An der Tafel

Gedicht

von  Beislschmidt

An der Tafel


Die Schande haust gleich um die Ecke
wo Armut trägt ihr Sünderhemd.
Die Greisin neben fetter Zecke
in einer Schlange steht ganz fremd.

Die Greisin packt sich Möhren ein,
legt ein paar Zwiebeln noch dazu
und neben ihr das fette Schwein
sagt, "hey hau ab, du alte Kuh".

Den Blick voll Scham und Angst nach unten,
wird sie ganz grob beiseit’ geschoben.
Kein Mutiger bei all den Kunden.
Die Tafel leer und aufgehoben.



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Kommentare zu diesem Text


 Rosalinde (17.08.23, 18:01)
Bisher hat noch keiner was zu diesem Text geschrieben. Aus Scham?
Ich weiß es nicht. Du hast eine Beobachtung aus dem Alltag beschrieben, aus dem Alltag derjenigen, die ohne die Tafel nicht überleben würden. Anscheinend ist die Tafel für viele hier keine Realität, muss ich annehmen. Dank dir, Beislschmidt, für deine genaue Beobachtung. 

Herzlich, Rosalinde

 Graeculus meinte dazu am 17.08.23 um 18:18:
Ich bin mir nicht sicher, ob hier "eine Beobachtung aus dem Alltag" gegeben oder ein Klischee bedient werden soll. "Fette Zecke" und "fettes Schwein" sind gewiß keine Begriffe aus der Beobachtungssprache, sondern aus einem Dehumanisierungskonzept: Mensch --> ekliges Tier.
Hier wird mir zu deutlich dem Leser eine Bewertung aufgedrängt, und zwar eine, die ich jedenfalls nicht einmal als eine moralische empfinde.

Die Berichte, die ich aus Tafeln kenne (Medien), laufen eher auf eine zunehmende Zahl von Bedürftigen und eine abnehmende Zahl von Spenden hinaus. Dieses Problem wird hier gar nicht angesprochen.

 Beislschmidt antwortete darauf am 17.08.23 um 20:56:
Allein dass es Tafeln überhaupt gibt, ist der Offenbarungseid eines Landes. In der Aera Merkel habe die Tsfeln sich vervielfacht. Es ist ein Schande. Wenn sich dann noch Revierkämpfe bilden, wo die Schwächsten zur Seite geschubst werden, ist es vorbei mit der Menschlichkeit.
Beislgrüße
Huhu (73) schrieb daraufhin am 18.08.23 um 13:13:
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 EkkehartMittelberg (17.08.23, 18:15)
Skandalös. Gibt es bei den Tafeln keine Aufsicht, die solche Ausschreitungen unterbindet?

LG
Ekki

 Graeculus äußerte darauf am 17.08.23 um 18:22:
Was hältst Du von einem Text, der einen Menschen als "fette Zecke" und "fettes Schwein" tituliert? (mitsamt der falschen Assoziation fett = wohlhabend)
Ich bin sehr mißtrauisch gegenüber dem, was uns hier erkennbar suggeriert werden soll.

 niemand ergänzte dazu am 17.08.23 um 18:44:
Und wenn der Schreiber das genauso erlebt hat?
Woher willst Du, Graeculus, wissen, dass dem nicht so ist?
Der Mensch tendiert zur Gier und wo er ein sogenanntes
"Schnäppchen" machen kann, sprich genauer "billig an etwas kommen" sagt mancher wohl nicht nein. Ich habe von Tafelmitarbeitern schon gehört, dass und jetzt flipp nicht gleich aus,
dass Ukrainer in dicken Autos vor die Tafel fuhren und den Mitarbeitern ziemlich anmaßende Wünsche via Einkaufszettel
vorlegten. Einer hatte sogar Kavial als Wunsch. Glaubst Du allen Ernstes Menschen sind dazu nicht fähig, wenn es um ihren Vorteil geht? Wäre es nicht so, gäbe es keine Ausbeutung untereinander.
Das solltest Du als Lehrer doch wissen.

 FrankReich meinte dazu am 17.08.23 um 19:18:
Stimmt, Beislschmidt nach persönlichem Erlebnis zu fragen, ist eine gute Idee, denn schließlich werden an der Tafel nur Bedürftige zugelassen, entweder ist er also selbst einer oder arbeitet dort, bei Hörensagen wäre ich kritisch.
Im Text verliert er über Ukrainer übrigens kein Wort, ich habe auf Focus online darüber gelesen, die "Studien" über Wohlstandsukrainer wurden inzwischen relativiert, da Mitarbeiter von den Autos der Ukrainer auf vermeintlichen Wohlstand schlossen und auch Missverständnisse, wie z. B. die Tafel als ganz normalen Supermarkt einzustufen, erst einmal ausgeräumt werden mussten.
Aber warten wir doch mal Beislschmidts Erklärung ab. 👋🙂

Ciao, Frank

 Rosalinde meinte dazu am 17.08.23 um 19:18:
Graeculus, ich sehe das so, dass der Autor in gerechter Empörung zu Schimpfwörtern greift, so als Autor zu dem Vorfall sich nicht distanziert, in der Beobachterposition verbleibt, sondern eindeutig Stellung bezieht. Natürlich ist das nicht die feine englische Art, aber die herrscht ja wohl, sobald es um den eigenen Vorteil geht, in keinem Fall. Und da ist es egal, ob es die Tafel für Arme ist oder der Kampf um einen größeren Geldvorteil. Das ehrt dich ja, Graeculus, dass du auch in der Schlange der Tafel noch Kontenance behalten würdest, aber das scheint mit der Realität der Tafel wenig zu tun zu haben. Ich vermute, dass Beislschmidt absichtlich den drastischen Vorgang in eine drastische Sprache verpackt hat, so ihn auch noch für den letzten Ästheten sichtbar machend. Mich hat diese drastische Sprache nicht gestört in diesem Fall.

Herzlich, Rosalinde

 Graeculus meinte dazu am 17.08.23 um 19:39:
Ganz sicher hat Beislschmidt (falls er denn tatsächlich vor Ort war) keine fette Zecke oder fette Ziege gesehen, sondern eine Frau. Die peiorative Bewertung kommt aus seinem Inneren. Indem er uns das mitteilt, mischen sich Beobachtung und Suggestion.

Ich halte nichts davon, Menschen als Zecken und Schweine zu entmenschlichen.

 Graeculus meinte dazu am 17.08.23 um 19:46:
Falls (!) Beislschmidt Ukrainer gesehen hat, die Kaviar verlangt haben, kann er uns das ja mitteilen. Ein kluger Leser weiß dann schon selbst, was er davon zu halten hat - dazu braucht es niemanden, der ihm das mit dem literarischen Holzhammer nahebringt.

Übrigens sind meine Bedenken eher ethischer als ästhetischer Art. Was macht man mit Zecken und Schweinen? (Jedes Pogrom hat mit der Dehumanisierung seiner Opfer begonnen.)

 Graeculus meinte dazu am 17.08.23 um 19:49:
An niemand:

Und wenn der Schreiber das genauso erlebt hat?
Woher willst Du, Graeculus, wissen, dass dem nicht so ist?

Ich schrieb:

Ich bin mir nicht sicher, ob hier "eine Beobachtung aus dem Alltag" gegeben oder ein Klischee bedient werden soll. "Fette Zecke" und "fettes Schwein" sind gewiß keine Begriffe aus der Beobachtungssprache, sondern aus einem Dehumanisierungskonzept: Mensch --> ekliges Tier.
Muckelchen (70) meinte dazu am 17.08.23 um 19:53:
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 Beislschmidt meinte dazu am 17.08.23 um 20:50:
@alle
Im speziellen Fall wurde eine alte Frau abgedrängt,  so dass sie am Schluss leer ausging. Jörg Sartor hatte darüber berichtet und das hat mich erschüttert und wütend gemacht.
Gut, sprachlich nicht gerade zimperlich aber den Verhältnissen entsprechend.
Beislgrüße

https://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/Interview-Chef-der-Essener-Tafel-Man-treibt-die-Leute-reihenweise-zur-AfD-id55500011.html

