Ich wollte dich (nicht) vergewaltigen
Erzählung zum Thema Abgrund
von Remy
Jeden Tag der gleiche Scheiß. Jeden Tag schleppt Nevin sich zur Arbeit. Früh morgens klingelt der Wecker, schreckt ihn auf. Am liebsten möchte er nach ihm greifen und ihn gegen die Wand schmettern, aber er weiß, dass er am nächsten Tag nicht wach werden würde. Doch genau das wünscht er sich jeden Tag. Auf dem Weg zur Arbeit hört er Musik. Er steht in der Metro, klammert sich mit beiden Händen an den schmandigen Stangen fest. Seine Hände rutschen mehr als seine Füße durch das Rütteln der Bahn am Boden. Er ekelt sich. Sobald er das Bürogebäude betritt, läuft er ohne Umwege ins Bad, um sich die Hände zu waschen. Beinahe jeden Monat wird er von einem Infekt heimgesucht. Die Bakterien, die sich über jede noch so kleine Fläche in der Metro verteilen, sind schuld. Sie kleben an ihm, als könnten sie nicht ohne ihn sein. Niemand denkt sonst an ihn. Keiner vermisst ihn. Das Telefon schweigt, aber bleibt auf laut gestellt. Das Telefonat hat seit Monaten nicht geklingelt. Das letzte Mal rief ihn eine reizende Frau an. Sie wollte eine Umfrage machen. Er machte mit, um so lange wie möglich in den Genuss ihrer Stimme zu kommen. Das Einzige, was ihn glücklich macht, sind seine Tagträumereien, sobald er eine schöne Frau erblickt. Und diese sieht er überall in Paris. Im Bus auf dem Weg zur Metrostation, in der Buchhandlung oder in der Metro. Er liebt die Metro. Sie ist das reinste Paradies. Die Frauen tragen enge Hosen, kurze Röcke, große Ausschnitte und bleiben dabei trotzdem grazil und unschuldig. Wenn man ihr Äußeres beschreibt, sehen sie aus wie Prostituierte, doch in der Realität erinnern sie an Engel, die aber vor Arroganz strotzen.
Wie gerne würde er ihnen die Arroganz aus dem Gesicht ficken, bis aus ihrer Arroganz Angst wird.
Zu oft hat er daran gedacht, zu selten hat er sich getraut. Der erste Schritt ist der Schwerste. Es fällt ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Sein Französisch ist nicht gut genug. Es ist nicht seine Muttersprache, aber er kann "Voulez-vous coucher avec moi?" fragen. Das reicht. Auch wenn dieser Satz noch nie funktioniert hat.
Im Büro sitzt er wie seine Arbeitskollegen 7 Stunden vor dem Computer. Man nutzt jede Gelegenheit, um eine Kaffee- oder Zigarettenpause zu machen, aber niemals zusammen, weil zwei Pausen besser sind als eine. Seine Zigarette raucht er stets draußen vor der Tür des Unternehmens, statt auf der Dachterrasse, weil er von hier aus einen besseren Überblick auf die reizenden Frauen hat, die zu Dutzenden auf den Gehwegen an ihm vorbeiziehen. Von oben hat er im Sommer den perfekten Ausblick und Einblick in ihre Dekoletées. Sogar die Frauen, die mit Kopftüchern rumlaufen, sind stark geschminkt und schlank, als seien sie die Sexsklaven eines islamistischen Patriarchen. Sie sollen sich verhüllen, um keinen anderen Männern zu gefallen, aber Nevin ist trotzdem fasziniert. Er ist nicht rassistisch, aber je weißer, desto besser. Ab und an eine rassiges Schwarzkopfmädchen ist auch okay.
Manchmal macht er sich morgens extra hübsch, zieht sich schicke Schuhe an, pflegt seine Hände und Fingernägel, gelt sich die Haare zurück. Alles nur um den Frauen zu gefallen. Doch in den Metros interessieren sie sich ausschließlich für ihre Bücher, Smartphones oder Fensterspiegelungen. Jedes Mal fragt er sich, “Warum tragen sie keine Scheuklappen und sehen nur mich?”. Er möchte geliebt werden.
