Die Werteachse

Skizze zum Thema Reflexion

von  Terminator

Vor Jahren stellte ich schon fest, dass in meinem inneren Staat 6 Parteien um die Vorherrschaft streiten: die Idealisten rechtsaußen, die Libertären rechts, die Konservativen rechts in der Mitte, die Hedonisten links in der Mitte, die Sozialisten links und die Nihilisten linksaußen. Mit Jonathan Haidts 6 universellen Werten verstehe ich nun, warum das so ist.


Die Selbstreflexion war wieder einmal haarscharf, da es nichts Überflüssiges gibt und die 6 Parteien genau den 6 Werten entsprechen:


  • Mein höchster Wert ist Reinheit. Die idealistische Partei der Reinheit regiert derzeit mit absoluter Mehrheit.
  • Mein zweithöchster Wert ist Freiheit. Und so sind die Libertären die zweitstärkste Kraft in meinem Kopfstaat.
  • Nein, es wird nicht immer weniger von rechts nach links: bei den Konservativen, die für die Gerechtigkeit stehen, gibt es eine tiefe Delle, d. h. das Thema ist mir in den letzten Jahren immer unwichtiger geworden.
  • Aber nun: Loyalität, mein viertwichtigster Wert, wird durch den Hedonismus ins Gegenteil verkehrt; meine inneren FDP-Grünen stehen für Egoismus und Genusssucht. Kaum Wählerstimmen.
  • Nicht Autorität, sondern Anti-Autorität wird durch die Sozialisten repräsentiert. Radikaler nach links gibt es nun mehr Relevanz. Auf meine Sozialisten höre ich ab und zu; Autoritätsargumente akzeptiere ich grundsätzlich nicht.
  • Die Nihilisten, drittstärkste Kraft, und linksradikal, stehen für Anti-Fürsorge: egal, furzegal, geht mich nichts an. Zusätzlich zur moralischen Entscheidung gegen Kinderzeugung bin ich aus nihilistischen Gründen dagegen. Für die antinatalistischen Reden Buddhas (rechtsaußen) gibt es frenetischen Beifall von Cioran, Hartmann, Horstmann und Schopenhauer auf linksradikal-nihilistischer Seite. Den Fürsorgern gilt: alle sind gleich, den Antifürsorgern: alles ist egal.


Fürderhin habe ich Werteachsen entdeckt:


  • Reinheit - Fürsorge
  • Freiheit - Autorität
  • Gerechtigkeit - Loyalität
Die Achsenwerte kämpfen gegeneinander. Reinheit ist bei mir ein absoluter Wert, Fürsorge gilt mir also nichts; Freiheit ist stark bevorzugt gegenüber Autorität und Gerechtigkeit schwach bevorzugt gegenüber Loyalität. Das wird durch unterschiedliche Achsenlängen repräsentiert. 


Wertassoziationen


Es wird gemeinhin angenommen, dass wer für freien Wettbewerb ist, auch für fairen Wettbewerb ist. Das muss aber nicht so sein. Ein Libertärer kann Freiheit auch als "Gesetz des Dschungels" meinen.

Reinheit wird oft mit Autorität assoziiert: Du hältst dich doch bloß an die(se bestimmten) Reinheitsgebote, weil du dich der Autorität (eines bestimmten) Gottes unterordnest! Als wäre der Mensch an sich ein Schwein, und könnte nur durch Zwang rein werden.

Es gibt aber auch tatsächlich Wertcluster: Autorität, Loyalität und Reinheit assoziieren sich in einer (rechts-)konservativen, Freiheit, Fairness und Fürsorge in einer (sozial-)liberalen Haltung.
Anmerkung:

Es gibt hier kein G, aber die soziale Marktwirtschaft könnte als 3F bezeichnet werden, liberal wäre 2F (ohne Fürsorge) und libertär 1F (ohne Fairness und Fürsorge).



Wertlücken


Die 6 universellen Werte nach Jonathan Haidt (Autorität, Fairness, Freiheit, Fürsorge, Loyalität, Reinheit) haben bei jedem Menschen einen anderen Stellenwert (für den Libertären ist Freiheit der höchste Wert, und Fürgorge ist irgendwo ganz hinten; für den Sozialisten ist Fürsorge ein hoher Wert, dem Freiheit untergeordnet werden muss), was aber, wenn einer der Werte fehlt?

Wem Reinheit fehlt, ist ein Ekelpsychopath. Ein Mensch, der sich nicht ekeln kann, und daher auch keinen Sinn für Schönheit hat (das kontradiktorische Gegenteil des Schönen ist das Ekelhafte, nicht das Hässliche, das sich gegenüber dem Schönen konträr verhält). Würde, Heiligkeit, Keuschheit: das alles wird dann unbegreiflich.

Jemandem ohne Fairness fehlt affektive Empathie. Der Volksmund kennt für diesen Menschen die Bezeichnung Arschloch, die Psychologie wird ihm mit dem Begriff des Soziopathen gerecht.

Das Fehlen der kogntitiven Empathie lässt sich an der Gleichgültigkeit gegenüber dem Wert der Fürsorge erkennen. Dessen bekenne ich mich schuldig: mir sind die anderen als Objekte des Schicksals gleichgültig. Nur am Leben der Mitmenschen als Individuen kann ich teilhaben (affektive Empathie). Hier kann und darf das Prädikat "autistisch" durchaus als Schimpfwort gegen mich verwendet werden. Da jedoch in der Person eines Menschen Subjekt und Objekt in der Lebenswelt nicht klar zu trennen sind, bin ich fähig, altruistisch zu handeln, nur ist Fürsorge halt nicht mein Motiv.

Wem Freiheit egal ist, der kann sich problemlos in autoritäre und totalitäre Gesellschaften integrieren. Seine Pathologie ist die der unreifen Persönlichkeit: er braucht auch als Erwachsener immer noch Elternfiguren, die ihm ständig sagen, was er zu tun und zu lassen hat. Dummheit ist ein Faktor, der den Wert der Freiheit war negativ beeinflusst, aber es gibt auch Dummheit, die gerade kompromisslos auf ihrer Freiheit besteht, wobei sie deren Konsequenzen leugnet und deren Voraussetzungen nicht kennt bzw. diesen gegenüber ignorant ist.

Ohne den Wert der Autorität ist man ein ewiger Teenager. Das ist Unreife mit der Rebellenattitüde. So ein Mensch ist verantwortungslos und antisozial.

Loyalität als Fehlanzeige ist ein Fall für den Psychotherapeuten. Ein Mensch, der nicht loyal sein kann, leidet an einer Bindungsstörung und ist beziehungsunfähig.






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