Barik schweigt

Gedicht zum Thema Flucht/ Vertreibung

von  ManMan

Seit Barik wieder hier ist in Mossul,
klagt seine Mutter Fatima, spricht er nicht mehr,
sitzt ohne was zu sagen auf dem Stuhl,
ich glaube, er nimmt alles viel zu schwer.

Das war, sagt Fatima, nicht immer so,
er ging zur Schule, redete und las sehr viel,
spielte Theater, machte Witze und war froh,
dass, was er sagte, allen gut gefiel.

Bis zu der Nacht, als sie frühmorgens kamen:
drei Polizisten brachen auf die Tür,
brüllten auf deutsch Bariks und meinen Namen,
führten uns ab, frühmorgens um halb vier.

Von da an, sagt Fatima, blieb er stumm,
auch in dem Flugzeug sagte er kein Wort,
nur einmal schaute er sich wütend um,
das Stofftier von der Polizistin warf er fort.

Ich nehm ihn immer wieder in den Arm,
red' auf ihn ein, red' wie mit Engelszungen,
freute mich einmal, als ein Lächeln kam
und dachte schon, es wäre mir gelungen,

sein Schweigen aufzubrechen, aber nein,
er lacht nicht, spricht nicht, was soll ich nur machen?
Da sagte mir ein weiser Mann, es kann wohl sein,
dass unter all  den vielen andern Sachen,

die ihr gelassen in dem fernen Land,
auch Bariks Stimme war, holt sie von dort!
Fatima dankte für den Rat, und sie verstand:
die Stimme Bariks war für immer fort.


Anmerkung von ManMan:

Besser wäre als Thema "Abschiebung", aber das gibt es nicht bei KV.

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (02.07.19)
Ich las dieses Gedicht jetzt drei Male und so sehr ich eine Abschiebung als ein Drama für den/die Betroffenen sehe, so
sehr sehe ich hier ein Klischee mit dem gedichtet wurde.
Erstmal zu dem Jungen Barik. Eigentlich müsste er mit guter Stimme sprechen können, weil er ein Land verlassen hat/musste
welches ihn nicht will/willkommen heißt, willkommen auf Dauer, wie er es erträumte. Er müsste sich freuen, ein solches Land verlassen zu haben um wieder bei Menschen zu weilen, welche hier unterschwellig als bessere benannt werden, sprich in seiner Heimat zu sein. Er müsste eigentlich seine Stimme laut erheben, gegen das was ihm "ungerechter" Weise zugestossen ist.

Folgend scheint mir auch komisch zu klingen:

"unter all den vielen andern Sachen,
die ihr gelassen in dem fernen Land"

Was können solche Armen denn in unserem Land gelassen haben? Die hatten doch nichts [jedenfalls viele davon] und bekommen haben sie doch auch nicht so viel, dass man vom
"Zurücklassen" sprechen könnte.

Und dann noch etwas und zwar die Polizisten, welche "einen Namen brüllten". Ich bitte Dich nun wirklich, unsere Polizei ist vergleichen mit anderen Ländern fast schon lammfromm, dass sie sich eher selber anbrüllen, oder verprügeln lässt, als dass es umgekehrt geschehe. Hier sehe ich ein besonderes Klischee
des durch und durch schlechten Deutschen und dessen Gesetzeshüter. Das scheint mir alles ziemlich dick aufgetragen zu sein in Deinem Gedicht, obwohl ich die Absicht und nur die Absicht hinter den Klischees erkennen und bejahen kann.
Diese Absicht heißt: Nicht zu viele Flüchtlinge, sonst müssten wir abgeben und das wollen wir dann letztlich doch nicht
[zumindest die gut situierte bis wohlhabende Schicht hierzulande]. Eine solche Haltung ist in einem so reichen Lande
wie der BRD schon mehr als bedenklich. Das unterschreibe ich gerne, inmitten all des Klischeehaften dieses Gedichtes.
LG niemand

 ManMan meinte dazu am 03.07.19:
Barik war doch, wie die zweite Strophe zeigt, gut integriert. Dass die Deutschen schlecht sind, kann man dem Gedicht nicht entnehmen. Und was die brüllenden Polizisten angeht: Ein Kind sieht manches anders als wir aufgeklärte Erwachsene. Sie hatten auf das Klingeln nicht reagiert. Dann hatte die Polizei die Tür aufgebrochen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie danach sehr gelassen und höflich mit denen, die abgeschoben werden sollten, sprachen. Und was den Vorwurf des Klischeehaften betrifft: Was in dem Gedicht geschildert wird, geschieht nahezu täglich irgendwo in Deutschland. Leider.
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