Lebenswerte

Bericht zum Thema Lebensbetrachtung

von  Terminator

Das sind die 6 moralischen Werte nach Jonathan Haidt:

Reinheit

Freiheit

Fairness

Loyalität

Autorität

Fürsorge


Aufgezählt sind die Werte nach meiner persönlichen Hierarchie.


Folgende Werte sind lebensbejahend:


Reinheit

Freiheit


Diese Werte sind ausschließlich konformitätsorientiert und in ihrer Lebenseinstellung neutral:


Loyalität

Autorität

Das sind die lebensverneinenden Werte:


Gerechtigkeit


Fürsorge



Warum? Reinheit und Freiheit setzen Selbstzwecke, das sind männliche Werte (Reinheit apollinisch, Freiheit dionysisch). Loyalität und Autorität bestimmten das Verhältnis von Individuum und Gruppe und drücken keine Lebenseinstellung aus. Gerechtigkeit und Fürsorge verhalten sich negativ zu Selbstzwecken; sie sind erhaltend und ausgleichend (weiblich), aber nicht schöpferisch.


Im Plus. Reinheit und Freiheit backen den Kuchen. Autorität und Loyalität verteilen ihn. Gerechtigkeit sieht zu, dass keiner leer ausgeht, und Fürsorge sorgt dafür, dass keiner verhungert.


Im Minus. Leben ist Leiden. Wer gerecht sein will, will unnötiges Leid von anderen abwenden. Das mündet in letzter Konsequenz im Antinatalismus. Fürsorge will jedes Leid abwenden, auch das selbstverschuldete. Auch hier wieder ist der Antinatalismus die ehrliche letzte Konsequenz: niemand leidet erst dann, wenn keiner existiert.


Im Schein. Es scheint so, als wäre gerade die Fürsorge der lebensbejahendste Wert. Doch diese setzt Leid voraus: eine Verletzung des Lebens oder einen Mangel an Leben. Wer nicht krank oder arm ist, bedarf nicht der Fürsorge. Die Gerechtigkeit fördert das Leben nicht, wie es scheint, sondern sie beschneidet es. Sie raubt den Starken Entwicklungspotenzial, damit die Schwachen ihre Grundbedürfnisse erfüllt bekommen. Doch die Beförderung des Banalen und Nichtigen auf Kosten des Großen und Einzigartigen ist ein Verbrechen gegen das Leben: Gerechtigkeit ist eine Beschneidung des Lebens, ein Reduzieren des Lebens auf seine einfachste und niedrigste Form, die bloße Existenz.



Werte und Lebenswege


Gerechtigkeit und Fürsorge sind lebensverneinende Werte. Wer sie bei sich oben in der Wertehierarchie findet, geht den Weg der Nächstenliebe (extravertiert) oder der Entsagung (introviertiert); das Ziel ist die Linderung oder Minderung von Leid. Das Leid erneuert sich aber wie Hunger, Durst und Begierde; man schafft es nicht ab, sondern perpetuiert es, indem man es einhegt.


Autorität und Loyalität sind weltimmanente Werte. Sie sind individuumneutral und beziehen sich auf die Gruppe. Glück und Leid werden durch Zugehörigkeit oder Ausschluss definiert, und haben außerhalb der Gruppe keine Bedeutung. Das Ziel ist Beziehung, Bindung. Die Furcht vor der Einsamkeit macht abhängig von privaten und gesellschaftlichen Bindungen, sie versklavt, macht lebensunfähig außerhalb der Gruppe. Ohne Rückgrat und Rückzug ist das Individuum stets von Einsamkeit bedroht; wer nichts ist außerhalb seiner Gruppenidentität, lebt in permanenter Angst vor dem Ausschluss.


Reinheit und Freiheit sind lebensbejahende Werte. Freiheit überwindet alle Hindernisse, Reinheit schafft hohe Ideale, die zu nontrivialen, heldenhaften, übermenschlichen Taten motivieren. Die Ich-Stärke des lebensbejahenden Menschen wächst an seinen Gegnern; je mehr er siegt, umso größer wird sein Kampf. Wer das Leben bejaht, muss gegen Leben kämpfen. Ein Wille wird immer gegen einen anderen Willen durchgesetzt. Es ist kein Ausruhen auf vergangenen Siegen möglich: ein Wille, der nicht kämpft, hat aufgegeben. Unvermeidlich kommt der Gegner, der dich besiegt. Der Wille scheitert immer an einem anderen Willen.