Nevin hatte sein Monaten keinen Sex mehr. Seine letzte Frau war eine Prostituierte, die er in Montmartre rauchend vor ihrer Wohnung vorfand. Sie stank nach Kaffee und Billigtabak, aber er musste sie ja nicht küssen. Also rein, raus, in die Wohnung und in sie. Danach noch eine Fluppe auf dem Balkon zur Südseite. Prostitution ist in Frankreich verboten. Deshalb wird in Privatwohnungen gebumst - ganz unauffällig. Jedenfalls ist das acht Monate her. Wenn er sich auf der Arbeit manchmal nicht konzentrieren kann, zieht er sich auf die Herrentoilette zurück und onaniert zu dieser Erinnerung. Dann geht’s wieder.
Highlight des Tages ist die Vorfreude auf seine Mietze. Sie hieß Marta. Den gleichen Namen trug seine Ex-Frau, mit der er vierzehn Jahre liiert war. Als Marta ging, kaufte er sich Marta. Hätte er Freunde, sie würden ihn deshalb auslachen. Oft bespaßte er sie mit einem Laserpointer. Den gab es zum Spottpreis bei Fnac. Er pflegte kein näheres Verhältnis zu seinen Arbeitskollegen. Sie hielten ihn für einen verschlossenen Mann, der aber konzentriert seiner Arbeit nachging und gute Ergebnisse für das Unternehmen erzielte. Zu seinem letzten Geburtstag schenkten sie ihm einen Gutschein - für Fnac natürlich. Er hatte mit Elektronik nicht viel am Hut. Er besaß weder Handy noch Fernseher. Wenn er nichts mit sich anzufangen wusste, setzte er sich ans Fenster, starrte raus zur Straße und beobachtete das Geschehen. Gegenüber von ihm befand sich eine Grundschule. Die Eltern der Kinder versammelten sich kurz vor 18 Uhr vor den beiden Eingängen. Seine Tochter erblickte er nicht. Sie ging auf eine andere Schule und ihn aus dem Weg. Er hat seit ein paar Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr. Seine Ex-Frau gewann vor Gericht, er hatte keine Chance. Nevin sei ein schlechter Mensch, sagte sie. Er habe sie betrogen! Er bereute es, Marta betrogen zu haben. Dennoch war er in seiner Ehe nie hundertprozentig glücklich, da er sich sexuell unerfüllt fühlte. Seine Frau mochte es nicht, wenn es beim Sex härter zur Sache ging, sie fühlte sich dabei wie eine Nutte, dabei drang Nevin lediglich tief in sie ein, weil er es mit Worten niemals schaffte. Es war seine Art zu zeigen, wie sehr er ihr verfallen war. Weil es aber nicht funktionierte, war es die logische Konsequenz, dass er seine Triebe bei einer Affäre befriedigen musste. Mit ihr lebte er seine sexuellen Vorlieben aus. Nie waren Gefühle dabei. Sie war nur Mittel zum Zweck, aber das wusste sie. Für sie war Nevin ebenfalls nur ein Zeitvertreib. Es harmonierte gut. Als die Ehe endete, verlor er schließlich auch den Reiz an seiner Affäre. Hätte er gewusst, dass er anschließend wenig Erfolg bei Frauen haben würde, hätte er es sich anders überlegt.
Sein Essen kaufte er sich bei Picard, wärmte es in der Mikrowelle oder im Ofen auf. Sie hießen Maria und Frida. Also die Mikrowelle Maria. Der Ofen Frida. Er fühlte sich weniger alleine, als er in der Küche saß und darauf wartete, dass die beiden sein Essen zubereiteten. Manchmal ließ er Frida an, solange er aß. Er wusste, es gehe keine Gefahr von ihr aus, solange er sich mit ihr in der Küche befand. Sie konnte ja auch nicht weglaufen. Das gefiel ihm. Als Frida eines Tages den Geist aufgab, weinte er. Wenige Tage später wurde Frida durch Louise ersetzt.
Das Gute an seinem Beruf war, dass er immerhin genügend Geld verdiente, um gut über die Runden zu kommen. Reparaturen waren ihm zu nervtötend. Wenn etwas kaputt ging, kaufte er einfach ein neues Modell.
