"Schwänchen hör auf, dein Gehirn bekommt Löcher." - N.

Tagebuch zum Thema Geschwisterliebe

von  SunnySchwanbeck

Mein Herzschlag schickt dir Morsezeichen. Ganz still sitze ich neben dir und warte auf die Vollendung deines angefangenen Satzes. "Es tut gut, bei dir zu sein." Der erste Oktoberwind lässt meine schlecht gefärbten Haare tanzen und meine Zigarette zornig aufglühen. "Ja, ja. Ich weiß was du meinst." Unsere Blicke auf den Asphalt geheftet sprechen wir über dich und es tut gut einmal nicht Teil des Problems zu sein, doch für eine Lösung bin ich nicht betrunken genug. Wir lachen viel, du sagst am laufenden Band Dinge zu mir, die meine Mundwinkel hochziehen und ich mag es wenn du mir in die Augen schaust. Zu sehen wie du halb lächelnd an einem Pfeiler des Bahnhofes stehst und absichtlich nicht in meine Richtung schaust, während ich unbeholfen aussteige, ist so typisch du, dass es sich nicht so anfühlt als wäre schon ein Jahr vergangen, als ich das letzte mal hier mit dir stand.
Du nennst mich Schwänchen und es ist okay, du rauchst mir meine Zigaretten weg und bist nicht in der Lage einen Regenschirm so zu halten, dass ich nicht nass werde. Du nimmst mich mit in verrauchte Proberäume und machst mir Bratkartoffeln mit Tofuwürstchen. Du singst Disneylieder mit mir in deiner alten Küche und lachst über meine Ärzteanekdoten.
Wir reden über Sam, und darüber, wie großartig sie sein wird. Dass sie dir stand hält, dich stützt, dir ihre Meinung sagt, dass sie in deinen Augen das schönste Mädchen der Welt sein würde. Dass sie schreibt und ein schönes Lachen hat. Während wir mit geduckten Schultern unter meinem kaputten Regenschirm altbekannte Wege gehen, erinnere ich mich an Zeiten, in denen es noch okay war, hier zu sein. In der wir Star Wars guckten, überbackenes Brot aßen, unglaublich breit auf Sesseln saßen und alles benennen und besprechen konnten, was unsere Herzen einzäunt. Ich sehe deinen festen Blick und deinen starken Gang, das Lachen und deinen unglaublich schlecht rasierten Bart. Dein Wissen von all dem, was ich nicht mehr hören und sehen will. Mein lächerlicher Versuch dir vorzumachen, es wäre alles okay, und deine Arme die mir genau das sagen. Mein Singen um 3:48 in der Altstadt, flüstern an Backsteinmauern. Bier und Zigarettenrauch als mein nächtliches Parfum. Gehäutete Seelen und Winterschlafende Herzen.
Es ist jedes Mal so, als wärst du ein Teil von mir, ein kleiner, gut beschützter und manchmal verhüllter Teil. Etwas das mittlerweile selbstverständlich ist. Etwas allgegenwärtiges. Etwas heilendes und vor allem, etwas schönes.
Etwas, dass mir jedes Mal amputiert wird, für kurze Zeit, wenn einer von uns in den Zug steigt.


Anmerkung von SunnySchwanbeck:

since 2010.

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Kommentare zu diesem Text


 Georg Maria Wilke (23.10.12)
Liebe Sunny - ....und winterschlafende Herzen.
Liebe Grüße, Georg
Nemoria (19)
(23.10.12)
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 SunnySchwanbeck meinte dazu am 03.11.12:
geschwisterliebe.

 Lluviagata (23.10.12)
[ ... benennen und besprechen konnten, was unsere Herzen einzäunt.]

Hier ist es und darf und kann es allen Unkenrufen zum Trotz sein: Das Herz das Herz das Herz. Wunderbar!

Liebe Grüße
Llu ♥
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