Lebensbejahende, soziozentrische und lebensverneinende Menschen in Reinform sind zum Scheitern verurteilte Extreme. Leicht lebensbejahend (z. B. Freiheit und Loyalität) oder leicht lebensverneinend (z. B. Autorität und Fürsorge) lebt es sich gemäßigter, doch im Sinne von mediokrer, nicht maßvoller. Mit sich gegenseitig neutralisierenden Werten (Plus und Minus wie Freiheit und Fürsorge oder Reinheit und Gerechtigkeit) lebt man wie mit zwei Seelen in einer Brust: man erstarrt oder zerstört sich selbst.


Somit geben die 6 moralischen Werte das Prinzip des individuellen Lebens wieder: das Individuum als Einzelnes scheitert an der ganzheitlichen Natur des Lebens. Es gibt kein Leben des Lebens im Leben: im Leben kämpft man um das Leben. Wer das Leben durch moralische (Entsagung) oder ästhetische Transzendenz überwindet, hat das Leben, das er leben will, bereits überlebt. Wer lebt, kämpft entweder ums Überleben oder um das Über-Leben.





Töten und Steben

Für Werte, die dir wirklich wichtig sind, würdest du sterben und sogar töten. Bei dieser Feststellung zu bleiben, war nicht zufriedenstellend. Ich hatte die Intuition, dass das noch nicht alles ist.


Neue Erkenntnis: Die 6 Werte nach Jonathan Haidt sind nicht nur subjektiv unterschiedlich wichtig, sondern haben auch objektiv nicht den gleichen Wert. Manche Werte sind objektiv besser als andere.


Zum Beispiel Fürsorge: Ja, du würdest für deine Kinder vielleicht sterben und auch töten. Doch damit ist der Wert Fürsorge nicht universalisierbar. Was ist mit Fairness? Es lohnt sich, dafür zu kämpfen. Aber sterben und töten? Bei einer kommunistischen Revolution sind andere Motive im Spiel, da will eine Gegen-Elite nach Vilfredo Pareto einfach an die Macht. Die Werte der klassenlosen Gesellschaft sind nur ein Vorwand.


Autorität und Loyalität sind zum Sterben und Töten geborene Werte. Aber sie funktionieren auch nur im engen militärischen Rahmen. In den privaten Kämpfen der soziosexuellen Hierarchie kommt es nur selten zu tödlicher Gewalt.


Freiheit ist aber ein Wert, der sehr nah am Tod errichtet wurde. Freiheitskämpfer sterben tatsächlich für die Freiheit (anderer); nicht wenige würden töten, um frei zu sein. Der Hunger motiviert viel seltener zum Töten als die Gefangenschaft, wobei doch Nahrung physiologisch wichtiger ist als Freiheit.


Der Wert, der keinen Spaß kennt, ist Reinheit. Wer diesen Wert wirklich zum Höchsten hat, opfert sein Leben mit Leichtigkeit. Auch Töten wird ihm nicht schwerfallen. Das Heilige ist über den Tod erhaben, und auch über das Leben.


Objektiv betrachtet, ist Reinheit der höchste Wert. Der höchste Mensch hat die Reinheit zum höchsten Wert in seiner persönlichen Hierarchie.



Mord und Vergewaltigung

Die Menschheit ist noch nicht verloren! Selbst in einer ultradekadenten Gesellschaft bewerten viele Menschen (die meisten jedoch nur auf emotionaler Ebene) die Vergewaltigung, insbesondere die eines Kindes, negativer als einen Mord.


Reinheit ist ein Wert, der im materialistisch-liberalen Hedonismus nicht mehr verstanden wird. Aber es ist die Reinheit, die Heiligkeit (insbesondere der kindlichen Unschuld) gegen die Vergewaltigung bzw. Kindesmissbrauch verstößt. Der Mörder verletzt aufs Radikalste den Wert Fürsorge, den wichtigsten Wert einer ultradekadenten Gesellschaft, doch wenn der Mord nicht allzu hinterlistig und grausam ausfällt, bleiben wir bei der moralischen Bewertung des Verbrechens meistens recht sachlich. Einen Vergewaltiger, erst recht Kinderschänder wollen wir foltern oder gar qualvoll töten (was eine lobenswerte, weil gesunde emotionale Reaktion ist).


