Benthos

Text

von  Akzidenz

[..] Zur See gibt es allerhand fluoreszierendes und illuminierendes Getier, das den Meeresgrund umwandert, und Sessil, Gebirge, Gebräu und Organismen, Manteltiere, Archaeen, deren Aussehen man nicht sieht, Krabben, die sich autotroph ernähren, Kettenkatzenhaie, Fische und Korallen, deren Sehsystem, so nimmt man an, tetrachromatisch beschaffen sei, Spektral- und ultraviolette Farben [im Innern - oder Wasser - ihrer Augen] zum Vorschein bringe, in deren Sprache sie auch sprechen; ein Augenlicht, das einzig den Fischen und Göttern vorbehalten ist. Nahe der Heißquellen im Ozean, wo alle Sud und Brut der Erde austritt, die Metalle, die Sulfide, die Minerale mit dem schwarzen Wasser aufeinanderrennen, entstammen merkwürdige Biotope von unermesslicher innerer Hitze, deren Peristase, wie den Menschen, sie geformet und vertragen hat. Und hier verbirgt sich all ihr Reich und Vaterland; und erscheint den Menschen schwarz und öd, die das Leuchten nicht erkennen, die, wie das chthonische Getier, nicht etwa in die Erd hinabsehen, sondern sich gen Himmel regen und verbrennen. Dass die Anthropozentrik hier nicht im Mindesten erwogen noch betroffen ist, gleichweil zwischen den Wiesen des Elyions, wo das Tote lebt, den arkadischen Reichtümern des Metakosmions, dem ikarischen Vorwurfe, der Schindung des Marsyas, der die Götter brüskierte, den himmelleichten Perlen und Speisen, den Eigentümern Gottes kein Erdenfleisch (noch irgendein Mensch) die Leichte und Schwere überlebt, die das Licht und Silber in den Gegenlauf hineinführt, so vermag alles dies die Seele aber und die Kunst, die Philosophie und unser Geist, denn sie sind mit dem Wasser und dem Erze aus der Obhut magna maters geboren, und mit ihrem Hauch reibt sich das Erdenfleisch gleich den Bergen mit dem Himmel und den Flächen und den Rinden in die Leidenschaft hienein, unter welcher sich verbirgt und unter welche Ich zusammenzähle, was Ich mit Schöner Seele meine, denn in den Menschen leuchtet sie auf, was es ist, wenn wir annehmen, dass die Sprache dieser Geschöpfe, die sie in den Farben durch das Wasser sprechen, etwas, von dem Platon sagte, es ist, was das Auge nicht sieht aber der Geist erkennt, das Noumenon, der Begriff, die nächste Nähe Gottes ist.

(So müsste Ich emendieren: nicht zur See gibt es allerhand . . sondern zur S e e l e.]

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Kommentare zu diesem Text


 Georg Maria Wilke (21.03.12)
Die Begrenztheit des physischen Menschenauges benötigt eben das "Seelenauge", welches der heutige Mensch verliert oder längst verloren hat. Die Sinneserweiterung der Technik mag da an verschiedenen Orten helfen, aber sie ebenso begrenzt, da sie das Wahrhaftige des Seins und die wahre Urquelle nicht erkennen kann.
Es fällt mir das Bild der Makarie bei Goethe ein, die mit "ganz andren Augen" sieht - erkennend sieht. Aber Grenzen haben, mit ihnen leben, heißt auch: sich in dieser Welt zurechtfinden und darin orientieren. Gibt es denn Grenzen für den universalen Geist - nous -
gibt es sie wirklich?
Ein sehr inspirierender Text - sehr komplex trotz seiner bewußt gewählten Perspektive, die den Leser an dieser Welt teilnehmen läßt.
Danke dir für diese Teilnahme.
Liebe Grüße, Georg

 Akzidenz meinte dazu am 21.03.12:
Weniger als der Unsterblichkeit der Seele, wollte Ich auch der Technokratie keinen Beweis erbringen, lieber Georg. Alsgleich auch nicht dem Optozentrismus; dies wäre ja unheimlicher Affront. Ich bin schließlich mitnichten imstande, die Grenze oder Reliabilität desjenigen Organons aufzuweisen, mit dem wir allzu Sonderbares wie die Spektren des Schwarzlichts oder der Photonen zu erkennen - besser noch, zu sehen - vermeinen. Dies Jenseits nämlich evidieren zu wollen, wäre eine Überwindung des Todes, id est, die Wahrnehmung dessen, wo die Wahrnehmung aufhört. Ein progressus in infinitum, wenn Du mich fragst. Und ebenjenes, da es das Wahrhaftige des Seins und die wahre Urquelle nicht erkennen kann, ist lediglich die Appetenz desjenigen, welches wir uns selbst hervorbringen, weiters ist diese aber unerheblich, denn es nimmt nicht (so) wahr, wie es glaubt. Es ist anthropogen. Hier rekurriere Ich auch auf das Qualia-Problem oder das Cartesianische Theater; Philosopheme von einfachster Ordnung, aporematisch, gewissermaßen unlösbar, weil sie zuvördest vom Grunde ihre Frage bedingt sind - dementgegen aber auch der Solipsismus oder Empirismus, die sich derartige Unwägbarkeiten einräumen.

Die Grenze des Universalen Geistes weise Ich selbstredend ab; aber schließlich ist das Selbst-Bewusstsein, das noêsis noêseôs, dem Menschen derart immanent, so dass wir sagen können, dass ein solches Bewusstsein auch jedem anderen Dinge inhäriert, das nicht außer sich selbst ist. Denn solange es sich selbst bewusst ist, ist es das nicht außer sich - oder umgekehrt. Freilich eine waghalsige Tautologie, aber ebendort rückt doch weniger die Grenze, als eine Mannigfaltigkeit, ja Unendlichkeit des nous ans Licht. (.. an sich selbst.)

Ich danke auch Dir herzlich für die reichen und anregenden Worte, wie für die Empfehlung, lieber Georg!

Herzliche Grüße, und . . wir sprechens uns ja schließlich noch.
(Antwort korrigiert am 21.03.2012)
(Antwort korrigiert am 21.03.2012)
(Antwort korrigiert am 21.03.2012)
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