Norwegen eine erinnernde Geschäftsreise

Erzählung zum Thema Reisen

von  Borek

Norwegen
                                        eine erinnernde Geschäftsreise
Nach der zweiten frustrierende Reise nach Polen, ergab sich für seinen
Bekannten, Dr. Murak B, keineen finanziellen Lichtblick um seine Frau mit zwei kleinen Kindern in München zu ernähren. Den Versuch den Taxiführerschein zu erlangen, misslang.  Arbeit fand er nicht, auch Bastian hatte keine Möglichkeit ihn mit in seine Firma einzubinden. So half er ihn eine lange Strecke mit einem erheblichen, monatlichen finanziellen Obolus, der aber in seiner Partnerschaft zu erheblicher Unruhe führte:
"Schon wieder 3000 DM für Polen?"
Trotz des Verlustes seiner Bademodenvertretung hatte er für zwei Norwegische Firmen den Generalvertrieb in Sportbekleidung für Deutschland übernommen.
Es war eine ältere eingeführte Firma für herrliche Norwegerpullover, und eine junge dynamische Firma mit Sportsbekleidung. Es war eine Freude für diese beiden Unternehmen einen Vertrieb in Deutschland aufzubauen, die auch Leistung anerkannten. So gab es viele Reisen, auch mit Diana, zu Tagungen und Kollektionsvorführungen nach Norwegen, einem Land das er schätzen lernen durfte: Seine Menschen, die Schönheit der Natur, die Gewaltigkeit von Berge und Meer. Er liebte das morgendliche herrliche Frühstück mit seiner unbeschreiblichen Vielfalt, von eingelegten Heringen, Pilzen in Essigsud, Bärenschinken und köstliche Waldbeeren. Es war Brauch, dass man sich auch belegte Brote für den Tag oder die Wanderung richten konnte, ohne dass man schief angesehen wurde, es gehörte zum guten Ton dazu.
Auch deutsche kaufende Kunden wurden von der Firma nach Norwegen eingeladen zur Werksbesichtigung, verbunden mit Ski-Langlauf  auf herrlichen Loipen, in tiefverschneiter Natur. Es festigte die Bindung an die Firma, deren Produkt sie in Deutschland an ihre Kunden  verkauften. Die abendlichen Runden waren gelöst, denn es war eine beeindruckende Reise die feste Bande der Partnerschaft knüpften. Dieses erfolgversprechende Konzept wurde auch später von Bastian in Polen, von seinen deutschen Vertragspartnern, übernommen.

Es war eine fantastische Zusammenarbeit mit diesen Norwegischen Firmen, bis diese Firmen auch ein Konkurs-Aus hinnehmen mussten.
Es war der dritte Konkurs den Bastian mit seiner Firma verkraften musste. Das europäische Sterben der Textilindustrie zeichnete sich zuerst bei kleinen Unternehmen ab, später sollten auch noch stolze Namen, wie Schiesser, folgen.
Bastian erinnert sich noch an einen Kundenbesuch in Oslo. Es war geplant ihm die Präsentation von herrlichen Norweger-Pullovern in einem Geschäft zu zeigen. "Wir fahren einen kleinen Umweg", sagte der Direktor und fuhr mit ihm in ein interessantes Wohngebiet mit prächtigen Villen. "Schauen sie sich dieses Haus an," sagte er ihm, "da habe ich bei der Gestapo monatelang gesessen und wurde gequält und misshandelt"
Hier in dem friedlichen schönen Norwegen, bei Sonnenschein holten ihn die Taten seiner Landsleute wieder ein. Es war eine Randbemerkung für Bastian, aber er merkte seine innere Angespanntheit, er fuhr mit einem Deutschen vorbei an einem Ort, der ihn immer noch an eine schlimme Zeit erinnerte.
Auch in Warschau hatte er ein ähnliches Erlebnis.  Ein Taxifahrer, viel zu alt, zu alt, um noch Taxi zu fahren. Er freute sich aber einen Deutschen fahren zu können. Er versuchte mit reichlichen Gesten zu erzählen: "Er unter der Erde, er geschossen auf Deutsche".
Er war als Kind vermutlich Untergrundkämpfer, der den Krieg und den Aufstand von Warschau lebend überstanden hatte, er musste sein Brot noch mit einen alten klapprigen Taxi verdienen.
Die vielen Gedenktafeln die man an den Häusern sehen kann, sprechen eine besondere Sprache von deutscher Schuld.
Was hatten wir Deutsche für eine Schuld aufgeladen andere Länder zu überfallen: Norwegen, Polen und viele andere Länder. Es sind die Erlebnisberichte von meinem Warschauer Stadtführer, Herrn Masur, die ich in meinem Gepäck mitgenommen hatte, sie holten mich in Oslo wieder ein.
Die Tage des beginnenden Jahres 1945 drängten sich unweigerlich wieder in meine Gedanken. Ein amerikanischer Flugzeugpilot schoss auf mich, als Kind. Der verheerende Bombenangriff auf Dresden den ich aus 2o Kilometern Entfernung miterlebte, zeigte schon mir als Kind, den Wahnsinn eines Krieges.
In solchen Situationen wie in Oslo und Warschau befällt einen eine eigen Art von Scham. "Du bist Deutscher und all diesen Wahnsinn haben deine Landsleute verursacht!"

