Brief an sol

Brief zum Thema Depression

von  LotharAtzert

Was man verbockt, muß die Ziege der Zeit austragen.
 
Ja, das Ein- und Ausatmen ist ein gutes Bild. Oder anderes Fortbewegen: Das rechte Bein ist nur so gut, wie das linke - zusammen können sie an jeden möglichen Ort auf der Erde kommen. Alleine muß man immer humpeln.
Was mit dem Tod vorbei ist, ist nur das Lernen. Die äußere Welt hört zu existieren auf.
Aber dann steigt natürlich alles das ins Bewußtsein, was zu Lebenszeiten verdrängt wurde, während von außen nichts neues mehr dazu kommen kann. Das konnte man zu Christi Zeiten noch nicht so formulieren, weil das Bewußtsein der Menschen im Westen noch nicht diese Einsicht hatte, so daß das kirchliche Christentum sich anders entwickelte, als im Osten etwa der Hinduismus, oder Jainas, Buddhismus etc.
Als ich noch Kind war, hielt ich mich lange Zeit für verrückt, da es in meinem Umfeld niemand gab, der auch nur annähernd dachte, wie ich. Aber mit den Jahren lernte ich auf das Empfinden zu hören, welches mir eine Art innere Führung erbrachte, die zu denen führte, deren Denken das meine förderte: Nietzsche, Schopenhauer, Novalis, Hesse, C.G. Jung u.a. Nietzsche führte zu Schopenhauer, Hesse zu Rilke, dieser zu Tolstoy, jener zu Gandhi und so ging das immer weiter. In der Schule lernte ich außer dem ABC praktisch garnichts ...

Sobald man das Kreisen von Leben und Sterben, innen wie außen, zu ahnen beginnt - der Jahreskreis ist ein Spiegelbild davon - ahnt man auch, was zu tun ist mit der restlichen Lebenszeit: das eigene Schicksal annehmen und  Unangenehmes nach Möglichkeit immer weniger verdrängen, damit nach dem Tod nicht mehr so viele Lebenslügen erscheinen müssen, die uns durch die Zwischenwelt zur nächsten Geburt jagen. Nach der Beschreibung der Lehrer wird die Jagd von Panik begleitet, die dann in einem Schoß endet, wo sich das Ganze von neuem zuträgt. Die Zwischenwelt - eine magische Angelegenheit, keine grobstoffliche - es sind unsere Projektionen, die uns jagen.

Du schreibst vom Einfluß des unsäglichen Katholizismus. Katholiken, ach ja - keine Religion kann sich in ihrer Kirche entfalten. Die einen begreifen das spontan, verdrängen es aber gern, die anderen rotten sich zusammen, um erstere vom "Gegen-Teil" zu "über-zeugen".
Ich glaube, wer sich selbst dem inneren Licht weiht, (-nicht seinem Ego, das sollte man nie verwechseln, sondern seinem Empfinden vertrauend ...) der wird an allen gefährlichen Stellen vor dem Verlust seines Lebens geschützt. Jedenfalls heißt es so im Vajrayana-Buddhismus. Da gibt es so manche Schutzgottheit, die über dem Schüler wacht, der sie durch Gebete im Bewußtsein hält. Solche Lehren entstehen und erhalten sich durch Magie, die dem Katholizismus ein Dorn im Auge sind (was für Lateinamerika etwas weniger gelten mag). Aber die Evangelischen sind auch nicht besser.
Und über Juden darf nicht gesprochen werden ... nicht gesprochen werden.

Eine Krankheit, sagst Du, sei die Depression, die tödlich verlaufen kann wie Krebs, Ich fürchte nur, sich das Leben zu nehmen wird nichts nutzen. Es ist nur ein Hinauszögern, ganz abgesehen davon, daß es für Zurückbleibende (wie Dich in dem Fall) leidvoll ist, was auch wieder Folgen hat. Der Grund für die Depression bleibt bestehen. Was im Diesseits verdrängt wird, wird Drangsal nach dem Tod - bis hin zur Wiedergeburt und zwar ohne alle Erinnerung. Denn was man verbockt hat, muß die Ziege der Zeit austragen.

Deshalb bleibt uns hier nichts anderes übrig, als jetzt so viel wie möglich das Unterdrückte, das Ungelebte aus den Grüften des Unterbewußtseins aufsteigen zu lassen. Es ist ja nichts anderes, als gebundene Energie, die zu allen möglichen Krankheiten führt, solange sie nicht ins Bewußtsein re-integriert wird. Und auch wenn es schmerzt: Jede Integration zur Lebzeit entlastet den nachtodlichen Ablauf und macht ihn friedvoller, nimmt dem Tod seine Sense quasi. Ob dabei ein Psychologe hilfreich sein kann, weiß ich nicht, habe aber so meine Zweifel, weil ich an allem, was vom Staat seine Berechtigung ausgesprochen bekommt, seit jeher  Zweifel habe.

Jeder Gedanke ist Energie. Wenn wir eine Beziehung zu dem hatten, der sich das Leben nahm, so ist es gut, ihm viele gute Wünsche zu schicken, für ihn zu beten, oder wie immer wir das auch nennen. Es wird ihm auf jeden Fall helfen, die Gefahren in der Zwischenwelt zu meistern, so daß er eine neue Chance erhält. Zweifle nicht daran!
 
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Kommentare zu diesem Text

Stelzie (55)
(24.01.17)
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 LotharAtzert meinte dazu am 24.01.17:
"... zwischen Leben und Tod, weit weg von allen was für uns greifbar oder erklärbar ist". -
Ja, vielen Dank, Kerstin,
Liebe Grüße auch an Dich
Lothar
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