Die Hängenden Gärten II

Songtext zum Thema Melancholie

von  tueichler

‪Albert stand stets am Büdchen, so ab viertel nach vier‬
‪Und erzählte Geschichten, ausm Kohlerevier‬
‪Warn das Zeiten damals als die Kohle noch lief‬
‪Hände Arbeit und Schweiß und der Koksofenmief‬

  ‪Die hängenden Gärten sind längst schon verschwunden‬
  ‪Auf grau-nassen Straßen verschwimmt Dasein im Dunst‬
  ‪Dein Lachen war gestern, hab’s heut nicht mehr gefunden‬
‪  Doch immer  erinnere ich mich‬

Und dann ist noch Sabine, in ihrm Haarstudio
Kommt grad über die Runden, träumt von nem Mann mit Büro
Hat zu Haus noch drei Blagen, die extrem pubertiern
Dabei würde sie so gerne einmal Jura studiern

  ‪Die hängenden Gärten sind längst schon verschwunden‬
  ‪Auf grau-nassen Straßen verschwimmt Dasein im Dunst‬
  ‪Dein Lachen war gestern, hab’s heut nicht mehr gefunden‬
  ‪doch immer erinnere ich mich‬

Und natürlich noch Manfred, Steiger ganz bis zum Schluss
Mit Bienen und Tauben, war im Revier ja ein Muss
Hat schon lange gelitten, und bekam kaum noch Luft
Gestern ist er gestorben und fährt heut in die Gruft

‪  Die hängenden Gärten sind längst schon verschwunden‬
  ‪Auf grau-nassen Straßen verschwimmt Dasein im Dunst‬
  ‪Dein Lachen war gestern, hab’s heut nicht mehr gefunden‬
‪  Doch immer noch erinnere ich mich an Sonne und mit Sehnsucht an Dich‬

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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (29.01.20)
Fast nichts bleibt wie es war, nur der Rentner Albert trinkt noch immer pünklich sein Feierabendbier...
Ein gelungener Text, der nach einer Vertonung schreit.
Schöne Grüße, Dirk

 tueichler meinte dazu am 29.01.20:
Hallo Dirk,

besten Dank. Das mit der Vertonung, hmmm. Ich kenn leider keinen, der sowas kann. Hast Du sowas im KV schon gemacht?

VG,

Tom

 Didi.Costaire antwortete darauf am 29.01.20:
Für mich hat steyk (jetzt Kreuzberch) vor etwa zehn Jahren mal Lieder vertont. Leider sind die Dateien, die sich auf seiner damaligen Homepage befanden, nicht mehr vorhanden.
Auch Herr Sonnenschein macht gelegentlich mit einem Freund Vertonungen und wir hatten vor längerer Zeit mal lose über weitere Möglichkeiten kommuniziert.
Ansonsten bleibt die Badewanne...

 TassoTuwas (29.01.20)
Stimmiger Abgesang auf das Revier.
Irgendwann ist auch der Letzte "Weg vom Fenster".
LG TT

 tueichler schrieb daraufhin am 29.01.20:
😎

 GastIltis (29.01.20)
Hallo Tom,
feine Studie, übrigens stimme ich Dirk zu, eine passende Melodie könnte dem Text keineswegs einen Schaden zufügen. Vielleicht schreibst du Artname mal persönlich an. Ich weiß (Apropos weiß: Schweiß in Zeile vier) aber nicht, ob er den Slang so beherrscht.
LG von Gil.

 tueichler äußerte darauf am 29.01.20:
besten Dank, ich schreib ihn mal an 😎

 AZU20 (30.01.20)
Sehr gelungen. Mach ein Lied draus. LG

 Artname (31.01.20)
Der Text gefällt mir! Du kannst Songtexte schreiben. Deine Worte und Bilder sind klar. Dein Refrain macht das, was er soll: Er zeigt an, wo die Reise hingehen soll.

Aber leider braucht ein Songtext noch viel stärker als ein Gedicht eine Anbindung an eine bestimmte Zielgruppe. Das beginnt bereits mit der Musik. Schlagermusik zum Beispiel baut auf eine "reifere"Zielgruppe, die sich gern die eigene Philosophie quasi als Kalenderblatt zum Mitsingen servieren läßt. Moderne Popmusik baut auf eine unverbrauchte Sprache, die das Leben als sympathisches Abenteuer schildert. Rapmusik baut darauf zu schildern, dass man cool und clever die Qualitäten eines Leaders besitzt, was sich u.a. an einschüchternder Macht und mächtig Bling Bling zeigt. Liedermacher filtern aus dem Alltag reizvolle Szenen und Perspektiven usw.

Und derartige Zielsetzungen verlangen vom Texter bestimmte Formen, an die sich die Komponisten gewöhnt haben. Beim Rap sind das natürlich Langzeilen, mit vielen Binnen - und Endreimen und dazu noch gute Kenntnisse im Jugendslang. Die braucht man auch im Pop. Nur dass sich hier mehr Platz für variantenreiche Melancholie oder Lakonik anbietet.

Deinen schönen Text würde ich eher beIm traditionellen Liedermachen sehen. Dieser Bereich für Ältere ist live und medial momentan eher zur Nische geschrumpft, in der sich Dichter tummeln, die sich (zu allem Übel) gleichzeitig auch noch musikalisch selber begleiten können. ;-(

Auch bei den Liedermachern beobachte ich zZ eine Tendenz zur Verallgemeinerung. Die kleinen Alltags-Geschichten werden vermutlich von Facebook und Co. abgedeckt.
Bei Grönemeyers neuesten Veröffentlichungen kann man mE gut die Tendenz zu programmatischen, verallgemeinernden Wortspiel beobachten, Die CD als Tonträger (und damit ihr authentische Interpret) kommen langsam aus der Mode. Die Veröffentlichung einzelner Titel auf Streamingplattformen gewinnt an Bedeutung. Aktualität geht vor Historie.

Mit einer derartigen Sichtweise muss man heute auch bei Komponisten rechnen. Natürlich gibt es immer wieder glückliche Zufälle - und die machen plötzlich und gottseidank meine Zeilen zum üblichen Blablabla....

Aber Zufälle sind eben Zufälle...

lg

Kommentar geändert am 31.01.2020 um 02:23 Uhr

 tueichler ergänzte dazu am 31.01.20:
Lieber Artname,

Zunächst danke ich Dir für die überaus aufschlussreiche Analyse. Ich hatte ja keine Ahnung was da dahinter steckt. Nun muss ich mich ja wohl irgendwie outen. Ja, ‘Liedermacher’ sind schon mein Metier, wenn auch nur beim hören. Irgendwie hat sich mir aber der Sound von Fortuna so ins Hirn gefressen, dass ich die Grenze nicht sehe. Natürlich bin ich nicht in dem Geschäft und muss auch nicht davon leben. Drum kommt es mir auf so ein Experiment an. Ich hab aber vollstes Verständnis, wenn es für einen Profimusiker nix ist.

Viele Grüße und danke für das Feedback,

Tom 😎

 Artname meinte dazu am 01.02.20:
Ich hab aber vollstes Verständnis, wenn es für einen Profimusiker nix ist.
Wir werden das "bilateral" weiter diskutieren. Hier nur abschließend: Der Text gefällt mir wirklich sehr gut. Nur erinnern mich Komponisten leider zu oft an Nomaden: Ein neuer Tag? - Die Karawane muss weiter!
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