Eines Tages beschloss er, mit dem Lesen zu beginnen. Er hatte die Hoffnung, die Frauen in der Metro würden sich dann mehr für ihn interessieren. Wie kann eine Frau einem Mann mit Buch widerstehen? C’est impossible! Wegen der Vielzahl an schönen Frauen, fiel es ihm aber sichtlich schwer, sich auf den Inhalt der Bücher zu fokussieren. Mit seinen Gedanken schweifte er immerzu ab. Zwar sahen ihn vermehrt Frauen an, aber mehr versuchten sie einen Blick auf den Titel des Buches zu erhaschen. Wenn er sein Buch vergaß und der selben Frau in der Metro begegnete, die am Vortag in Richtung seines Buches herübersah, ignorierte sie ihn am Folgetag. Trotzdem behielt Nevin das Lesen bei. Er klammerte sich an jene Hoffnung, als wäre es die einzige Möglichkeit, irgendwann wieder mit einer Frau ins Gespräch zu kommen. Dass er sein Sexappeal verlor, lag vor allem darin, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Haut wohl fühlte. Auch weil er lange keinen Erfolg mehr bei Frauen hatte.
Es war ein Dienstag im Oktober. Es war kalt und nass. Seine Arbeitskollegin, mit der er eng zusammenarbeiten musste, regte sich darüber auf, dass er ihr keine Antwort gab, als er vertieft seiner Arbeit nachging. Nevin ärgerte sich so sehr darüber, dass er fluchend zur Toilette schritt, um sich Luft zu machen! „Diese dämliche Scheißfotze! Ich hasse sie. Ich hoffe, sie verblutet an ihren Tagen!“, schrie er. Glücklicherweise verstand niemand seine Muttersprache. Alle Kollegen waren Franzosen. Die Wände waren dick. Er fühlte sich sicher.
Nach der Arbeit war er noch immer wütend und schritt durch das 11. Arrondissement. Er setzte sich auf eine Treppenstufe eines Wohnhauses und starrte vor sich hin. Die Straße war wie leer gefegt. Eine junge Brünette spazierte im üblichen Schritttempo an ihm vorbei. Sie hatte einen gebrochenen Arm. Ihr Gips war mit irgendwelchen Floskeln und Krikkeleien beschmutzt. Sie schien beliebt zu sein. Sie war maximal 18 Jahre alt. Ihre Haare lagen sanft auf ihren Schultern. Sie trug kein Make-up, dafür roten Lippenstift. Über einem eng anliegenden Top, trug sie eine Vintage-Jeansjacke. Eine enge schwarze Jeans formte ihren Hintern. Sie sah seiner Tochter ähnlich, aber sie war es nicht. Als Nevin fast ihren Blick verlor, stand er auf und folgte ihr. Eine damalige Freundin gab ihm den Tipp, Menschen zu folgen, die er interessant fand, um an neue spannende Orte zu gelangen. Also folgte er ihr in die Metro. Sie fuhr in die Innenstadt, um in den RER umzusteigen. Er folgte ihr bis ins südliche Banlieue. Es war bereits dunkel geworden. Sein Blick klebte an ihrem Arsch.
„Hey, kurze Frage!“, rief er ihr hinterher. Sie ignorierte ihn und ging schnellen Schrittes weiter. Nevin wollte die für ihn brünett aussehende Barbie fragen, ob sie mit ihm etwas trinken gehen würde, aber sie schien kein Interesse zu haben, auch ohne dass er sie fragte. Es machte ihn wütend, so ignorant behandelt zu werden. Er rannte zu ihr, richtete sich vor ihr auf und entgegnete laut „Hey, warum antwortest du mir nicht, wenn ich dich etwas frage?“ Sie schwieg. „Würdest du etwas mit mir trinken gehen?“ „Nein.“ antwortete sie lakonisch, aber selbstbewusst. Sie war einer dieser arroganten Fotzen, die er so verachtete, zu denen er aber stets onanierte. Mit einer Hand packte er ihren Hals wie den eines unzahmen Köters, mit der anderen schlug er in ihren Bauch. Sie fiel zu Boden. Nevin zog sein Knie bis zur Brust hoch und trat mit voller Kraft auf ihren gebrochenen Arm. Sie schrie so laut, dass sich sein kompletter Körper mit Gänsehaut überzog. Sein Schwanz war härter als je zuvor. „Halts Maul, du Schlampe!“ schrie Nevin. Er zog sie an ihren Haaren rauf und küsste sie auf den Mund! Sie versuchte ihren Kopf wegzudrehen! Er gab ihr ihr eine Schelle als Antwort und zog sie auf den Spielplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er riss ihre Jeansjacke vom Leib, schmiss sie wie Abfall wieder zu Boden und stürzte sich auf sie. Er biss ihr in den Hals. Zwischen seinen Zähnen drückte das heraus gerissene Fleisch. Er zog ihr Top nach unten und biss ihr mitten in ihre mittelgroßen Brüste. Dabei hielt er ihren Mund zu. Als sie ihn aus Reflex beißen wollte, schlug er mit der Handkante gegen ihre Stirn, dann stopfte er den Ärmel der Jeansjacke in ihren Mund. „Du dummes Drecksstück, was fällt dir ein! Dir werd’ ichs zeigen!“
Er öffnete ihre Hose und riss sie herunter. Mit Wucht drang er in sie ein und stieß sie so hart, dass er mit seinem Penis förmlich ihr Becken durchbohrte. Sein Schwanz hämmerte gegen eine Wand. Als er fertig war, stand er auf, spuckte ihr ins Gesicht und ließ sie regungslos liegen. Dann machte er sich zurück auf den Weg zum RER.