Jörg Sartor ist bekannt geworden, als er zeitweise keine Ausländer mehr in seiner Tafel aufnahm. Rasch wurde ihm Rassismus vorgeworfen. Was ihn wirklich bewegt.
Augsburger Allgemeine
Interview
Früher hatten wir einen Ausländeranteil von 35 bis 40 Prozent. Im Gefolge der Flüchtlingskrise stieg dieser Wert aber auf etwa 75 bis 80 Prozent an. Das ist im Prinzip erst einmal nichts Verkehrtes. Dann stellten wir fest, dass immer mehr Deutsche – vor allem Ältere oder Frauen – wegblieben. Wir gingen der Sache nach und mussten handeln.
..... dass sie sich immer ganz nach vorne drängeln sollten, um ans Ziel zu kommen. Außerdem dachten sie, dass die Tafeln eine staatliche Einrichtung sind, in denen sie Anspruch auf Leistungen haben. Darum sind sie damals entsprechend forsch aufgetreten. Was meinen Sie wohl, wie sich eine alte Dame fühlt, die zur Tafel kommt und da stehen 50 junge arabische Männer, die teils mit Ellenbogen versuchen, an Essen zu kommen? Ganz einfach: Die Frau kommt nicht mehr. Auch wenn sie dann weniger auf dem Teller hat. Sie verhungert natürlich nicht. Denn eine staatliche Grundsicherung gibt es ja trotzdem. Aber ohne unsere Leistungen geht es ihr schlechter.

"Schnorrer" bereichern sich an kostenlosen Waren"
Von Edgar S. Hasse (die Welt)
Mitarbeiter der sozialen Einrichtungen beobachten einen erschreckenden Trend. "Trittbrettfahrer" missbrauchen ihre Versorgungsangebote, um sich vom so gesparten Geld Konsumgüter und Reisen leisten zu können oder die kostenlos erhaltenen Lebensmittel sogar weiter zu verkaufen.

Remscheid
Spenden-Missbrauch — Tafel führt Ausweis ein
Rheinische Post
Ein Nachweis der Bedürftigkeit wurde nicht verlangt. Immer wieder seien jedoch Abholer beobachtet worden, "die mit neuen Wagen vorfuhren und an allen Ausgabestellen auftauchten, um sich mit Lebensmitteln einzudecken", berichtet Urbinger.
Diesen Missbrauch wolle man unterbinden. Schließlich würden die Spender die überschüssigen Waren unter der Maßgabe an die Tafel geben, dass sie wirklich Bedürftige erhalten. "Wir geben daher Ausweise aus", sagt Urbinger.

Antwort geändert am 17.08.2023 um 20:51 Uhr
Muckelchen (70) meinte dazu am 17.08.23 um 21:01:
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Daniel (50) meinte dazu am 18.08.23 um 00:32:
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 Beislschmidt meinte dazu am 18.08.23 um 07:03:
Otto Dix oder Hieronymus Bosch bzw. 
Oder man denke nur an die Karrikaturen von Manfred Deix und seiner Lederhosenidylle.

 lugarex meinte dazu am 18.08.23 um 07:15:
oder auf meine bescheidene zeichnungen  :D?!?

 Janna (17.08.23, 20:19)
Ich kann mich mit dem Gedicht leider nicht anfreunden. Das Schimpfwort "Fettes Schwein" ist ja keine wahrheitsgemäße Beobachtung (falls es eine sein sollte, ich glaube eher, dass hier eine Handlung erfunden wurde) sondern eine Zuweisung des Autors. Und das stört mich sehr. Wenn jemand übergewichtig ist oder sogar adipös, ist das ein Teufelskreis, aus dem diese Menschen schwer und so gut wie nie alleine herauskommen. Dass sie dann auch noch verhöhnt und beschimpft werden, muss nicht sein.
Ich würde versuchen, das anders zu formulieren, aber ist nat. deine Entscheidung.

Liebe Grüße

Janna

 Beislschmidt meinte dazu am 17.08.23 um 20:48:
Sicher etwas krass, zugegeben.
Als Gegrnsatz zu den dürren Armen aber nachvollziehbar. 
Beislgrüße
Agnete (66) meinte dazu am 17.08.23 um 21:31:
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 Beislschmidt meinte dazu am 18.08.23 um 07:22:
Wie in den Artikeln gezeigt, sind es organisierte Schnorrer und Clans, die sich hier breitmachen und das ist bemerkenswert. Hunger leidet von denen keiner. Die wollen ihr Schnäppchen machen.

 niemand meinte dazu am 18.08.23 um 10:13:
@ Agnete
Ich persönlich sehe die Bezeichung "fettes Schwein"/ "Zecke"
nicht als einen Angriff auf adipöse Personen, sondern  es sind für mich Begriffe für Menschen denen es nicht so schlecht zu gehen scheint, die aber ihren Vorteil in möglichen "Schnäppchen" suchen.
Schnorrer und Clans, wie Beislschmidt es unter anderem bezeichnet hat. Und mit dem Spenden von Privatpersonen habe ich persönlich auch so meine Probleme. Das täte den Regierenden so passen.
Die Verantwortung für Armut etc. auf Privatperspnen abzuwälzen.
Sich selber aber die Taschen in diversen Ämtern vollzustopfen.
Siehe die üppige Diätenerhöhung und die geplanten Inflationszulagen
für die Herrschaften, welche die Armen wohl nötiger hätten, sie aber nicht bekommen. Wenn man die Bekämpfung von Armut auf ein privates Spenden abwälzt, bleibt dem Staat genug Geld um es der Rüstungsindustrie in den Hintern zu stopfen. Wofür das wird inzwischen wohl jeder wissen.

 Beislschmidt meinte dazu am 18.08.23 um 19:20:
In dem Artikel sieht man das Bemühen von Jörg Sartor um eine vorsichtige Einschätzung, wer aber genau liest, erkennt die desaströsen Zustände der Essener Tafel. Wer abseits von diesem Realitätsbekenntnis steht, gibt zu erkennen, dass er es sich auf der anderen Seite in der Kuschelecke gemütlich gemacht hat.

 Mondscheinsonate (17.08.23, 20:20)
Wo gehst du einkaufen?

 Beislschmidt meinte dazu am 17.08.23 um 20:49:
Früher beim Meinl

 Mondscheinsonate meinte dazu am 17.08.23 um 20:57:
Ich hoffe nicht vor Weihnachten am Graben. 😂

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.08.23 um 22:06:
Zurück zu dem Text: Ich denke, dass die allgemeine Verrohung der Gesellschaft sich auch an den Tafeln zeigt.
Insofern habe ich mit der rüden Sprache gerechnet.
Daniel (50) meinte dazu am 18.08.23 um 00:35:
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 lugarex meinte dazu am 18.08.23 um 07:24:
...weil die zu viel in das Rohr gucken!

 Mondscheinsonate (18.08.23, 07:17)
Komisch, zurück zum Text, bei uns ist das die Sprache der Skin Heads gewesen - Zecke, also linke Zecke. Daher lehne ich ihn persönlich strikt ab. Aber, das ninmt mir Beisl nicht übel, weil das ein regionales Missbefinden ist.

 Beislschmidt meinte dazu am 18.08.23 um 07:24:
Nee, nehm ich nicht übel.  Bei uns ist eine Zecke jemand, der andere aussaugt. Genau wie das Tier.
Huhu (73) meinte dazu am 18.08.23 um 13:21:
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 Beislschmidt meinte dazu am 18.08.23 um 13:41:
in jedem Deutsch ist Zecke
In jedem? Nicht in meinem.

Und wenn's so wär, wär mir das schnuppe.

 Rosalinde meinte dazu am 18.08.23 um 16:53:
Huhu,

interessant die Aufzählung, woraus du dir alles nichts machst. Mir geht es so, dass ich moralinsaures Gesülz nicht ertragen kann. Geht es dir auch so? Ich glaube, das fehlt in deiner Aufzählung.

Rosalinde

 Beislschmidt meinte dazu am 22.08.23 um 17:22:
Rosalinde, nach 39 Jahren Gastro ist man gebrieft für den Rest des Lebens. Ich hab ein breites Kreuz und ,gelernt Geduld zu haben. 
Beislgrüße

 Rosalinde meinte dazu am 22.08.23 um 17:45:
Lieber Beislschmidt,

dass es hier eine Diskussion zu formalen Aspekten deines Gedichtes gibt, zeigt mir, dass sie genau wissen, welche Anklage du in deinem Gedicht erhebst. Doch darüber wird nicht diskutiert. Alles brave Anpasser. Statt auf die Rechte der Bürger einzugehen, wird hier herumgelabert wegen "Zecke". Ich hätte noch ein ganz anderes Wort für sie. Aber da würden sie alle in Ohnmacht fallen und irgendwas von Verrohung der Gesellschaft labern - nicht deshalb, weil du sie benennst, sondern in staatstragender Pseudo-
Gschamigkeit geplärrt: Igittigitt, so was schreibt man doch nicht! Genau deshalb war die Zecke richtig!

Rosalinde
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