Inneres Ausland

Gedicht

von  miljan

Ich such das Land, von dem aus meine Reise
vor all den Jahren ihren Ausgang nahm,
auf jeder Karte, doch woher ich kam,
weiß ich so wenig wie auf welche Weise.

Mir helfen weder Kompass noch Radar,
doch manchmal stoße ich auf ein Detail,
das plötzlich auftaucht und mich wie ein Pfeil
auf etwas hinweist, das ich so nicht sah.

Ich such das Land, das ich so jung verließ,
und nähere mich seinen Grenzen an,
wo ich sie ahne und so weit ich kann,
wie einem eingestürzten Paradies.

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Kommentare zu diesem Text


 princess (12.02.18)
Lieber miljan,

Inneres Ausland
ist ein Titel, der mich anspricht. Mal in die eigene innere Fremde zu gucken, das finde ich spannend!

Es fällt mir auch nach mehrmaligem Lesen etwas schwer, in die Melodie des Gedichtes zu finden. Ich habe es mir sogar extra laut vorgelesen, um dem Rhythmus auf die Spur zu kommen. Aber für mich bleibt er sperrig, was ja bei der Thematik vielleicht sogar Sinn macht. Wobei ich natürlich nicht weiß, ob das von dir so intendiert ist oder ob ich nur eine sperrige Leserin bin.

Du berichtest von einer Reise, die LyrI sehr zu beschäftigen scheint. Die Reise nahm ihren Ausgang
vor all den Jahren
und das Land wird
auf jeder Karte
gesucht, übliche Navigationsgeräte versagen, die Grenzen sind nur zu ahnen. Vor dem Hintergrund dieser Bilder stelle ich mir einen Entdecker vor, der von Leidenschaft und Sehnsucht getrieben unterwegs ist. Im eher verhaltenen Klang des Gedichtes finde ich ihn nicht so recht. Aber in dem
eingestürzten Paradies
ganz am Schluss, da kann ich ihn sehen.

Es war mir eine Freude, mich mit deinem Gedicht zu beschäftigen. Das wollte ich nicht unerwähnt lassen.

Liebe Grüße
princess

 niemand meinte dazu am 12.02.18:
Ich habe grade den obigen Kommentar gelesen und bin äußerst erstaunt, dass dieses Gedicht "sperrig" zu lesen sein soll.
Für mich liest es sich glatt, durchweg glatt, ob laut, oder leise.
Ich bin sofort in die Melodie eingestiegen.
Mit lieben Grüßen, niemand

 princess antwortete darauf am 12.02.18:
Ich zitiere mal einen Satz weiter aus demselben Kommentar, liebe Irene:
Wobei ich natürlich nicht weiß, ob das von dir so intendiert ist oder ob ich nur eine sperrige Leserin bin.

 miljan schrieb daraufhin am 12.02.18:
Vielen Dank euch beiden für eure Kommentare und dir, princess, für deine ja auch recht ausführliche Auseinandersetzung mit dem Gedicht. Dass es sich holprig für dich liest, hat mich erstaunt, was keineswegs heißt, dass es nicht tatsächlich holpern kann. Manchmal droht ja eine Art Betriebsblindheit, bei der man von Anfang an so sehr metrumentsprechend liest, dass einem gar nicht mehr auffällt, dass man sich dabei zu sehr von der Alltagsbetonung entfernt. Ich habe allerdings auch nach nochmaligen Lesen nach deinem Kommentar keine Stolperer entdeckt. An welchen Stellen konkret, das finde ich wirklich interssant, holpert es für dich denn? Den Punkt mit dem Entdecker kann ich nachvollziehen - gewissermaßen ist es ja eine sehr ambivalente Suche, das Paradies liegt in Trümmern; vielleicht erklärt das das Verhaltene und die Einschränkung der Sehnsucht.

Einen schönen Abend euch!

Liebe Grüße,
miljan

 princess äußerte darauf am 13.02.18:
Das Gedicht liest sich für mich nicht holprig, lieber miljan, sondern sperrig. Am Metrum kann ich das kaum festmachen, weil ich definitiv keine Versmaß-Spezialistin bin. Es ist allein so, dass der Text - allein für mein Empfinden - nicht so recht fließt. Inzwischen ist er mir durch das wiederholte Lesen natürlich bereits viel vertrauter. Doch anfänglich erschloss sich mir der Inhalt hinter der Form nicht so ohne weiteres und ich musste definitiv öfter lesen, um zu verstehen.

Da ich aber die Einzige zu sein scheine, der es beim Lesen so ging, ist dies wahrscheinlich eher ein Rezeptions- als ein Konstruktionsproblem.

Liebe Grüße
princess

 miljan ergänzte dazu am 13.02.18:
Liebe princess,

ah, dann habe ich dich da missverstanden. Vielleicht ist es auch weder ein Rezeptions- noch ein Konstruktionsproblem; es kann ja durchaus sein, dass der Text für dich, anders als für andere, nicht gut fließt, ohne dass das heißt, du würdest ihn falsch lesen. In diesem Sinne danke ich dir für die Mitteilung deiner Eindrücke und auch für die Beantwortung meiner Frage im Anschluss!

Liebe Grüße,
miljan

 EkkehartMittelberg (12.02.18)
Vielleicht verliert sich Xenophobie bei dem Gedanken, dass es inneres Ausland gibt.
LG
Ekki

 miljan meinte dazu am 12.02.18:
Tatsächlich wird diese Formulierung Freuds, auf die der Titel anspielt, auch in der Erforschung der psychischen Dimensionen der Xenophobie verwendet, soweit ich weiß. Vielen Dank für deinen Kommentar.

 W-M (12.02.18)
sehr schön

 miljan meinte dazu am 12.02.18:
danke!
matwildast (37)
(12.02.18)
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 miljan meinte dazu am 12.02.18:
Wenn jemand das sagen kann, was du versucht bist zu sagen, freut mich das sehr; es ist schön, wenn mir das gelingt.
Vielen Dank für deinen Kommentar!
matwildast (37) meinte dazu am 12.02.18:
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ues (34)
(12.02.18)
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 miljan meinte dazu am 12.02.18:
Oh, das kann man durchaus so lesen, finde ich als Interpretation auch interessant, war so aber nicht intendiert. Der Titel ist eine Formulierung Freuds, der damit das Unbewusste, einem Entzogene, insofern innere Ausland meinte. Das war mein Hintergrund, aber ich denke, das Gedicht lässt auch gut andere Interpretationen wie die deine zu. Danke auf jeden Fall für deinen Kommentar. :)

Liebe Grüße,
miljan
Echo (34)
(12.02.18)
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 miljan meinte dazu am 23.02.18:
Das innere Ausland, fürchte ich, wird an jedem Ort auf der Erde gleich nah oder fern sein. :)

 GastIltis (13.02.18)
Hallo Miljan, die Zeilen haben es in sich. Mich erinnern sie an Eduard Mörike. Im Moment experimentiere ich mit seinem Land Orplid:
„Orplid, Orplid, dein fernes Leuchten,
wirf es den Göttern ins Gesicht.“
Das Paradies wird Mühsal und Plage sein. Und Fröhlichkeit. Ein schönes Gedicht. LG von Gil.

 miljan meinte dazu am 23.02.18:
Vielen Dank, Gil, für deinen Kommentar. Schön dass es dir gefällt!
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