Das Loch

Gedanke zum Thema Wirklichkeit

von  tueichler

Ein Kreis entsteht, indem eine Schlange beginnt, sich, anfangend vom Schwanz, selbst zu verschlingen. Ein Kreis bleibt übrig, der eine Fläche hat, über deren Beschaffenheit wir, bis auf den Flächeninhalt nichts genaues sagen können. Wir können noch nicht einmal sagen, ob das Verschlingen zu einem beliebigen Zeitpunkt aufgehört hat oder immer noch im Gange ist, da wir ja nur die Umrandung, also den Kreis sehen.

Mit dem Weltuntergang muß es sich ähnlich verhalten. Wenn etwas untergeht, dann versinkt es - üblicherweise - im Wasser. Da aber außerhalb unserer Welt (sosehr wir auch suchen!) kein Wasser ist, in dem die Welt versinken könnte, kann es nur jenes Wasser sein, das es auf der Welt gibt. Das Wasser verschwindet gewissermaßen ebenfalls in sich selbst und es bleibt das Loch, worin das Wasser verschwindet, in dem das Loch ist, in welchem das Wasser verschwindet, usw. Auch hier kann man nicht sagen, ob die Welt zu diesem Zeitpunkt noch verschwände, oder ob das Verschwinden bereits aufgehört hat - was ja paradox wäre, weil ja dann kein Loch wäre, in dem etwas verschwunden sein könnte und - wohin verschwindet das Loch?

Es zeigt sich nun, dass es sowohl im Kleinen wie auch im Großen immer wieder zu Löchern kommt, die notwendigerweise früher oder später alles das enthalten müssen, was wir Welt nennen. Die alles entscheidende Frage ist doch, worin befindet sich das letzte Loch. Berücksichtigen wir bei der Beantwortung dieser Frage außerdem, dass auch das letzte Loch nicht in sich selbst verschwinden kann obwohl es folgerichtig in sich verschwinden müsste, wenn schon alle Teile dessen, was wir Welt nennen in ihm verschwunden sind.

Daraus kann man ableiten, dass das Verschwinden ein kontinuierlicher, nicht näher beschreibbarer Prozess ist, der weder Ursprung noch Ende kennen kann oder darf. Und damit ist dann auch der Zustand meines Bankkontos hinreichend erklärt.

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Kommentare zu diesem Text


 ViktorVanHynthersin (30.07.12)
Es gibt allerdings ein Loch, das immer wieder kommt: das Sommerloch )
Herzlichst
Viktor

 tueichler meinte dazu am 30.07.12:
Merci :) Dieser Sommer hat sich im Sommerloch verzehrt und ja, es gibt das Sommerloch auch danach wieder - obwohl keiner weiß, wo der Sommer denn hin ist ....

Viele Grüße,

Tom :)

 Sternenpferd (30.07.12)
O













zon


ähhm Oh schön :)

klasse tom-text ! lg m.

ps: was ist ein bankkonto?
Anne (56)
(30.07.12)
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 tueichler antwortete darauf am 31.07.12:
Ihr lieben Kommentatoren, danke für eure Meinungen zu diesem doch recht dusseligen Stück Unfug. Vielleicht verschwinde ich demnächst auch in diesem Loch - einfach um nicht zu verschwinden :)

Danke für die *chen :)

 MrDurden (02.08.12)
Das Beispiel mit der Schlange finde ich sehr gut. Ab dem zweiten Absatz wird der Gedankengang schwächer, weil der "Weltuntergang" ein so dehnbarer Begriff ist, dass man ihn nicht in ein kausales Schema fassen kann (der Untergang im eigenen Wasser, das in einem Loch verschwindet, ist ein wenig zu fantasielastig ). Allerdings finde ich den letzten Satz wieder super. Witziger Gedanke, an dem sich feilen lässt.

 Leitmotivation (31.08.12)
Der Text "Das Loch" hat mir gut gefallen. Ich erinnere mich an einen Lehrer, der vor seinen Schülern anfing, den größten Unsinn zu erzählen, immer jedoch in einem wissenschaftlichen Ton. Er wollte die Aufmerksamkeit seiner Klasse testen - und es hat gedauert.

 TrekanBelluvitsh (01.08.13)
Um unsere eigene Stellung besser beurteilen zu können, wäre es von Interesse, ob, wenn diese Welt in einem Loch verschwindet, Gott richtiges Golf oder bloß Minigolf spielt?
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