Zu Hause streichelte er zitternd Marta. Zu diesem Zeitpunkt hatte er kein schlechtes Gewissen. Das Zittern war ein Resultat des Adrenalins. Als er Stunden später zur Ruhe kam, saßen die beiden Tiere auf dem Bettrand und sahen sich schweigend an. Dann kotzte er. Als er sich die letzten Brocken vom Mund wischte, hielt er kurz inne. Sein Penis war steif.
Am nächsten Morgen recherchierte er im Internet, ob etwas über den Vorfall geschrieben wurde, aber er entdeckte nichts. Er ging wieder zur Arbeit. Alles war wie zuvor. Nach langer Zeit war er das erste Mal die Ruhe selbst. Nicht einmal von seiner verhassten Kollegin konnte sein gelassener Gemütszustand getrübt werden. Nach seiner Arbeit setzte er sich auf eine Bank im Jardin du Luxembourg. Die Blätter der Bäume waren herbstlich gelb. Die Kinder spielten wie gewohnt mit ihren Booten an den Brunnen. Bei jeder vorbeigehenden Frau sah er das Gesicht des Mädchens. Es hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt. Sein Glied richtete sich erneut auf. In seinem Kopf spielte sich der Film wieder und wieder von Neuem ab. Nevin wollte nicht mehr daran denken, trotzdem gefiel es seinem Penis. Er betrachtete den Palast. Er warf sogar einen Blick zu den Männern, aber alles half nichts. Er erinnerte sich nicht mehr an die Zeit zwischen dem RER und dem Streicheln Martas. Nun dachte er an seine Ex-Frau und begann sich zum ersten Mal zu schämen. Sein Schwanz richtete sich erneut auf.
Zwei Tage später stand morgens die Polizei vor seiner Tür. Nevin stand bereits mit Jacke und Aktenkoffer sprachlos im Flur. „Herr Mulda, Sie müssen mit uns kommen. Gegen Sie wurde ein Haftbefehl erhoben.“ Nevin reagierte nüchtern und ließ sich abführen.
Daraufhin ging alles sehr schnell. Nur wenige Tage nach seiner U-Haft wurde er dem Richter vorgeführt. Er saß neben einem von der Justiz gestellten Anwalt auf der Anklagebank. Zum Glück war er männlich, er würde ihn verstehen. In der Mitte des Saales sprach sie. Ihm stockte kurz der Atem, als er sah, dass sie blonde Haare trug. Alles an ihr sah nicht nach der brünetten Barbie aus, die er schlug und küsste, aber sie muss es gewesen sein. Sie weinte, während sie detailliert von der Tat berichtete. In ihren Augen war trotz der Tränen nur Leere zu erkennen. „Kein Ekel.“, dachte er. Während er dort saß, wanderte seine Hand zu seinem Schoß. Sein Kopf glühte, seine Ohren waren rot. Er dachte an nichts. Mit seiner rechten Hand griff er seine Erektion. Sie sprach, er knetete. Niemand im Saal bemerkte es. Kurz darauf ejakulierte er heftig aber stumm in seine Hose. Vom Prozess bekam er nichts mit und sie nichts von seinem. Nevin überhörte sogar das abschließende Urteil. Minuten oder Stunden lagen dazwischen. Zu seiner Verwunderung kam er nicht direkt in ein Gefängnis, sondern in eine geschlossene Anstalt. Das psychologische Gutachten verwies auf eine psychologische Störung. Nevin glaubte nicht, dass er krank war. Es muss ein Irrtum gewesen sein. Er ist gesund. Nevins Erinnerungen an den Vorfall, an den Prozess und alles, was danach passierte, verschwanden zunehmend. Er entfremdete sich. Er fühlte sich berauscht. Es lag nicht nur an den Tabletten, die man ihm verabreichte.