Nur das soziale, zweckrationale Bewusstsein hat sich vom Wert Reinheit verabschiedet. Es ist denkbar, dass im Unter- und Unbewussten (das die Emotionen steuert) bei allen Menschen alle Grundwerte nicht nur vorhanden, sondern auch hierarchisch korrekt geordnet sind.



Familie und Verbrechen


Dein Vater, Bruder oder Sohn hat ein Verbrechen begangen. Und zwar dieses:


Er hat dich, du Drogendealer, angezeigt.


Er hat bei einer Familienfeier den Opa beleidigt.


Er hat jemanden getötet.


Er hat ein kleines Mädchen vergewaltigt.


Er hält seit einem Jahr einen Menschen im Keller gefangen.


Er ist parteiisch und ungerecht bei jedem Familienstreit.


Gegen welche der 6 Werte verstoßen diese Taten? Und auf welche würden wir wie reagieren? Ich mache den Selbstversuch mit einem imaginären Sohn.


Mein Sohn ist erwachsen. Er liebt seine Mutter, aber hasst mich, obwohl ich ein guter Vater war. Ich würde mir denken: ein angeborener Charakterfehler, vielleicht auch der Einfluss des Radikalfeminismus. Jedenfalls bleibt er mein Sohn, obwohl ich seine Ungerechtigkeit mir gegenüber nicht gutheiße.


Mein Sohn nennt bei einer Weihnachtsfeier den Opa einen Kinderficker, weil dieser nicht aus der katholischen Kirche austreten will. Ich würde mir denken: pubertärer Eifer. Und die Kirche hat duarchaus ein Kinderschänder-Problem. Respektlos gegenüber der Autorität des Großvaters, aber kein Drama.


Ich bin libertärer Geschäftsmann, der erwachsenen Menschen das verkauft, was sie haben wollen, ohne den Staat zu fragen. Mein Sohn zeigt mich wegen Drogenhandels an. Etwas mehr Loyalität hätte ich schon erwartet, aber ich bin auch kein Idiot und weiß, was Drogen anrichten. Selber schuld.


Mein Sohn ist ein Mörder. Das wird ein ernstes Gespräch geben. Aber solange es keine niederen Beweggründe waren, hält sich meine Fürsorge für den Ermordeten und seine Familie in Grenzen. Mord ist ein schweres Verbrechen, aber ich würde nicht sofort zur Polizei gehen. Es gibt durchaus Motive, die moralisch einen Mord rechtfertigen.


Mein Sohn hat sich an seinem Rivalen, den seine Traumfrau ihm vorgezogen hat, gerächt, indem er ihn seiner Freiheit beraubt hat und im Keller seines Hauses gefangen hält. Ein gruseliges Verbrechen. Ich werde die Polizei und die Psychiatrie umgehend informieren.


Mein Sohn ist ein Vergewaltiger und Kinderschänder. Ich töte ihn eigenhändig. Reinheit ist wohl doch nicht so ein abstrakter und unverständlicher Wert.




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Kommentare zu diesem Text


 lugarex (02.06.22, 09:59)
Sehr interessant, belehrend, bsd. Absatz "Im Schein"...

 Terminator meinte dazu am 02.06.22 um 11:01:
Nietzsche erwacht im 21. Jahrhundert...

 Augustus (02.06.22, 12:43)
Sind nicht Leiden Voraussetzung für Reinheit und Freiheit? Jesus Starb am Kreuz für Reinheit und Freiheit der Sünder.

 Terminator antwortete darauf am 02.06.22 um 17:14:
Selbst im Modus der Fürsorge sind Reinheit und Freiheit auf die Transzendenz gerichtet.

Werte anstreben bedeutet, dass sie kein Sein, sondern ein Sollen ausdrücken. Dass etwas nicht ist, aber sein soll, nimmt ein Selbst-Bewusstsein als Leid wahr.
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