Ma_r_x Revolutions, Teil 3
Marx führt in seiner Schrift "Zur Judenfrage" zu dem Thema der Emanzipation der Juden in Bezug auf Bruno Bauer weiter aus:
"Welches ist der weltliche Grund des Judentums? Das praktische Bedürfnis, der Eigennutz. Welches ist der weltliche Kultus des Juden? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld. Nun wohl! Die Emanzipation vom Schacher und vom Geld, also vom praktischen, realen Judentum wäre die Selbstemanzipation unsrer Zeit."
Unzweifelhaft outet sich hier Marx als Kind seiner Zeit, in dem er das bürgerliche Ressentiment gegen den "Geldjuden" zum Besten gibt. Aber woher kommt diese gedankliche Verbindung von dem Schacher und dem Geld mit der - man muss schon sagen - "Funktion" des Juden? Nicht erst im Spätmittelalter finden sich in den Köpfen judenfeindliche Positionen vor, so etwa bei Luther in seiner Schrift "Von den Juden und ihren Lügen". Nur zu gern konnten sich die Nazis auf ihren geliebten Reformator beziehen und den modernen Antisemitismus zur Staatsräson erheben. Aber die Trennung von Christen und Juden besteht schon seitdem das Christentum zur Staatsreligion des Römischen Reiches erhoben wurde. Die Weigerung der Zünfte und Gilden, die Juden ein handwerkliches Gewerbe ausüben zu lassen, sowie der Ausschluss vom landwirtschaftlichen Grundbesitz führte sie in die verachtete Sphäre der Handels- und Geldgeschäfte, von der Lumpensammlerei bis zum Geldverleih. Der zunehmende Geldhunger war aber durch die Installation des Staates und seiner Apparate und Armeen und durch die Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise bedingt. Das darauf abgerichtete "Menschenkehricht" führt diese dunkle, versteckte und unverstandene Art der Vergesellschaftung auf eine fremde Macht zurück und halluziniert eine jüdische Weltverschwörung herbei. In der Endkrise wird der Hatespeech gegen die Rothschilds, gegen Banker und Spekulanten wieder salonfähig.
Wird das Eingangszitat aus dem ganzen Text gerissen und nicht weiterverfolgt, könnte man auf die Idee kommen: Wollen wir uns vom Geldsystem befreien (oder verkürzt von der "Zinsknechtschaft"), lasst uns die Juden ausrotten und die kaputte Welt wird wieder ganz und heil werden. Aber dies wäre nun Antisemitismus in seiner reinen Ausprägung, vom braven Arbeiter sicher abgewehrt, aber immerhin im Bereich des Denkbaren (und das ist schon das Grauenvolle, denn diese Denke kann in der Krise abgerufen werden).
Also müssen wir weiter am Text bleiben:
"Eine Organisation der Gesellschaft, welche die Voraussetzungen des Schachers, also die Möglichkeit des Schachers aufhöbe, hätte den Juden unmöglich gemacht."
Und das unterscheidet eben Marx von einem klassischen Antisemiten. Es ist nicht so, dass der Jude mit seinem Geld die Gesellschaft organisiert. Anders herum, die bürgerliche Gesellschaft erzeugt den Juden, den Juden im Juden und den Juden im Christen.
Marx: "Der Jude hat sich auf jüdische Weise emanzipiert, nicht nur, indem er sich die Geldmacht angeeignet, sondern indem durch ihn und ohne ihn das Geld zur Weltmacht und der praktische Judengeist zum praktischen Geist der christlichen Völker geworden ist. Die Juden haben sich insoweit emanzipiert, als die Christen zu Juden geworden sind."
Wie schnell der Wechsel vom Kaufmann (Juden) zum Pastor (Christen) und zurück vonstattengeht, dazu zitiert Marx Beaumont:
"Der, den ihr an der Spitze einer achtbaren Kongregation seht, hat als Kaufmann angefangen; da sein Handel gescheitert war, ist er Geistlicher geworden; ein anderer hat mit den Priesteramt begonnen, aber sobald er eine bestimmte Summe Geldes zur Verfügung hatte, die Kanzel mit dem Schacher vertauscht. In den Augen einer großen Mehrzahl ist das geistliche Amt tatsächlich eine gewerbliche Laufbahn."
