diese Richtung gingen, umso mehr, habe ich mich von diesem Leben entfernt. Je mehr ich versuchte zu lieben; Liebe zu geben, umso größer wurde der Hass der anderen auf mich. Wieder läuft bloß die Zeit still neben meinen Tränen. Mein Bett bleibt leer. Der Platz in meinem Herzen, der für einen einzigen Menschen bestimmt ist, liegt unter den Trümmern einer alten Ruine. Die Dunkelheit hat begonnen, meine Seele, von innen heraus, aufzufressen. Ein Hoffnungslicht mehr, erlosch auf dem salzigen Tränenozean meiner Innenwelt. Der Blick meiner Augen hat euch nichts mehr zu sagen. Mein Herz, keine Gefühle mehr zu schenken. Die Narben und Schnitte auf der blassen Haut, wollen nicht mehr das Vergangene mitteilen. Die Zeit läuft endlos weiter fort. In die trostlose Finsternis des Daseins hinein. In mir tobt ein Sturm. Ein Unwetter. Tsunami. Orkan. Was auch immer. Zwischen Hier und Jetzt liegt ein langer, beschwerlicher Weg. Diese Wanderung, will ich nicht fortsetzen. Einsamkeit und Leben haben jegliche Kraft gebrochen. Das Licht der Sterne vermag nicht, durch die Betonwolkendecke zu fallen. Bäume knicken im Gefühlssturm ein. Regen bricht ächzend, schreiend und voll tiefer Verachtung auf mich herab. So, als wollte „Gott“ sagen: „Du bist ein Niemand. Wen würde es schon kümmern, wenn deine Spuren im Schnee verloren gingen?!“ Es ist kalt. Leer. Still um mich herum. Hoffnung gibt es keine mehr. Seitdem sie gegangen sind. Den Glauben daran, dass wir für immer zusammen sind – habe ich lange schon, im Scherbenwald, vergraben. Du wirst nie mein Engel sein. Mich nicht aus diesem tiefen Loch erretten. Du wirst keine Sintflut herbei schicken, die all diese schmerzenden Gedanken und Gefühle sterben lässt. Du wirst nicht an meinem Bett sitzen, wenn ich dabei bin, für immer einzuschlafen. Wirst meine Tränen nicht trocknen. Das Kerzenlicht in meinem Fenster nicht sehen. Die Gedanken nie lesen, die mich um den Schlaf bringen. Wirst in meinen Alpträumen nicht auftauchen, um mir Schutz zu gewähren und die Ängste von mir zu nehmen. Es wird keines meiner Worte, je seinen Weg zu dir in dieses elende Wolkenschloss finden. In dem dornigen Irrgarten wirst du die Ranken nicht aus meinem Herzen schneiden können, damit es nicht hilflos zuckend, verblutet. Es wird nicht mehr wissen, wie es ist zu lieben. Geliebt zu werden. Ich werde dich nicht mehr lieben können. Ich werde niemanden mehr enttäuschen können. Keine Schande und keine Schmerzen mehr über euch bringen. Ich werde kein Verlust und auch keine Erinnerung sein. Es wird nichts mehr bleiben. Wenn eine kleine Blume im wärmsten Sommer verdurstet, wird es niemand bemerken und niemanden kümmern. In mir ist der „Glanz“ des Lebens längst vergangen. Einen Rückweg, fort von hier, gibt es nicht mehr. Bin schon viel zu lange hier; in meiner Welt, gefangen. In diesen Gedanken der Ausweglosigkeit und der Angst. Wer ich bin, oder viel mehr, was ich bin, und einstmals war, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich, weil ich es nie gewusst habe. Ich werfe keinen Blick zurück. Beim Anblick dessen, was ich dort vorfinden würde, würdet ihr nur wieder Spott und Verachtung für mich übrig haben.
Rußiger Geruch erfüllt den Raum. Das Fenster ist nicht gekippt. Die Wohnungstür abgeschlossen – der Schlüssel steckt. Auf dem angeschwärzten Löffel schwimmt eine Flüssigkeit. Schwappt vor sich hin. Ziehe die Spritze aus. Ein Ärmel meines Pullovers ist hochgekrempelt. Balle eine Faust. Starre mit verheulten Augen in die Nacht vor dem Fenster hinaus. Ein letzter Blick, in eine Welt, in der ich niemals zu Hause war – es auch niemals sein würde. Ich schließe die Augen. Höre nur die Stille zu mir reden, wie all die langen Jahre zuvor. Lehne mich an die kalte Wand. Taste mit zitternden Fingern nach einer Vene. Diese wenigen, letzten Sekunden scheinen Jahre zu dauern. Einmal noch, ziehe ich das beißende Leben in meine Lungen – atme aus. Führe die Nadel in die Vene ein. Es riecht nach Blut. Straßenlärm kommt von weit her. Bleibt, in der Ferne. Ich, gehe in diese Ferne. In diese weite Ferne, nach der ich mich all die Zeit, verzehrt habe. Endlich. Ich drücke. Setze mir einen Goldenen Schuss. Ich habe nie etwas von Drogen gehalten. Zumindest nicht, von solchen, die Menschen zu Objekten und lebenden Toten machen. Leben…, das wird nun, glücklicher Weise, weit hinter mir liegen. Meine Muskeln verkrampfen. Mir ist heiß und eiskalt. Übelkeit und Rausch geben sich die Hand. Benommenheit und ein unbeschreibbares Gefühl von Leichtigkeit, packen mich. Ich fühle mich großartig. Ich bin sicher, so könnte ich Bäume ausreißen. Über das Wasser des Atlantiks laufen. Auf Wolken tanzen. Über der Welt dem Elend davon schweben, ohne Flügel haben zu müssen. Was auch immer, die nächsten Stunden oder Minuten bringen werden, werde ich nicht erfahren. Ich werde es auch nicht mehr wissen brauchen. Ich werde mich an einem besseren Ort befinden. Weit weg. Weit weg, von allem. Von dir. Euch. Mir. Uns. Allem. Dieses Leben hat mir den Glauben an das Gute genommen. „Kopf hoch. Das Leben geht weiter. Auch ohne mich – es gibt niemanden, der mich vermissen wird.“

Au revoir.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (26.02.10)
Es gibt doch immer jemanden, der einen vermisst (?) LG

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 27.02.10:
Immer?

 AZU20 antwortete darauf am 27.02.10:
Ich denke schon, wenn man sich nicht völlig abkapselt. LG

 Dieter Wal schrieb daraufhin am 27.02.10:
Mann, Mann, Mann! Schon mit dem Gedanken gespielt, Donaldistin zu werden? http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Donaldist
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