Kinderträumeland
„Oma, Oma, da bist du ja endlich, ich warte schon sooooooo lange auf dich“, ruft die kleine Lena.
Ich muss lachen und freue mich. Sofort springt Lena mir in die Arme. Meine große Lisa ist da ein wenig zurückhaltender, sie ist in der Pubertät und Umarmungen sind out. Aber sie ruft „Hallo Oma“ und wir werfen uns eine Kusshand zu.
Mein Sohn Marco und und seine Frau Nina wollen eine Radtour mit Picknick am Flussufer machen. So richtig romantisch. Eine kleine Auszeit zu zweit.
Gemeinsam winken wir den beiden Radfahrern nach, bis wir sie nicht mehr sehen.
Da die Sonne strahlt vom Himmel, so gehen wir in den Garten.
Eine Schaukel, ein Trambolin und ein Klettergerät laden zum spielen und toben ein. Lena lacht mich aus, weil ich auf dem Trambolin „komisch“ springe wie sie sagt. Ich bin eben nicht mehr so gelenkig mit meinen 61 Jahren wie die Kids.
Mutig klettert Lena auf dem Klettergerüst immer höher hinauf. So wie es ihr die große Schwester vor macht.
Und da passiert es....Lena rutscht ab und landet unsanft auf dem Rasen. "Aua, aua" weint Lena laut auf und hält sich das rechte Bein. Sofort laufe ich hin und Lisa ruft vom Klettergerüst oben "Lena, hast du dir doll weh getan?"
"Wo tut es denn am meisten weh?" frage ich und sie zeigt auf das Knie. Dort hat sie eine große Schürfwunde.
Der Schreck war wohl schlimmer als alles andere.
Ich nehme sie auf den Arm und zu dritt gehen wir ins Haus. Ich lege Lena auf das Sofa.
"Schauen wir mal ob dein Bein Karamellsoße mag" sage ich um im gleichen Moment das Antiseoptikum auf die Wunde aufzutragen. Und da kann Lena schon wieder lachen "Das ist doch keine Karamellsoße Oma"
Aber so hat sie nicht gemerkt das die Salbe ein wenig brennt. Nun noch schnell einen Verband gemacht, denn Lena will schon wieder vom Sofa runter.
"Sollen wir einen Spaziergang machen, Lena kann in den Bollerwagen" schlage ich vor.
" Au ja" sind beide schnell einverstanden. Die Straße ist abschüssig und so rollt der Bollerwagen fast von alleine.
Schnell springt Lisa auch hinein. Nun muss ich schon aufpassen das der Wagen nicht zu schnell wird, obwohl Lena und Lisa rufen "Schneller ,Oma, schneller" " Dann landen wir gleich im Graben" lache ich.
Im nahe gelegenen Wald machen wir eine Pause.
Lisa flüstert "Schau mal Lena, da ist ein Reh" . Ganz in der Nähe grast ein Reh neben einem Baum und hat uns wohl nicht gewittert. Plötzlich hebt es den Kopf und husch da ist es weg.
"Das war aber schön" sagt Lena.
Nun gehen wir langsam durch den Wald zurück zum Haus. Lena hat vollkommen vergessen, das ihr Knie verletzt ist.
Nun ist es schon spät geworden und Abendbrotzeit.
Schnell mache ich den Auflauf warm, den Nina schon vorbereitet hatte.
Während des Essens erzählen die Kids mir was sie alles in der vergangenen Woche erlebt haben.
Die Zeit ist so schnell herum.
"Zieht ihr beide schon den Schlafanzug an und geht ins Bad euch waschen? Dann können wir anschließend noch ein wenig fernsehen und wenn ihr mögt, erzähle ich euch dann eine Geschichte" fordere ich die Beiden auf.
"Eine Geschichte, eine Omageschichte" singt Lena und Lisa lacht sich kaputt über ihre Schwester.
Als der Kinderfilm endet gähnt Lena schon und ist wohl richtig müde.
"Nun aber schnell ins Bett, sonst habe ich nachher die Geschichte vergessen" albere ich herum.
Lisa hakt ein "Ja, Omas werden irgendwann ganz schön vergesslich" und grinst mich an.
"Ganz schön frech" lache ich. "Oma, ich wollte nicht frech sein" schaut Lisa mich an.
Ich knuddele sie und alles ist gut.
Oben im Kinderzimmer kuschelt Lena sich in ihre Bettdecke und schaut mich erwartungsvoll an.Lisa hat sich ein Bodenkissen mitgebracht und sitzt an die Wand gelehnt entspannt da.
