Goethe und Bukowski

Komödie

von  Redux

Sie lebten seit einigen Jahren nebeneinander.
Mochten sich nicht.
In der rechten Doppelhaushälfte lebte Charles.
In der linken Johann Wolfgang von…

„Hey du Heimlichpupser“, rief Bukowski eines Tages übern Zaun rüber,
„heute Abend kommen zwei Negerinnen mit Riesenmelonen zu Besuch.
Wie wär`s, Goethelein, du siehst so blass aus. Ich vermute dein Zeug ist
schon flockig geworden in all den Jahren.“

Charles barst vor Lachen.
Goethe errötete und verschwand.


Seit Jahren schwoll der Streit zwischen den Poeten.
Letztes Jahr hatte Charles sich mit Goethes Freunden geprügelt.
Überm Zaun her hatte er Klopstock und Herder beschimpft.
Er war vollständig alkoholisiert gewesen.
Und nannte die zwei verlogene Eiervögel,
Puderhähne, Barockheinis etc.
Klopstock war dann ausgerastet und hatte Charles
Mit einer Oboe mehrfach die Rübe poliert.

Bei Goethe war alles sauber und geordnet.
Der Rasen. Die Anlagen. Der Teich mit Zierfischen.
Die Sonnenuhr. Alles.
Brennesseln wuchsen bei Charles auf der anderen Seite.
Und Ackerschachtelhalm.
Manchmal warf er Ackerschachtelhalmsamen zu Goethe rüber
und grinste, sobald er ihn beim Unkrautjäten beobachten konnte.

Regelmäßig wurde Goethes Sohn von Bukowskis Sohn verdroschen.
Nur so.

Manchmal hatte Goethe illustre Gäste geladen,
mit denen er in der Gartenlaube fachsimpelte.
Walther von der Vogelweide, Justinus Kerner und Heidi.
Dann machte Charles Bukowski sich den Spaß,
stellte sich auf eine halbhohe Leiter
auf der seinen Seite des Zaunes und pullerte
im hohen Bogen in Goethes Zierfischteich hinein.

Das alles ging Jahre lang so.
Goethe bekam graue Haare.
Bukowski einen Bauch.

Im Sommer letzten Jahres endete die gemeinsame Geschichte.
Ende August initierte Bukowski ein Megagartengelage.
Er lud die wichtigsten Leute der letzten Jahre ein.
Jim Morrison.
Arthur Rimbaud und Paul Verlaine, die kein Bock mehr
auf schwule Fahrten durch Belgien hatten.
Jack London
Janis Joplin
Johann Christian Günther
Jack Daniels
Glenn Fiddich.

Am nächsten Morgen war das ganze Ausmaß der Orgie sichtbar.
Verwüstet war nicht nur Charles Garten,
sondern auch Goethes Garten glich einem Frontabschnitt
des ersten Weltkriegs, irgendwo bei Verdun.

Schnapsleichen lagen verstreut zwischen Gartenhaus,
Sonnenuhr und Fischteich.
Charles Bukowski kauerte auf einer Couch,
die Goethe unterhalb eines Apfelbaum platziert hatte
und gerne und innig am späten Nachmittag benutzte.

Er hing über einer Riesenschüssel
Und würgte Erbrochenes aus dem Gesicht.

Jetzt brannten alle Sicherungen bei Johann Wolfgang von Goethe durch.

Er schnappte sich Charles Bukowski,
der ein hochgradiges Delirium durchdämmerte,
schleppte ihn zum Zierfischteich
und ertränkte den besoffenen Dichter.


Moral:
Keine Ahnung.

Vielleicht die:
Unterschätze keinen Dichter.
Auch einen Goethe nicht.



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Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (05.04.23, 16:50)
Johann Christian Günther hätte Buk nicht eingeladen. Oder mochte er den wirklich?

Fantasievoller, witziger Text mit einigen sehr guten Ideen. Winzige kritische Anmerkungen im Privatkommentar.

 Pensionstarifklempner (05.04.23, 20:47)
Welche eine Aufgabe steht vor Redux. Die Weltlieratur hat eine Menge von Dichtern. Und DICHTERINNEN!
Wo ist das schreibende Damenvolk.
Es war ein Lesesaal. Danke.

 AchterZwerg meinte dazu am 06.04.23 um 06:21:
Immerhin darf Heidi mitspielen! :)
Daniel (50)
(06.04.23, 01:32)
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 Mondscheinsonate (06.04.23, 01:36)
Oh, lies den Safranski, der Goethe war der Sexgott, da wär der Bukowski errötet. :D

 AchterZwerg antwortete darauf am 06.04.23 um 06:24:
Das stimmpt!
Safranski hat ohnehin von morgens bis abends Recht, was für eine werdende Juristin allerdings nicht wirklich ...

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 06.04.23 um 11:57:
Gott sei Dank, das wär ja fad. Aber, lass dir gesagt sein, wenn man weiß, dass man nicht Recht hat, liegt die Kunst darin, vom Gegenteil zu überzeugen. Ich bin noch Schülerin.

 AchterZwerg (06.04.23, 06:26)
Hallo Redux,
auf der sexistischen Ebene nehmen sich beide nicht viel.
Was aber an der Qualität des göttergleichen Gedichts nichts ändert!

Very amused
der8.Hofzwerg

 lugarex (13.07.23, 06:56)
offen bleibt: wer ertränkte den Goethe?

elgö luga

 RainerMScholz (13.07.23, 16:01)
Heidi?
Heidiheidoheida, heiiidiheidoheida, hei di, hei do, hei da, hahahahahahaha: Intro von Accept "restless + wild" (geklaut), wahrscheinlich frei nach den Leiden des jungen Wuppdich, oder wie Chinaski sagen würde "Fuck machine".
Grüße,
R.

 Redux äußerte darauf am 13.07.23 um 16:02:
Chinaski würde das sagen....grins
Daniel (50)
(11.08.23, 12:56)
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