Marx weiter:
"Das Judentum hat sich nicht trotz der Geschichte, sondern durch die Geschichte erhalten. Aus ihren eignen Eingeweiden erzeugt die bürgerliche Gesellschaft fortwährend den Juden. Welches war an und für sich die Grundlage der jüdischen Religion? Das praktische Bedürfnis, der Egoismus."
Die bürgerliche Gesellschaft hat gerade den Eigennutz, das Privatinteresse, als höchstes Ziel emporgehoben. Wenn jeder Marktteilnehmer sein ureigenstes Interesse verfolgt, wird wie durch eine unsichtbare Hand geführt, dem allgemeinen Interesse gedient - so die Mär der Wirtschaftslehre. Und so ist es auch völlig aussichtslos, die Umweltverschmutzung durch die Marktkräfte beseitigen zu wollen, denn das hieße, den Bock eine weitere Amtszeit in das Gartenamt einzusetzen.
Marx stellt fest:
"Das Geld ist der eifrige Gott Israels, vor welchem kein andrer Gott bestehen darf. Das Geld erniedrigt alle Götter des Menschen - und verwandelt sie in eine Ware. Das Geld ist der allgemeine, für sich selbst konstituierte Wert aller Dinge. Es hat daher die ganze Welt, die Menschenwelt wie die Natur, ihres eigentümlichen Wertes beraubt. Das Geld ist das dem Menschen entfremdete Wesen seiner Arbeit und seines Daseins, und dies fremde Wesen beherrscht ihn, und er betet es an. Der Gott der Juden hat sich verweltlicht, er ist zum Weltgott geworden."
Marx kennt natürlich den "eifersüchtigen" Gott der Bibel, sieht aber bei seinen Landsleuten nur den "eifrigen" Gott Israels in ihren Herzen. Und nicht nur die Juden dienen dem Mammon, die ganze Welt hat sich diesem Gott unterworfen. Alle Menschen sind zu Geldsubjekten geworden, alle ihre Güter sind Waren geworden. Selbst der Mensch ist eine Ware. Alles hat seinen Preis. Es gibt kein Ding mehr, dass man nicht in einem Quantum von Geld ausdrücken kann.
Ist nun aber das Geld der Gott der Bibel? Natürlich nicht! Es ist ein Götze, ein menschengemachter Gott, den man als Einzelner überwinden kann. Dem sich treue Nachfolger Yeshuas entweder nie hingegeben haben, oder dem sie den Rücken gekehrt haben.
Paulus warnt uns: "Es ist allerdings die Gottesfurcht eine große Bereicherung, wenn sie mit Genügsamkeit verbunden wird. Denn wir haben nichts in die Welt hineingebracht, und es ist klar, dass wir auch nichts hinausbringen können. Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen! Denn die, welche reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstricke und viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen in Untergang und Verderben stürzen. Denn die Geldgier ist eine Wurzel alles Bösen; etliche, die sich ihr hingegeben haben, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich selbst viel Schmerzen verursacht." (1. Timotheus 6,6-10)
Was ist nun das Fazit für die Menschen im 21. Jahrhundert? Das Bibelwort sagt, dass man nicht zwei Herren dienen kann: "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!" (Matthäus 6,24; Lukas 16,13) Gott und Geld sind nur in der bürgerlichen Gesellschaft ein und dasselbe. Nicht umsonst steht auf der Dollarnote "In God we trust". Als Gläubige in Yeshua müssen wir differenzieren zwischen dem wahren Schöpfer von Himmel und Erde, dem Gott der Bibel, und seinem Widersacher, Satan, der die ganze Welt verführt. Die Begierden und Wünsche, die dieses System in uns wecken will, sind abzuweisen. Unser Meister wurde in der Wüste versucht, geben wir also den noch im System gefangenen Menschen die richtige Antwort. Nutzen wir unsere vielfältigen Talente, von denen eins auch Segen mit materiellen Dingen sein kann, für das Reich Gottes. Und auch dabei müssen wir uns entscheiden: Salben wir Yeshua die Füße oder verkaufen wir das Salböl auf dem Markt, um den Erlös den Armen zu geben, statt ihnen den Erlöser zu zeigen (Matthäus 26,6-13, Markus 14,3-9, Johannes 12,1-8).
Die Verbindung von Jude und Geld sollte man sich aus dem Kopf schlagen. Aber da das Geldsystem durch den Menschen nicht überwunden werden kann und in ihren Köpfen diese Hassliebe weiterbesteht, wird der Antisemitismus weiterhin fröhliche Urständ feiern. Bis da der kommt, Maranatha.