Die Zeit verstrich. Ihm gefiel sein neues Leben. Die Anstalt war weniger Gefängnis als seine Arbeitsstätte. Ihm wurde das Essen serviert, ohne dass er etwas dafür tun musste. Es schmeckte besser als die Fertigprodukte von Picard. Manchmal vermisste er seine kleine Marta. Sehnte sich danach, sie zu streicheln. Er sah durch die Gitterstäbe nach draußen. Keine Frau war zu sehen. Seit Wochen hat er keine entdeckt. Alles in allem fühlte er sich zufrieden und frei.
Wie gerne würde er ihnen die Arroganz aus dem Gesicht ficken, bis aus ihrer Arroganz Angst wird.
Zu oft hat er daran gedacht, zu selten hat er sich getraut. Der erste Schritt ist der Schwerste. Es fällt ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Sein Französisch ist nicht gut genug. Es ist nicht seine Muttersprache, aber er kann "Voulez-vous coucher avec moi?" fragen. Das reicht. Auch wenn dieser Satz noch nie funktioniert hat.
Im Büro sitzt er wie seine Arbeitskollegen 7 Stunden vor dem Computer. Man nutzt jede Gelegenheit, um eine Kaffee- oder Zigarettenpause zu machen, aber niemals zusammen, weil zwei Pausen besser sind als eine. Seine Zigarette raucht er stets draußen vor der Tür des Unternehmens, statt auf der Dachterrasse, weil er von hier aus einen besseren Überblick auf die reizenden Frauen hat, die zu Dutzenden auf den Gehwegen an ihm vorbeiziehen. Von oben hat er im Sommer den perfekten Ausblick und Einblick in ihre Dekoletées. Sogar die Frauen, die mit Kopftüchern rumlaufen, sind stark geschminkt und schlank, als seien sie die Sexsklaven eines islamistischen Patriarchen. Sie sollen sich verhüllen, um keinen anderen Männern zu gefallen, aber Nevin ist trotzdem fasziniert. Er ist nicht rassistisch, aber je weißer, desto besser. Ab und an eine rassiges Schwarzkopfmädchen ist auch okay.
Manchmal macht er sich morgens extra hübsch, zieht sich schicke Schuhe an, pflegt seine Hände und Fingernägel, gelt sich die Haare zurück. Alles nur um den Frauen zu gefallen. Doch in den Metros interessieren sie sich ausschließlich für ihre Bücher, Smartphones oder Fensterspiegelungen. Jedes Mal fragt er sich, “Warum tragen sie keine Scheuklappen und sehen nur mich?”. Er möchte geliebt werden.
Nevin hatte sein Monaten keinen Sex mehr. Seine letzte Frau war eine Prostituierte, die er in Montmartre rauchend vor ihrer Wohnung vorfand. Sie stank nach Kaffee und Billigtabak, aber er musste sie ja nicht küssen. Also rein, raus, in die Wohnung und in sie. Danach noch eine Fluppe auf dem Balkon zur Südseite. Prostitution ist in Frankreich verboten. Deshalb wird in Privatwohnungen gebumst - ganz unauffällig. Jedenfalls ist das acht Monate her. Wenn er sich auf der Arbeit manchmal nicht konzentrieren kann, zieht er sich auf die Herrentoilette zurück und onaniert zu dieser Erinnerung. Dann geht’s wieder.
