Mein böser Nachbar

Ich lag nackt auf einer Wiese,
über mir der Himmel und auf mir … du,
eine Kröte schaute reglos zu,
als wir uns ...

… eine Motorsäge kam von irgendwo her, die Kröte nahm das Gerät zwischen die Füße und hielt auf uns zu. Sie quakte: „Niemand versperrt mir die Sicht!“

Ich fiel aus dem Bett, landete auf dem Rücken, bekam vor Schmerz kaum Luft. Das ist nicht real, schoss es mir durch den Kopf, nur ein Alptraum, klar, ich grinste erfreut, doch nur kurz, denn die Säge kreischte erneut auf. Ächzend erhob ich mich vom Teppich, mittlerweile sah ich rot und fragte mich: „Welcher Idiot ...?“

Was ich am Fenster erspähte, ließ mich erbleichen, denn mein Nachbar, Herr K., stand da im Garten und sägte wie blöd an meinem Apfelbaum, nah bei den Eichen. Ich schrie, er solle augenblicklich vom Baume weichen. Er lachte wie irre, ein Ast fiel in den Teich, der Mann tat's ihm gleich. Sein pralles Weib kam flugs über den Zaun gesprungen ... ups ... misslungen! Ohne Rock saß sie nun auf dem Rasen, denn der hing noch am Maschendraht. Inzwischen war auch ich bis zum Tatort vorgedrungen, der Wüstling lag gekrümmt bei den Fischen im Wasser. Sein Anblick ließ mich freudlos kichern, doch weil er so schrie, rief ich per Handy 112, die Feuerwehr. Beide Arme seien gebrochen, erfuhr ich hinterher.

Mein lieber Herr Nachbar lag noch Wochen auf der Chirurgie, Arme im Gips, welch Ironie! Sein Gesicht, als ich ihn besuchte, vergesse ich nie. Panisch erkannte er das Messer in meiner Hand, mit dem ich plötzlich vor ihm stand. Ich flüsterte: „Mein Apfelbaum hat arge Wunden getragen, drei Fische sind tot, eine Kröte erschlagen. Sollten Sie sich noch einmal ungebeten in meinen Garten begeben, werde ich eine Gonadektomie vornehmen!“

Das Ehepaar hatte sich seither sehr verändert, war ruhiger und viel netter, sie pflanzten Blumen und Bäumchen, bei Wind und Wetter, ...

… bis gestern … als mein Nachbar hysterisch schrie: „Ich zersäge diesen Alptraum von Baum.“ Die Motorsäge heulte kreischend auf. Ich griff nach dem Messer und machte mich auf den Weg …

©Sigrun Al-Badri/ 2018