Verantwortung ist nicht eine Zeitangelegenheit, sondern eine Dauertätigkeit.
Es ist eine Charakterfrage die nicht  ihre Zeit trennt, sondern die Zeit als Dauerzustand betrachtet.
So hatte ich als Deutscher ein deutsches Erbe mit zu tragen.
Ich saß benommen im Wagen und schämte mich, während der Fahrer an seinen Schmerzen durch die Gestapo dachte.
Unvergessliche Gedanken, unvergessene Gefühle, wurden geprägt durch einen sinnlosen, machtbesessenen Anspruch einer Nation "Herrenmensch" zu sein.
So viele kluge Köpfe die denken konnten, stürzten eine Nation von Menschen wie du und ich in ein derartiges Chaos.
Ich schämte mich für mein Vaterland.

Die Bezeichnung Vaterland ist mit dem Begriff Vater verbunden. Es sind die Wurzeln die von den Vorvätern weiter gegeben werden, die auch Erfahrung vererbt und Verantwortung beinhaltet.
Aber Verantwortung ist im ersten Grad die Grundeinstellung für die eigene Leistung.
Ich konnte die Vergangenheit nicht ändern, was geschehen war, war geschehen, aber ich hatte eine Mitverantwortung für die Folgen.
Und wie schrieb meine Mutter 1948 an mich:

"Und handeln sollst du als hänge
von dir und deinem Tun allein
das Schicksal ob der deutschen Dinge
und die Verantwortung wäre dein.

Wenn man in so einer schlimmen Zeit das als Kind erlebt hat, sind es stärkere Eindrücke als später in einem Erwachsenenleben.  Es ist wie ein Leitfaden der sich durch das ganze Leben zieht.

Wir Deutschen, und dazu gehöre auch ich, haben grundlos über andere Völker viel Leid gebracht. Da kann man nicht sagen, dass geht mich nichts an, das waren die Anderen...auch zufällig Deutsche.
Nein so leicht ist es nicht.
Schuld eines Volkes ist immer eine Kollektivschuld.
Diese Gedanken haben ihn immer begleitet. Bastian hat keinen Kniefall vor den Opfern erbracht, denn er hat ihnen einen Platz in seinen Herzen  gelassen, so auch dem Land Polen.                                                                                                                             
Vermutlich werden einige über diese Zeilen lächeln oder sagen er spinnt.
Aber das ist eine andere bewusste Zeitfrage die sich eine neue Generation nicht stellen muss. Es gibt keinen Fliegeralarm, keine erfrorenen Füße und Hunger  mehr. Es gibt heute vermutlich Wohnungsnot die nicht mit Schulsälen  erledigt wird. Aber das Auto bekommt Benzin und der Kaffee am Morgen ist möglich ohne Fliegeralarm: dies bestimmt die Betrachtung von dem Erlebten.
Bastian wagt zu behaupten es wird für die Generation nach ihm keine leichte Entwicklung geben, denn die Probleme bestehen andersartig.
Arbeit
Ernährung
Religion
Er wagt keine Prophezeiung abzugeben  welche Zeit leichter zu bewältigen war und ist:
Die Kriegszeit
Die Nachkriegszeit
Die Globalisierung

Aber über all diese Zeitprobleme hinweg, sollten für jeden Menschen in seinem Herzen eine Verantwortung wohnen  und in der Brüderlichkeit als Deutscher den Mut haben: Verantwortung zu tragen.

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