Begebenheiten am Bahnhof Ende 2023 - Erzählung

Text zum Thema Aktuelles

von  pentz

18.10. 2023 Oktober


Finde einen Geldbeutel. Er steckt in einem Spalt zwischen Sitz und Fensterwand. Ich schiebe meinen Arsch darüber, damit man nicht bemerkt, dass ich ihn gesichtet habe. Mit verschränkten Händen grabsche ich nach ihm, wobei ich die Passanten um mich herum im Auge haben, ob sie mein Tun bemerken. Besonders argwöhnisch beäuge ich die Kugel an der Decke, die innen schwarz angemalt ist, solche Art von Deckenbeleuchtung ist gleichzeitig eine Überwachungskamera. Als ich mir einbilde, man hat meinen Fund und das Finden nicht gesehen, drehe ich mich und und wende meinen Rücken gegen Überwachung und Augenzeugen. Aha, Geld ist drinnen, Pass ist drinnen.

Ich ziehe den Pass heraus. Eine junge Mama, wie es aussieht, also längst schon über dem Teenageralter hinaus, aber noch nicht von Reife gehärtet, blickt mich hoffnungstrunken an. Ein paar Kinderbilder im Sichtfenster bestätigen den Verdacht. Eine Gesellschafts-Reproduzierende. Wahrscheinlich, weil recht dunkle Haare, eine mit Migrationshintergrund. Solche braucht der Staat. Nach solchen lechzt er. Solche fördert er. Solchen hat er in den letzten Jahrzehnten regelmäßig das Kindergeld erhöht, sprich das Geld in den fetten Mutterarsch gesteckt, während unsereins – drauf gepisst.

Könnte einem Leid tun, wenn ich nicht plötzlich das Bild vor Augen hätte, wie so ein Saftsack von Uniformierter von der Bahn, sich die Hände reibt und die Lippen leckte, wie ich ihm den Geldbeutel überreiche. Nein, dem stecke ich es ihm auch nicht gleich in den schwulen Arsch. Das Geld. Dem kannst Du nicht trauen. Wer so mit unsereinem verfährt, wie er verfährt, ist nicht vertrauenswürdig. Von wegen, er werde es an das Pfandleihbüro weitergeben. Von wegen! Und wenn, dann hat er sich die Scheine und Münzen in seinen eigenen Säckel gesteckt, sagt bei der Abgabe: „Geld war keins drinnen, wie ich es überreicht bekommen habe. Aber Pässe und Ausweise und Papiere undsoweiter. Bestimmt wichtig für die Besitzerin.“ Und lacht sich in Fäustchen, dass er ein paar Groschen mehr mit seiner verfickten Arbeit eingeheimst hat.

Soll, ich den Geldbeutel samt Inhalt also weitergeben, solche einem Dödel in die Kralle geben? Nein, nein, und niemals nein. Diese Personen sind nicht mehr vertrauenswürdig. Und brauchen kann ich es auch!

Also, Lädy Besitzerin, das viele Kindergeld, dass dir in den Arsch gesteckt worden ist, musst du in diesem Fall mit mir teilen. Den Geldbeutel lasse ich – ausgeraubt – nur mit Bildern versehen – im Schlitz stecken. Ein Schaffner wird es finden und weitergeben, ohne allerdings dabei seinen Profit und seine Dividende gemacht zu haben.



Wir sind alle gleich. Wir sind alle Freunde. So verhalten wir uns.

Einer, ein Pakistani, spricht dem Hohn.

Ich lerne ihn wie alle, die hier nach dem Glück rennen, zwangsweise kennen, weil wir uns alle früher oder später übern Weg rennen. Unvermeidlich.

Er ist schon sehr älteren Semesters, gedrungen und sehr fit. Dauernd einen Stöpsel im Ohr, über das er mit irgendjemanden permanent laut redet. Das schallt durch den kleinen Bamberger Bahnhofshallen-Klangkörper. Und wenn er nicht mit jemanden redet, so erfüllt er doch mit Lärm sein Umfeld, zum Beispiel eine U-Bahnabteilung, wenn er lautstark seine pakistanische Musik hört, obwohl er einen mächtigen Ohrenstöpsel im Ohr stecken hat. Aber der Lärm der Musik dringt darüber hinaus. Die Leute um ihn herum sind natürlich über seine Art nicht begeistert. Oft schäme ich mich, dass ich ihn kenne vor diesen. Ich versuche mich aber noch aus anderen Gründen vor ihm zu verstecken.

