Grabgeflüster

Monolog

von  Rosalinde

Ach, Fritz, da liegst du nun in deinem Grab.
Ich kann das immer noch nicht richtig glauben.
Doch das Erinnern kann mir keiner rauben.
Mit mir, mein lieber Fritz, geht es bergab.

Zwei Jahre her, kaum weiß ich dein Gesicht,
dein Bild verschwimmt, da ist nur große Stille.
Und auf dem Nachttisch liegt noch deine Brille.
Zwei Jahre ohne dich – ich glaub es nicht.

Ach, halbwegs komm ich ja allein zurecht.
Bei jedem Handschlag aber höre ich dich sagen:
„Genier dich nicht, du kannst mich ruhig fragen.“
Nun, ohne dich, gestehe ich, geht’s schlecht.

Zuweilen fühl ich mich doch sehr allein.
Ich kann mich nur beim lieben Gott beschweren.
Ach, manchmal will ich bloß mein Herz entleeren,
dann ist’s, als kämest du zur Tür herein.

Gestorben ist auch unser Dackelhund,
er war recht alt in seinen letzten Tagen.
Was hilft's, was soll da alles Klagen,
er war ja lange schon nicht mehr gesund.

Du ahnst nicht, wie mir das zu Herze ging.
Die Krügern ist dann mal vorbeigekommen.
Es war so schlimm, ich war direkt benommen.
Der arme Hund, das süße kleine Ding!

Jetzt weißt du, wie es ohne dich heut geht.
Gehab dich wohl in deiner Grabesstille.
Fritz, auf dem Nachttisch liegt noch deine Brille!
Du lachst, verstehst wohl nichts von Pietät?



Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 uwesch (29.07.23, 11:01)
Tja, alle sind wir mal dran - liebe Grüße an den Fritz :) 
LG Uwe

 Rosalinde meinte dazu am 29.07.23 um 11:08:
Ja, da hast du recht, Uwe. Es ist nie eine Frage, ob, sondern immer nur, wann. 

Dankeschön fürs Reinsehen. 

Herzlich, Rosalinde

Antwort geändert am 29.07.2023 um 11:47 Uhr

 Beislschmidt antwortete darauf am 19.08.23 um 19:53:
Das ist sehr direkt und authentisch geschrieben. 
Die, die zurückbleiben haben es am schwersten.
Beislgrüße

 Rosalinde schrieb daraufhin am 20.08.23 um 11:24:
Lieber Beislschmidt,

man sollte sich nicht allzuviele Gedanken machen über das, was jeden Menschen erwartet. Es sei erinnert an Goethes
"Stirb und Werde". Eine Zukunft gibt es immer, auch wenn man selbst nicht mehr dabei ist. Dieser Gedanke kann doch tröstlich sein. 

Herzlich, Rosalinde
Dieter Wal (58)
(29.07.23, 22:27)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Rosalinde äußerte darauf am 30.07.23 um 05:18:
Dankeschön, Dieter Wal. Ja, der Text ist aus dem Leben geschöpft, wie es leibt und lebt. Wir haben es eben alle nicht leicht.

Herzlich, Rosalinde
Dieter Wal (58) ergänzte dazu am 30.07.23 um 10:52:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Beislschmidt meinte dazu am 20.08.23 um 14:04:
man öfter das sehr tiefe Gefühl hat, er sei gerade mitten im Raum, selbst nicht eingebildete körperliche Berührungen
Kenn ich ... kenn ich ... unser Vorbesitzer vom Haus geistert öfters nachts durch die Küche und schmeißt Gläser runter. 

Hast du als Trauerredner auch schon Lehmmännchen gebastelt wie in "Angel Heart"?

 IngeWrobel (08.08.23, 15:21)
Mir gefällt die vermeintliche Schnoddrigkeit im Stil. 
Erinnert mich an die von mir sehr geschätzte Mascha Kaléko. 
 
Jetzt bin ich neugierig auf Mehr!  :O 

Liebe Grüße 
Inge

 Rosalinde meinte dazu am 20.08.23 um 11:19:
Liebe Inge,

ich habe ein paar Gedichte im Stil der Neuen Sachlichkeit geschrieben, einfach mal ausprobiert, ob sie mich zu lyrischen Höhenflügen veranlassen. Aber ich will mich nicht festlegen, ich sage mir, jedes Thema braucht sein eigenes Kleid. Aber Mascha Kaleko mag ich sehr, Berlinerin wie ich, die genau mit jedem Wort ins Hühnerauge trifft. Heute wird in der veröffentlichen Lyrik eigentlich dieses konkrete Schreiben nicht mehr geschätzt, man ergeht sich in esoterischem Wolkengebimmel - vielleicht auch aus Angst vor der Zensur, wenn man allzu konkret werden sollte.

Herzlich, Rosalinde
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram