Revers

Gedicht zum Thema Bewusstsein

von  Misanthrop

Der ist wahrlich geistig arm
Der nie zuvor verspürte
Wie das Dunkel voller Harm
Sein Herz einmal berührte


Denn der Schmerz legt uns zur Hand
Den wahren Wert des Lebens
Wer niemals vor dem Abgrund stand
Sucht Höhen stets vergebens



Anmerkung von Misanthrop:

anno 2008

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Kommentare zu diesem Text


 Terminator (04.04.22, 19:53)
Oberflächlichkeit verträgt nicht die Höhenluft, nur die Ebene halt eben. Dunkel, Schmerz und Abgrund als geistige Währung: ontologischer Pessmismus, der Schopenhauer gefallen würde. Er stellte ja fest, dass das Leiden seinen Höhepunkt im intelligenten Menschen erreicht, aber es macht auch erst dem sodurch geistig Reichen möglich, dem ewigen Kreislauf des Lebens und Gelebtwerdens zu entsagen.

 Misanthrop meinte dazu am 04.04.22 um 20:07:
Interessant, dass Du den ollen Arthur ins Spiel bringst, vorab gab es Kontroversen hinsichtlich Nietzsches Abgrund, ganz abgesehen vom Duplikatvorwurf "Wer nie sein Brot mit Tränen aß". 

Die Parallele gefällt mir, danke für das Teilen Deiner Gedanken. Die Entitäten sind eher ungreifbar, ich habe gerade Gadamer im Kopf, unendliche Prozesse. Ich schwabuliere schon wieder, verzeih.

Mit "geistig arm" sollte eigentlich keine Erhöhung aufgrund intellektueller Überlegenheit erfolgen, es ist eher Ausdruck der Anteilnahme jenen gegenüber, die das Schöne nicht zu schätzen wissen, da sie nie das Hässliche erblickten. 

V7 hat noch immer Auftaktprobleme, Dein Sprachgefühl hätte da eventuell eine Anregung zu bieten?

Hermeneutische Grüße
Misa

 Terminator antwortete darauf am 04.04.22 um 21:17:
Mein Sprachgefühl existiert nur für die wenigen Minuten, in denen ich ein neues Gedicht schreibe; verbessern war nie meine Stärke.

Was Schopenhauer mit dem intelligenten Menschen meint, ist das, was wir heute eher als "geistreich" bezeichnen würden, also auch gefühlsfein und reich an Lebenserfahrung und Erlebnistiefe; es handelt sich um das Wesen mit dem am höchsten entwickelten Bewusstsein.

Interessant ist, was Ursache und was Wirkung ist: wird ein Mensch durch viele (negative) Erfahrungen geistreich, oder erfährt ein geistreicher Mensch das Leben (also vor allem die negativen Aspekte) intensiver?

 Misanthrop schrieb daraufhin am 04.04.22 um 23:50:
Von mir ausgehend: Definitiv Letzteres. Intensivere Erfahrung dank Tendenz zur Reflektion. Überinterpretation inklusive.

 harzgebirgler (05.04.22, 18:22)
es braucht das herz den schmerz -
erst dann strebt's himmelwärts.

lg vom harzer

 Misanthrop äußerte darauf am 06.04.22 um 18:12:
Die Weisheit spricht sich rum im Harz:
es gäbe ohne Weiß kein Schwarz.
Der Harzer denkt, er fühlt es nach,
ganz ohne Abgrund läg' er brach.

Brüderliche Grüße
Misa

 Thal (10.04.22, 04:09)
There is a price to be paid for every increase in consciousness. We cannot be more sensitive to pleasure without being more sensitive to pain.
Allan Watts
heut Nacht drauf gestoßen, dacht das passt hier ganz gut.

 Misanthrop ergänzte dazu am 11.04.22 um 16:38:
Ah, Späthippie, das erklärt Einiges. :P

Mal im Ernst: Das passt. Ich habe immer Blake im Kopf.

Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, erschiene dem Menschen alles wie es ist: unendlich.
Nicht zufällig namensgebend für den geehrten Herren Morrison (The doors of perception). 


Danke Dir für den Anstoß, ich muss mich mit Watts nochmal befassen ohne klischeebehangenes Denken aus der ersten Zeile.

 Misanthrop meinte dazu am 11.04.22 um 16:42:
Auch Blake: "Der Weg der Exzesse führt in den Palast der Weisheit."
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