Highlight des Tages ist die Vorfreude auf seine Mietze. Sie hieß Marta. Den gleichen Namen trug seine Ex-Frau, mit der er vierzehn Jahre liiert war. Als Marta ging, kaufte er sich Marta. Hätte er Freunde, sie würden ihn deshalb auslachen. Oft bespaßte er sie mit einem Laserpointer. Den gab es zum Spottpreis bei Fnac. Er pflegte kein näheres Verhältnis zu seinen Arbeitskollegen. Sie hielten ihn für einen verschlossenen Mann, der aber konzentriert seiner Arbeit nachging und gute Ergebnisse für das Unternehmen erzielte. Zu seinem letzten Geburtstag schenkten sie ihm einen Gutschein - für Fnac natürlich. Er hatte mit Elektronik nicht viel am Hut. Er besaß weder Handy noch Fernseher. Wenn er nichts mit sich anzufangen wusste, setzte er sich ans Fenster, starrte raus zur Straße und beobachtete das Geschehen. Gegenüber von ihm befand sich eine Grundschule. Die Eltern der Kinder versammelten sich kurz vor 18 Uhr vor den beiden Eingängen. Seine Tochter erblickte er nicht. Sie ging auf eine andere Schule und ihn aus dem Weg. Er hat seit ein paar Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr. Seine Ex-Frau gewann vor Gericht, er hatte keine Chance. Nevin sei ein schlechter Mensch, sagte sie. Er habe sie betrogen! Er bereute es, Marta betrogen zu haben. Dennoch war er in seiner Ehe nie hundertprozentig glücklich, da er sich sexuell unerfüllt fühlte. Seine Frau mochte es nicht, wenn es beim Sex härter zur Sache ging, sie fühlte sich dabei wie eine Nutte, dabei drang Nevin lediglich tief in sie ein, weil er es mit Worten niemals schaffte. Es war seine Art zu zeigen, wie sehr er ihr verfallen war. Weil es aber nicht funktionierte, war es die logische Konsequenz, dass er seine Triebe bei einer Affäre befriedigen musste. Mit ihr lebte er seine sexuellen Vorlieben aus. Nie waren Gefühle dabei. Sie war nur Mittel zum Zweck, aber das wusste sie. Für sie war Nevin ebenfalls nur ein Zeitvertreib. Es harmonierte gut. Als die Ehe endete, verlor er schließlich auch den Reiz an seiner Affäre. Hätte er gewusst, dass er anschließend wenig Erfolg bei Frauen haben würde, hätte er es sich anders überlegt.
Sein Essen kaufte er sich bei Picard, wärmte es in der Mikrowelle oder im Ofen auf. Sie hießen Maria und Frida. Also die Mikrowelle Maria. Der Ofen Frida. Er fühlte sich weniger alleine, als er in der Küche saß und darauf wartete, dass die beiden sein Essen zubereiteten. Manchmal ließ er Frida an, solange er aß. Er wusste, es gehe keine Gefahr von ihr aus, solange er sich mit ihr in der Küche befand. Sie konnte ja auch nicht weglaufen. Das gefiel ihm. Als Frida eines Tages den Geist aufgab, weinte er. Wenige Tage später wurde Frida durch Louise ersetzt.
Das Gute an seinem Beruf war, dass er immerhin genügend Geld verdiente, um gut über die Runden zu kommen. Reparaturen waren ihm zu nervtötend. Wenn etwas kaputt ging, kaufte er einfach ein neues Modell.
Eines Tages beschloss er, mit dem Lesen zu beginnen. Er hatte die Hoffnung, die Frauen in der Metro würden sich dann mehr für ihn interessieren. Wie kann eine Frau einem Mann mit Buch widerstehen? C’est impossible! Wegen der Vielzahl an schönen Frauen, fiel es ihm aber sichtlich schwer, sich auf den Inhalt der Bücher zu fokussieren. Mit seinen Gedanken schweifte er immerzu ab. Zwar sahen ihn vermehrt Frauen an, aber mehr versuchten sie einen Blick auf den Titel des Buches zu erhaschen. Wenn er sein Buch vergaß und der selben Frau in der Metro begegnete, die am Vortag in Richtung seines Buches herübersah, ignorierte sie ihn am Folgetag. Trotzdem behielt Nevin das Lesen bei. Er klammerte sich an jene Hoffnung, als wäre es die einzige Möglichkeit, irgendwann wieder mit einer Frau ins Gespräch zu kommen. Dass er sein Sexappeal verlor, lag vor allem darin, dass er sich nicht mehr in seiner eigenen Haut wohl fühlte. Auch weil er lange keinen Erfolg mehr bei Frauen hatte.
Es war ein Dienstag im Oktober. Es war kalt und nass. Seine Arbeitskollegin, mit der er eng zusammenarbeiten musste, regte sich darüber auf, dass er ihr keine Antwort gab, als er vertieft seiner Arbeit nachging. Nevin ärgerte sich so sehr darüber, dass er fluchend zur Toilette schritt, um sich Luft zu machen! „Diese dämliche Scheißfotze! Ich hasse sie. Ich hoffe, sie verblutet an ihren Tagen!“, schrie er. Glücklicherweise verstand niemand seine Muttersprache. Alle Kollegen waren Franzosen. Die Wände waren dick. Er fühlte sich sicher.
