Außenwelt
Kurzgeschichte zum Thema Horror
von RainerMScholz
Erst wollte er abhauen, hier so ganz allein im Wald, abgeschnitten von der restlichen Welt, sofern da draußen noch etwas ist, sieht nicht danach aus für mich, ohne Telefonempfang, im Radio nur Rauschen, und dann wollte er mich so verlassen, einfach so, mich alleine zurück lassen, mich lassen, so abgeschnitten; - seine Füße habe ich abgeschnitten, in der Nacht. Es war stockfinster; ich fesselte ihn, nachdem wir den ganzen Schnaps ausgesoffen hatten, und dann habe ich ihm die Füße abgenommen mit dem großen Messer aus der Schublade unter der Spüle in der Küche. Es hat erstaunlich lange gedauert, er hat gebrüllt und geschrien und geweint und geblutet, es ist nur so herausgesprudelt. Natürlich habe ich ihm Alkohol zur Desinfikation darüber gegossen, da war er still, und dann habe ich mit Mullbinden aus dem Erste-Hilfe-Kasten – naja, so gut es eben ging. Am Morgen bin ich mit seinen Füßen herumgelaufen, um ihn, und auch mich, ein wenig aufzuheitern, habe ihn mit seinem dicken Zeh im Gesicht gekitzelt; aber er hat nur geschrien und irre geguckt. Ich habe dann draußen ein Loch gegraben. Für die Füße.
Im Radio kommt nur dieses Rauschen.
Als er nicht aufhören wollte mit seinem Geschrei, musste ich auch noch seine Zunge entfernen; die habe ich einfach von seinem in meinen Mund gesteckt, um dieses Gefühl einmal zu haben mit einer zweiten fremden Zunge, die noch warm ist und irgendwie pelzig und lau und lasch. Nur so aus Spaß! Nichts weiter. Von ihm kam nur so öööh und mhmhmh, was weiß ich.
Mit der Zeit hat er ganz schön angefangen zu stinken, und wie, alles voller Kot, und sein Gesicht war so rot wie die Hölle, so rot. Von dem Blut. Das trocknet braun.
Dann kam nichts mehr. Die Augen blieben verdammt lange offen; nur wenn ich seinen Kopf nach vorne kippte, schlossen sich die Lider wie bei einer Gliederpuppe, klappklapp.
Hinten ins Genick bohrte ich mit dem Korkenzieher zwei Löcher; er spricht zwar nicht mehr so richtig, der Unterkiefer klappt eben auf und zu, aber wenn ich meine Finger tief hinten in seinen Nacken stecke, kann er mir immer noch zunicken oder verneinend seinen Kopf schütteln, sollte er nicht meiner Meinung sein. Kommt aber nicht oft vor.
Es gibt immer noch Eichhörnchenfleisch von der letzten Jagd – ein seltsamer Name Eich-hörnchen. Aber wie lange hält das noch. Ich frage meinen Freund. Er denkt das auch, dass das nicht mehr lange vorhält. Ich würde ja...aber er stinkt so und sieht auch nicht mehr...naja.
Im Radio dieses Rauschen.
Weiß und kalt und atmosphärisch. Die Nächte sind so dunkel wie noch nie. Ich steckte ihn in ein Loch und schaufelte es zu. Damit die Igel nicht darangehen.
Eben fiel grell eine zarte Sternschnuppe. Ich glaube, ich sollte es in dieser Richtung versuchen. C + M + B.
© Rainer M. Scholz