Der Spinnweben

Erzählung zum Thema Feind(schaft)

von  blauefrau

Edmont schaute der Wanduhr zu. Seine Augen richteten sich auf den Sekundenzeiger. Sie funkelten, wenn wieder eine Minute geschafft war. Edmonts Gesicht drehte sich mit dem Sekundenzeiger im Kreise. In der letzten Minute war sein Kreisen aus dem Tritt geraten. In sein Blickfeld geriet ein Spinnweben, der da gestern so noch nicht gehangen hatte. Wenn er eines hasste, war es Liederlichkeit. Dazu zählten für ihn Staub, lose Haare und Spinnweben. Die besonders, deuteten sie doch auf einen langen Zeitraum der Untätigkeit hin.

Nach zwei Stunden der Ratlosigkeit -Edmont hatte die Uhr im Visier- stand er auf und machte ein paar Schritte zu seinem Regal mit den Büchern über Insekten und Spinnentiere. Er nahm ein exquisites Buch zum Thema Spinnen heraus und schlug Seiten mit Abbildungen verschiedener Spinnennetze auf. Dieses Spinnennetz leuchtete bläulich. Edmont legte das Buch aufgeschlagen vor sich auf den Tisch und verglich jedes einzelne Spinnennetz mit dem Netz an der Uhr. Seine Lupe war, obwohl von Zeiss, nicht mehr besonders leistungsfähig. Ein kleiner Kratzer trübte seinen Blick. Den Spinnweben konnte er jedenfalls nicht zuordnen. Er entnahm einer Schublade eine Kamera und blitzte vier Photos. Das sollte reichen. Dann schob er seinen Rückenkratzer in die Höhe, zog den Spinnweben von der Wand und legte ihn auf einen Glasträger, den er luftdicht in einer Schachtel verschloss. Von Henri, seinem Chauffeur, ließ er sich anschließend zum Institut für Tropenbiologie bringen. Miller, der Experte, brachte den Glasträger sofort zu einem hochleistungsfähigen Mikroskop, finanziert aus Geldern von Edmonts Stiftung, ebenso wie auch Millers Gehalt. Miller zwinkerte und schluckte über dem Mikroskop, dann flüsterte er Edmont zu: ,,Eigentlich nur eine ganz gewöhnliche Hausspinne, wenn da nicht dieser blaue Schimmer wäre, der blaue Schimmer ... Ich vermute, Edmont, es handelt sich um einen Mutanten, oder besser einen Hybrid. Wie kommt der in Deine Wohnung? Der Unterleib der Spinnen müsste bläuliche Fäden absondern. Oder gibt es irgendetwas in Deinen Räumen, das das Spinnennetz bläulich färben könnte? Hast Du die Spinne auch entdeckt?" Edmonts Nasenflügel zitterten. Wofür bezahlte er Miller? Henri hatte seine Mühe, Edmont wieder nach Hause zu bringen. An der Haustür wurde er wieder einmal entlassen. Er verabschiedete sich mit den Worten: ,,Bis morgen, Chef!" und fuhr das Auto in die Garage. Edmont schloss die Haustür auf und verfluchte die Putzfrau, die das Spinnennetz nicht rechtzeitig entfernt hatte. Außerdem hasste er jetzt die Spinne, die diesen Dreck an seiner Wand produziert hatte und sich zudem nicht zeigte. Aus seinem Getränkeschrank holte er eine Flasche Tullamore und schüttete sich einen doppelten in ein Whiskey-Glas. Dann kletterte er die Stiege zu seinem Schlafzimmer hinauf. Was sollte er jetzt anderes tun als schlafen? Da geriet sein Fernrohr in seinen Blick. Er könnte die Mauern vor dem Haus überprüfen, die Kameras in den Wohnräumen aktivieren und mit einer Wärmebildkamera die Räume absuchen. Kalt könnte das Tier ja schlecht sein? Doch wenn es ein Mutant war? Vielleicht sollte er sich morgen doch einen geeigneten Bewegungsmelder anschaffen. Hermann, der Roboter, könnte die Spinne dann mit einem Kescher fangen, das allerdings nur bei angemessener Programmierung. [Von alleine konnte der nichts, der Schrotthaufen.] Edmont holte aus seinem Schlafzimmerschrank das Glas, in dem er sonst kranke Fledermäuse unterzubringen pflegte. Hier würde er morgen die Spinne unterbringen. Er müsste nur noch den Deckel abdichten, sonst würde die Spinne durch eines der Löcher entkommen.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (01.02.14)
Gut gesponnen. LG

 blauefrau meinte dazu am 01.02.14:
Du bist immer meine Rettung, AZU. Blaue Grüße!

 princess (02.02.14)
Edmont: Der Stoff, aus dem die Spinne ist. Jetzt hoffe ich nur, dass er den Faden nicht verliert.

Liebe Grüße
princess

 blauefrau antwortete darauf am 02.02.14:
Achtung! Ich übernehme Deinen Kommentar unter Namensnennung im Klappentext ...!

 princess schrieb daraufhin am 22.02.14:
Ich schenke ihn dir!
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