Nach der Arbeit war er noch immer wütend und schritt durch das 11. Arrondissement. Er setzte sich auf eine Treppenstufe eines Wohnhauses und starrte vor sich hin. Die Straße war wie leer gefegt. Eine junge Brünette spazierte im üblichen Schritttempo an ihm vorbei. Sie hatte einen gebrochenen Arm. Ihr Gips war mit irgendwelchen Floskeln und Krikkeleien beschmutzt. Sie schien beliebt zu sein. Sie war maximal 18 Jahre alt. Ihre Haare lagen sanft auf ihren Schultern. Sie trug kein Make-up, dafür roten Lippenstift. Über einem eng anliegenden Top, trug sie eine Vintage-Jeansjacke. Eine enge schwarze Jeans formte ihren Hintern. Sie sah seiner Tochter ähnlich, aber sie war es nicht. Als Nevin fast ihren Blick verlor, stand er auf und folgte ihr. Eine damalige Freundin gab ihm den Tipp, Menschen zu folgen, die er interessant fand, um an neue spannende Orte zu gelangen. Also folgte er ihr in die Metro. Sie fuhr in die Innenstadt, um in den RER umzusteigen. Er folgte ihr bis ins südliche Banlieue. Es war bereits dunkel geworden. Sein Blick klebte an ihrem Arsch.
„Hey, kurze Frage!“, rief er ihr hinterher. Sie ignorierte ihn und ging schnellen Schrittes weiter. Nevin wollte die für ihn brünett aussehende Barbie fragen, ob sie mit ihm etwas trinken gehen würde, aber sie schien kein Interesse zu haben, auch ohne dass er sie fragte. Es machte ihn wütend, so ignorant behandelt zu werden. Er rannte zu ihr, richtete sich vor ihr auf und entgegnete laut „Hey, warum antwortest du mir nicht, wenn ich dich etwas frage?“ Sie schwieg. „Würdest du etwas mit mir trinken gehen?“ „Nein.“ antwortete sie lakonisch, aber selbstbewusst. Sie war einer dieser arroganten Fotzen, die er so verachtete, zu denen er aber stets onanierte. Mit einer Hand packte er ihren Hals wie den eines unzahmen Köters, mit der anderen schlug er in ihren Bauch. Sie fiel zu Boden. Nevin zog sein Knie bis zur Brust hoch und trat mit voller Kraft auf ihren gebrochenen Arm. Sie schrie so laut, dass sich sein kompletter Körper mit Gänsehaut überzog. Sein Schwanz war härter als je zuvor. „Halts Maul, du Schlampe!“ schrie Nevin. Er zog sie an ihren Haaren rauf und küsste sie auf den Mund! Sie versuchte ihren Kopf wegzudrehen! Er gab ihr ihr eine Schelle als Antwort und zog sie auf den Spielplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er riss ihre Jeansjacke vom Leib, schmiss sie wie Abfall wieder zu Boden und stürzte sich auf sie. Er biss ihr in den Hals. Zwischen seinen Zähnen drückte das heraus gerissene Fleisch. Er zog ihr Top nach unten und biss ihr mitten in ihre mittelgroßen Brüste. Dabei hielt er ihren Mund zu. Als sie ihn aus Reflex beißen wollte, schlug er mit der Handkante gegen ihre Stirn, dann stopfte er den Ärmel der Jeansjacke in ihren Mund. „Du dummes Drecksstück, was fällt dir ein! Dir werd’ ichs zeigen!“
Er öffnete ihre Hose und riss sie herunter. Mit Wucht drang er in sie ein und stieß sie so hart, dass er mit seinem Penis förmlich ihr Becken durchbohrte. Sein Schwanz hämmerte gegen eine Wand. Als er fertig war, stand er auf, spuckte ihr ins Gesicht und ließ sie regungslos liegen. Dann machte er sich zurück auf den Weg zum RER.
Zu Hause streichelte er zitternd Marta. Zu diesem Zeitpunkt hatte er kein schlechtes Gewissen. Das Zittern war ein Resultat des Adrenalins. Als er Stunden später zur Ruhe kam, saßen die beiden Tiere auf dem Bettrand und sahen sich schweigend an. Dann kotzte er. Als er sich die letzten Brocken vom Mund wischte, hielt er kurz inne. Sein Penis war steif.
Am nächsten Morgen recherchierte er im Internet, ob etwas über den Vorfall geschrieben wurde, aber er entdeckte nichts. Er ging wieder zur Arbeit. Alles war wie zuvor. Nach langer Zeit war er das erste Mal die Ruhe selbst. Nicht einmal von seiner verhassten Kollegin konnte sein gelassener Gemütszustand getrübt werden. Nach seiner Arbeit setzte er sich auf eine Bank im Jardin du Luxembourg. Die Blätter der Bäume waren herbstlich gelb. Die Kinder spielten wie gewohnt mit ihren Booten an den Brunnen. Bei jeder vorbeigehenden Frau sah er das Gesicht des Mädchens. Es hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt. Sein Glied richtete sich erneut auf. In seinem Kopf spielte sich der Film wieder und wieder von Neuem ab. Nevin wollte nicht mehr daran denken, trotzdem gefiel es seinem Penis. Er betrachtete den Palast. Er warf sogar einen Blick zu den Männern, aber alles half nichts. Er erinnerte sich nicht mehr an die Zeit zwischen dem RER und dem Streicheln Martas. Nun dachte er an seine Ex-Frau und begann sich zum ersten Mal zu schämen. Sein Schwanz richtete sich erneut auf.
Zwei Tage später stand morgens die Polizei vor seiner Tür. Nevin stand bereits mit Jacke und Aktenkoffer sprachlos im Flur. „Herr Mulda, Sie müssen mit uns kommen. Gegen Sie wurde ein Haftbefehl erhoben.“ Nevin reagierte nüchtern und ließ sich abführen.
Daraufhin ging alles sehr schnell. Nur wenige Tage nach seiner U-Haft wurde er dem Richter vorgeführt. Er saß neben einem von der Justiz gestellten Anwalt auf der Anklagebank. Zum Glück war er männlich, er würde ihn verstehen. In der Mitte des Saales sprach sie. Ihm stockte kurz der Atem, als er sah, dass sie blonde Haare trug. Alles an ihr sah nicht nach der brünetten Barbie aus, die er schlug und küsste, aber sie muss es gewesen sein. Sie weinte, während sie detailliert von der Tat berichtete. In ihren Augen war trotz der Tränen nur Leere zu erkennen. „Kein Ekel.“, dachte er. Während er dort saß, wanderte seine Hand zu seinem Schoß. Sein Kopf glühte, seine Ohren waren rot. Er dachte an nichts. Mit seiner rechten Hand griff er seine Erektion. Sie sprach, er knetete. Niemand im Saal bemerkte es. Kurz darauf ejakulierte er heftig aber stumm in seine Hose. Vom Prozess bekam er nichts mit und sie nichts von seinem. Nevin überhörte sogar das abschließende Urteil. Minuten oder Stunden lagen dazwischen. Zu seiner Verwunderung kam er nicht direkt in ein Gefängnis, sondern in eine geschlossene Anstalt. Das psychologische Gutachten verwies auf eine psychologische Störung. Nevin glaubte nicht, dass er krank war. Es muss ein Irrtum gewesen sein. Er ist gesund. Nevins Erinnerungen an den Vorfall, an den Prozess und alles, was danach passierte, verschwanden zunehmend. Er entfremdete sich. Er fühlte sich berauscht. Es lag nicht nur an den Tabletten, die man ihm verabreichte.
Die Zeit verstrich. Ihm gefiel sein neues Leben. Die Anstalt war weniger Gefängnis als seine Arbeitsstätte. Ihm wurde das Essen serviert, ohne dass er etwas dafür tun musste. Es schmeckte besser als die Fertigprodukte von Picard. Manchmal vermisste er seine kleine Marta. Sehnte sich danach, sie zu streicheln. Er sah durch die Gitterstäbe nach draußen. Keine Frau war zu sehen. Seit Wochen hat er keine entdeckt. Alles in allem fühlte er sich zufrieden und frei.
Kommentare zu diesem Text
Das ist in Ordnung! Niemand muss meine Texte lesen, wenn er es
nicht möchte oder diese uninteressant findet! Das ist doch das Schöne an der Freiheit.
nicht möchte oder diese uninteressant findet! Das ist doch das Schöne an der Freiheit.
Graeculus (69) antwortete darauf am 24.10.18:
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