Genuss mit Drive.

Text

von  Willibald

An einem Sonntag nach Weihnachten fahren Sie vielleicht auf der A24 bei Sonnenaufgang  auf dieser  langen, leeren Autobahn-Geraden, die sich in Richtung Osten  fräst . Wenn Sie  mit dem richtigen Auto unterwegs sind - ich bin es mit einem Original Porsche 911, den mir meine Lieblingslektorin für zwei Tage geliehen hat - werden Sie vielleicht auch das Lenkrad fester umklammern, das Gaspedal betupfen, freudig  surrt der Motor. Die grau-schwarze Straße unter und vor uns  begreift voll, wer da kommt.

So  sind wir nicht länger nur ein Teil des Verkehrs oder eine weitere arme Seele, die sich in den Berufsverkehr verirrt hat. Wenn Ihr Motor in der kühlen Luft bellt und Sie an der Vergangenheit vorbeifahren, werden Sie sich vielleicht an den Geschmack der Freiheit erinnern, an Damals. Als Sie in  Ihrem ersten Auto saßen, die offene Straße vor sich. Das Auto ist ein magisches Konstrukt, das uns schnell macht und ekstatisch. Alles im Sitzen.

Fahren wir dann heimwärts, wir legen ein paar DVDs auf die Tischplatte. Denken Sie an die Erinnerungen, die sich beim Genuss eines Spielfilmes speichern. Ärgern Sie sich nicht über die zusammengeschluderten Texte auf den Rückseiten der DVDs. Das sind dumme Waschzettel, oft unverständlich. Einfach Mist! Ahnungslos. Wer gestaltet solch Mist?

Natürlich kommt bei mir nur OmU (Originalversion mit Untertiteln) in Frage. Da bin ich wie Peter Pan. Oder wie Harvey Keitel. Oder wie die Porsche-Ingenieure. Sie bauen Autos mit einer Seele, Autos im Dialog mit Enthusiasten. Filme, die uns mittreißen. Im Kino- Sessel. Oder zuhause.

Verdammt nochmal. Was ich da schreibe, kommt mir krass verplappert vor.  Aber gemach! Zu Weihnachten gönne ich mir den Genuss,  so zu sein, wie ich grundsätzlich nicht schreibe. Ich steige am Ufer eines Flusses aus dem Auto und herrsche das Gewässer an: „Du kippst doch von einmal Reinpinkeln schon um?"  Harvey Keitel lächelt!

Ich setze noch eins drauf: „Bleib stehen, wenn man mit dir redet.“


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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (26.12.20)
Voll krass, ey!

Erst führst du uns mit dem Geschwafel über den Porsche 911 in die Irre, um dann - zum Ende hin - so richtig auszuteilen. Und es bleibt durchaus nicht beim Selbstohrfeigen.
Obwohl der 911er durchaus ein recht hübsches Auto ist *hüstel) und sich in unserem Berufungszweig natürlich viele Ästheten finden lassen ...

wie auch denVerständnisinnigen8.

 Willibald meinte dazu am 26.12.20:
Ein fetter Dankesknicks für den Achten.
ww

 Dieter_Rotmund (26.12.20)
Der/die Erzähler(in) ist mir zwar wegen der Autoprotzerei etwas unsympathisch (hoffentlich nicht autobio? ), aber gerne gelesen!

 Willibald antwortete darauf am 26.12.20:
Nun, die Erzähler- Figur, wie man sie aus ihren Dieter-Texten kennt, ist so skurril, dass sie die besten Voraussetzungen liefert. Damit können Texte funzen. Und wenn die Erzählerfigur dann noch ausnahmsweise ihren ästhetischen Horizont überschreitet, dann kann man: nur gewinnen.

Dankbar
ww

Antwort geändert am 26.12.2020 um 13:04 Uhr

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 26.12.20:
Ja, es fehlt vlt. noch ein Antagonist? Nur so als Vorschlag.

 Willibald äußerte darauf am 26.12.20:
Die Erzählerfigur ist sich hier einmal Antagonist genug, in diesem Kurztext.
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