So beginnt nun meine Oma-Erzählgeschichte:
In einem großen Wald mit vielen vielen großen Bäumen lebt eine kleine Elfe. Die Bäume sind schon sehr alt und ragen viele Meter in den Himmel hinein. Im Wind schaukeln sie hin und her und rauschen wie Meeresbrausen.
In dem höchsten Baum wohnt die kleine Elfe namens Träumerle. Träumerle hat eine wunderschöne Aufgabe.
Sie sorgt dafür das Träume für Kinder etwas Schönes bleiben, auch wenn sie mal schlecht geträumt haben.
Der kleine Peter träumt gerade das er fliegt und von oben die Welt betrachten kann.
Wunderschöne Dinge sieht er in der bunten Welt. Farbige Häuser, grüne Wiesen und viele Tiere. Er fliegt und fliegt durch die Wolken und Straßen und schläft dann irgendwann so fest, das der Traum von alleine endet.
Mona hat aber gerade keinen schönen Traum. Sie ist mit ihren Eltern in einem Kaufhaus und schaut sich all die vielen Dinge an. Spielzeug, Taschen, Schuhe und Kleidung. Und erst das Süßigkeitenregal. So viele leckere Sachen sieht sie, das sie schon richtig Hunger darauf bekommt. Sie dreht sich um und möchte ihre Mutter fragen, ob sie sich etwas kaufen darf. Aber wo ist ihre Mutter denn, sie kann sie nirgendwo sehen. Und ihr Vater? Auch der ist nicht zu sehen. Mona läuft durch die Gänge des Ladens und ruft und sucht ihre Eltern, Sie bekommt Angst. Wo sind die beiden denn?
Die Tränen rollen schon und….da auf einmal ist die Elfe Träumerle da.
Träumerle schwebt mit ihren durchsichtigen rosa schimmernden Flügeln und den lockigen blonden Haaren auf sie zu und sagt :“Mona hab keine Angst, wir finden deine Eltern schon. Wir fragen einfach die Verkäuferin, die hat sie sicher gesehen.
Mona bekommt riesengroße Augen, denn noch nie hat sie eine Elfe gesehen.
Aber Angst vor Träumerle hat sie nicht, sie vertraut ihr und hört auf zu weinen. Und es dauert nicht lange, da haben sie die Eltern gefunden. Mona ruft: „Mama, Papa, wo wart ihr denn? Und schaut mal wer mir suchen geholfen hat“
Aber da ist Träumerle schon verschwunden.
Mona wacht verängstigt auf und hat noch tränennasse Augen. Aber dann denkt sie an Träumerle und muss lachen.
Jetzt weiß Mona wenigstens, was sie machen muss, wenn sie ihre Eltern wirklich mal in einem Kaufhaus verloren hat. Einfach die Verkäuferin um Hilfe bitten.
Und so schwebt die kleine Elfe Träumerle jede Nacht durch die Träume der Kinder und hilft ihnen, damit sie keine Angst haben müssen.
Die kleine Lena fragt:“Oma, hilft die Elfe Träumerle mir denn auch?“
Ich antworte: „Das kannst du nur heraus finden, wenn du deine Augen zu machst und schnell in das Träumeland reist“.
Lena macht die Augen zu und schläft dann tatsächlich schnell ein.
„Oma, das war eine schöne Geschichte“ sagt Lisa. Wir beide gehen ins Wohnzimmer und machen noch ein Ratespiel. Um 9 Uhr geht auch Lisa ins Bett und lachend sagt sie noch: Mal sehen ob ich Träumerle treffe.“ Denn meine große Lisa glaubt selbstverständlich nicht mehr an diese Kindermärchen...Oder vielleicht doch?
Als Marco und Nina zurück kommen schauen sie glücklich aus.
„Schlafen die Kids schon?“ fragt Marco.
„ja“ antworte ich, „Träumerle hat sie ins Träumeland gerufen“.
„Das Träumerle“ fragt Marco lachend, „gibt es das immer noch?“
„Elfen leben lange“ lache ich und Nina schaut uns fragend an.
„Das kann Marco dir erklären“, lache ich.
"Ach ja, Lena ist vom Klettergerüst gefallen und hat eine Schürfwunde, aber sonst ist alles gut gegangen" informiere ich die Eltern noch.
"Danke, das du aufgepasst hast auf die beiden" sagt Marco und dann verabschieden wir uns.