Was geht mich das an?

Gleichnis zum Thema Verantwortung

von  tulpenrot

Igor stammte aus einer angesehenen Familie. Er und seine Frau hielten sich zu der örtlichen Kirchengemeinde. Jeden Sonntag gingen sie zum Gottesdienst.
Eines Tages sah Igor eine Bananenschale im Eingangsbereich.
„Das werden sicher wieder die Kinder von den Torrellis gewesen sein“, vermutete seine Frau.
„Das geht uns nichts an“, meinte Igor. „Wir haben einen Ordnungsdienst. Der wird sich schon darum kümmern.“

Am folgenden Sonntag lag die Bananenschale immer noch da. Sie war braun geworden, eine Schar Fliegen hatte sich darauf niedergelassen und krabbelte eifrig darauf herum.
„Dass sich auch gar niemand um Ordnung kümmert!“, entrüstete sich Igors Frau. Und Igor meinte auch, dass diese Unordnung unerhört sei.

Am folgenden Sonntag fand Igor, dass es säuerlich roch, als er und seine Frau zum Sonntagsgottesdienst kamen. Die Bananenschale lag tatsächlich immer noch da und war schwarz und schrumpelig geworden.
„Wenn das so weitergeht, kann ich es hier nicht mehr aushalten“, schimpfte seine Frau. „Wir müssen die Gemeinde wechseln. Hier kümmert sich ja niemand. Es ist eine Schande. Vor allem, weil am nächsten Sonntag auch viele Fremde kommen werden zur Konfirmation.“
„Dass auch niemand von der Gemeindeleitung veranlasst, dass diese Bananenschale wegkommt! Unsere Gemeindeleitung ist völlig unfähig!“
Igor kochte innerlich.

Es kam, wie es kommen musste: Am folgenden Konfirmations-Sonntag rutschte jemand von den Fremden auf der Bananenschale aus und verletzte sich sehr. Die Versicherung untersuchte den Fall und fand heraus, dass weder die Gemeindeleitung noch den Ordnungsdienst irgendeine Schuld traf. Sie litten nämlich an einer häufigen Erkrankung: Der endemisch vorkommenden BSB, der Bananenschalenblindheit. Gemeindeleitung und Ordnungsdienst waren gar nicht in der Lage, die Bananenschale zu sehen! Nur Igor und seine Frau hatten diese erbliche Erkrankung nicht. Sie wären die einzigen gewesen, die den Unfall hätten
verhindern können, und sie wurden daher zu zehn Jahren Putzdienst bei dem Verletzten verurteilt.

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Kommentare zu diesem Text

janna (66)
(06.12.14)
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 tulpenrot meinte dazu am 06.12.14:
Genau, man kann diese Geschichte natürlich auf vieles übertragen. Danke für deine Gedanken dazu - und für das Sternchen
LG und ein schönes Wochenende
Angelika
Sätzer (77)
(06.12.14)
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 tulpenrot antwortete darauf am 06.12.14:
Das freut mich. Danke für deinen Kommentar und die Empfehlung.
Viele Grüße
Angelika

 Regina (06.12.14)
Allerdings gibt es auch die gegenteilige Haltung, die sich jeden Schuh anzieht und sich überall einmischt und zuerst darauf achtet, dass andere Ordnung halten, und das kommt vor der Entsorgung des eigenen Mistes.

 tulpenrot schrieb daraufhin am 06.12.14:
Diese Leute gibt es natürlich auch, dazu könnte man auch mal ein Gleichnis erfinden. Wäre sicher lohnenswert.
LG
Angelika

 AZU20 (06.12.14)
Ja, diese Krankheit ist in der Tat weit verbreitet. LG

 tulpenrot äußerte darauf am 06.12.14:
Gut, dass wir beide immun sind!
Danke und viele Grüße
Angelika

 Jorge (06.12.14)
Wenn Igor Advokats Liebling ist, braucht nur seine Frau zu putzen und Igor nimmt sich eine fleissige Frau aus der Nachbarschaft.
Aber, was geht mich das an?

LG Jorge

 tulpenrot ergänzte dazu am 06.12.14:
*kicher* - Du hast Ideen!!! Mannomann...
Angelika

 TassoTuwas (06.12.14)
Es ist doch sehr befriedigend hinterher sagen zu können, "Ich habs kommen sehn!"
BSB ist köstlich!
Liebe Grüße
TT

 tulpenrot meinte dazu am 06.12.14:
Jeder schlängelt sich durch, so gut er kann .. ist es nicht so?
LG und Danke für Stern und Kommentar
LG
Angelika

 princess (06.12.14)
Liebe Angelika,

es geht ja noch weiter! Igor und seine Frau zogen gegen dieses Urteil vor Gericht. Ihr Anwalt plädierte auf Freispruch vom Putzdienst, da seine Mandanten nachweislich an CPM litten. Chronisch persistierende Meckeritis. Hier müsse eine Gleichbehandlung mit BSB-Infizierten erfolgen. Der Richterspruch wird noch vor Weihnachten erwartet! Ich bin gespannt.

Liebe Grüße
Ira

 tulpenrot meinte dazu am 06.12.14:
Vor Weihnachten meinst du? Nee, das klappt nicht , du hast nämlich vergessen: Die Gleichstellungsbeauftragte muss auch eingeschaltet und gehört werden, damit sie die CPM-Geschädigten gegen die BSB-Infizierten abwägt und für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt. Aber zuerst muss ja die CPM durch magnetische Resonanzen mit Hilfe eines staatlich geprüften Meckerei-Test-Verfahrens festgestellt werden. Was das alles dann kostet! Ich mag gar nicht daran denken! Die armen Leute! Und all die Zeit! Da schreibe ich in der Zwischenzeit sicher 5 Romane!
Also es ist ein langwieriges Verfahren - kann man es nicht noch durch weitere Hürden dehnen?
In dankbarer Erwartung
Angelika
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