Cordon Sanitaire

Bild

von  beneelim

Der Wind hat uns etwas dagelassen. Er ist ein tollkühner Reisender. Lächeln, Husten, Ersticken.

Hereindämmende Maßnahmen haben das Blatt gewendet, wie eine Uhr, die man von vorne und hinten lesen kann. Jeder Raub kann glücklich stimmen, wenn man das, was zurückgelassen wird, wie ein Geschenk betrachtet. Und ich sehe Zeit, rund herum, von allen Seiten, eine Belagerung: so viel Zeit. Wie eine Hyäne werde ich ihren Kadaver umschleichen, werde satt werden, trotz allem.

Ein strenger Wind. Fensterläden werden geschlossen, Türen doppelt versperrt, jedes Wort wird zur Tretmine, gefüllt mit üblen Absichten. Straßen leeren sich hinein in die versperrten Häuser, durch das Schlüsselloch gießen sie ihr Geheimnis, unter der Tür zwängen sie einen Brief hindurch.

Flugblätter der Freiheit, jeder liest die Geschichten, die ihm gefallen, sie würzen das Fleisch der endlosen Zeit, die uns keiner stehlen will. Hyänenaugen leuchten. Hyänenzungen, Hyänenlefzen. Die Zeit wird länger, sie wird knapp. Was kannst du ertragen? Fragen Tod, Gott und die Seuche.

Indem wir leben, beobachten wir und wir bemühen uns, zu wollen, was wir tun. Irgendwo muss es jemanden geben, der sauber hervorgehen wird aus dieser Sache, das ist unser fester Glaube. Auf dem der Schmutz der Welt seine Blüten austreiben kann, die uns betören und eine Ahnung des Himmels verschaffen werden.

Doch die Fenster frieren ein unter dem Gewicht des Windes und seiner Last, die Kaminglut zittert verstört. Einen Winter müssen wir erwarten, die unbefristete Kälte. Vorerst.

Treten wir ein in die Gegenwart, wir schenken ihr unsere Tage, sie tropfen ins Stundenglas. Wir verlieren Augenlicht, Stimme und Haare, wann ist der Tag des versprochenen Himmels? Seid tapfer. Bemüht euch. Unter all euren Schritten muss jener sein, der der letzte ist. Es muss so sein.

Ich zücke die Feder, ich kann atmen. Richte meinen Blick auf das blinde Fenster, ich vermute. Es könnte etwas zu Sehen sein.

Ein Flüstern, von Tod und Gott und Seuche: die Zeit macht dich älter, nicht anders.

Husten. Ersticken. Ich senke den Kopf, überall Wind.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (05.03.21)
Ganz starker Text!
Lyrisch und sachlich zugleich.

Entzückte Grüße
der8.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram