Knoten

Text zum Thema Verwirrung

von  IngeWrobel

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Alle meine Probleme hängen ursächlich mit degenerativen Verknüpfungen zusammen. Ungute Verknüpfungen sind zum Beispiel Knoten an Stellen, an denen sie nicht erwünscht sind. Erwünscht sind Knoten nur da, wo etwas beendet ist – wo ein Schlussstrich gezogen werden kann, wo man eine Arbeit abgeschlossen hat, um sie in die Vergangenheit schieben zu können ... abzulegen wie das letzte Schriftstück eines erledigten Vorgangs.
In Schriftstücken wird der Knoten durch einen Punkt dargestellt. „Punktum!“ sagt man, wenn etwas unwiderruflich beschlossen, abgeschlossen und also  fertig ist.

Knoten treffen wir im Alltag hauptsächlich in einem Bereich an, den ich mit „Stoff“ zusammenfassend benennen möchte. Das bezieht alle handwerklichen Produkte wie Gestricktes, Gewebtes, Genähtes und Gehäkeltes ein. Der bewusst gesetzte Knoten beendet einen Teilbereich oder das ganze Werk. Mogelt sich ein Knoten an eine Stelle, an die er nicht gehört, muss er gelöst werden, um mit der Arbeit an dem Werk fortfahren zu können. Das Entknoten ist manchmal sehr zeitraubend und ärgerlich und erfordert höchste manuelle Konzentration, um diese „Zusammenballung“ des Materials in einer konzertierten Aktion zu lösen. Gibt es keine Lösung, geht man soviel Arbeitsschritte zurück, bis man an die letzte Stelle kommt, an der noch alles stimmte. Es erfolgt ein Schnitt, der Knoten wird entfernt, und nun arbeitet man hinter der Schnittstelle weiter. Je nach Bereitschaft dazu legte aber auch so manche Hausfrau schon entnervt ihr angefangenes Werk unvollendet zur Seite. 

Physisch nachweisbar und manchmal sofort, manchmal erst in fortgeschrittenem Zustand, außen sichtbar sind Knoten in und an unserem Körper. Die Gichtknoten an den Gelenken sind unschön und ärgerlich und in der Regel unlösbar. Im Gegenteil: Sie entwickeln sich weiter als Zeichen unserer degenerativen aber auch natürlichen Entwicklung.
Die inneren Knoten sind durch ihre Lage gefährlicher und schwieriger, manchmal gar nicht zu lösen. Manche kann man in Schach halten und damit alt werden – andere führen unterschiedlich schnell zum Tode. Auch hier gibt es die Möglichkeit eines radikalen Schneidens, mit dem der Knoten entfernt wird – Operation genannt. Man erhofft damit eine Dauerlösung, für die es allerdings keine Garantie gibt, denn unser Körper ist so programmiert, dass er in den meisten Fällen Entferntes neu generiert.

Auch unsere Seele, dieses unfassbare Ding, kann Knoten entwickeln. Wie bei allem Spirituellen, physisch nicht Fassbaren, macht die Bearbeitung und Behandlung solcher Verknotungen Probleme, die oft selbst von guten Psychotherapeuten nicht gelöst werden können. Ein Betroffener ist eher in der Lage, seelische Knoten bei Freunden aufzuspüren, zu analysieren und zu entwirren, als bei sich selbst. 
Erzählt mir eine Freundin von ihren seelischen Verstrickungen, so erkenne ich oft das zugrundeliegende Problem. Unter Berücksichtigung ihrer Gefühlslage und der Kenntnis ihres Wesens wird mir klar, an welchem Punkt ihres Lebensmusters die Maschen gefallen sind, ihr der rote Faden entglitt und das Werk sich immer weiter von der Strickvorlage entfernte. Reparaturen sind in der Regel möglich. Meistens erfordern sie ein Umdenken und Umplanen – manchmal eine völlig neue Zielsetzung.
Da bauen sich vor dem Betroffenen Schranken auf, die es besonders schwer machen, die angestrebte Lebensqualität (wieder) zu erreichen.
Die Einsicht kommt eher  spät oder auch nie, dass man die Verhältnisse nicht ändern kann, sondern nur sich selbst und seine Einstellung zu den Menschen, Dingen und der aktuellen Situation. Das ist manchmal sehr bitter, weil es den Menschen „herunterzieht“. Plötzlich ist sein Charakter infrage gestellt. Er fühlt sich gedrängt, an sich selbst zu zweifeln: Hat er selbst dieses Knäuel an Verwicklungen geschaffen? Ist er unfähig, sein Leben zu meistern – so wie es doch vermeintlich alle um ihn herum für sich selbst schaffen?
Und, frage ich mich, wird dieser Prozess je enden?
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Kommentare zu diesem Text


 franky (07.07.16)
Hi liebe Inge!

Fahre mit 15 Knoten durch dein Fahrwasser und habe vieles Brauchbares aufgespürt.
Mein Knöterich arbeitet grade an einem Gordischen Knoten, der sollte von niemand entknotet werden können. .

Gerne bei dir gelesen

Liebe Grüße übern Zaun zu dir

Von Franky

 IngeWrobel meinte dazu am 07.07.16:
Hallo, lieber Franky,
welch erfrischender Kommentar! Danke für das Schmunzeln und die Sternchen
... und ein ganz lieber Gruß zurück in das glückliche Austria
von der Inge ♥

 IngeWrobel antwortete darauf am 07.07.16:
Hallo Kullakeks,
ich hänge mal mein Dankeschön hier unten an: DANKE! Auch Du hast, obwohl Du nicht kommentiertest, ein Lächeln hervorgezaubert ... durch Deinen originellen Nick, den ich wirklich witzig finde, und natürlich auch durch die Sternchen.
Inge
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