Denn wenn er mit mir zusammentrifft, meist vor einem Terminal, dann ist er es, der ohne mit der Wimper zu zucken, meist über den sich nähernden Kunden lächelnd, hoffentlich nicht über mich, dass er sich diesem nähert, ohne mir mal auch den Vortritt zu lassen. Bei einigen klappt das Gegenteil: einmal Du, einmal ich. Bei ihm ist davon nicht einmal die Rede. Wahrscheinlich weil ich kein Vertreter seiner hohen Kaste bin, er Obermensch, ich Untermensch, oder? Oh pardon, er ist ja Moslem. Welche Kriterien kennen die? Vielleicht weil ich keiner bin? Ich habe mich schon so viel Gedanken darüber gemacht, was in seinem Kopf wohl vor sich geht – das er sich immer vorzieht? Egal, was, er jedenfalls tritt immer hervor, während ich das Nachsehen habe.

Warum lässt Du Dir das bieten?

Dafür schäme ich mich zu sehr, wenn es zu einer Auseinandersetzung käme. Hier ist doch die Öffentlichkeit. Und was wir tun, ist illegal. Da kann man schlecht über Recht und Unrecht, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit diskutieren.

Oft habe ich mir überlegt, wieso solche Leute hierherkommen. Und ich bin zum Schluß gekommen: die nerven normale Menschen in ihrer Heimat. Die sind derartig asozial, dass sie von den anderen verfolgt werden und das zurecht. Bei uns suchen sie dann Asyl als politisch verfolgter. Dass die Heimatländer sich weigern, sie wieder aufzunehmen, ist absolut verständlich. Solche Typen lassen sich deshalb nicht zurückführen und gehen uns permanent auf den Sack.

Gestern hat er ein zweijähriges Aufenthaltsverbot für den Nürnberger Bahnhof erhalten.

Heute ist er aber wieder hier.

Ich habe vor ein paar Minuten gesehen, dass er erbarmungslos von Rotkäppchen gepastet worden ist. Er hat um Erbarmen gewinselt – hat er natürlich nicht, aber er hat immer so mit den Augenbrauen gezuckt: wie können Sie nur, Herr Wachtmeister, wie können sie nur so unmenschlich sein; haben sie doch Erbarmen; drücken sie doch ein Auge zu. In diesem Moment ist mir Rotkäppchen richtig sympathisch gewesen. Erbarmungslos hat er nach der Bundespolizei gerufen – Gerechtigkeit wird siegen!

Ob der Punjab-Knabe jetzt ein Vorstrafe bekommt? Ob dies endlich Grund genug ist, um ihn aus dem Bamberger Ankerzentrum für politische Flüchtlinge geradewegs nach Pakistan zurückbringen? Schön wäre es! Solche Leute brauchen wir hierzulande bestimmt nicht! Ich wünsche keinem eine Rückführung gegen seinen Willen, niemandem, aber diesem schon!!!



19.10.2023 Oktober


Als ich eine Ebene tiefer im Bahnhof zum McDonalds gehe, das tue ich normalerweise nie, stehe ich vor dem Tresen und versuche einen dieser giftigen McBurger oder ätzenden McHamburger oder so zu bestellen. Neben mir tritt eine Hüne in Uniform mit der typischen harten kofferartigen Bahnbediensteten-Tasche an den Tresen heran, mit so einem Typ Handwerkskoffer, hart und fast quadratisch, den er mir zwar nicht in die Seite schlägt, aber womit er mich von der ersten Bestellposition abdrängt.

Ich schaue protestierend zur Bedienung, einer Asiatin, die sehr wohl alles mit angesehen hat, sie mit den Augen auffordernd, dazwischen zu schreiten und zu sagen: „Moment Mal, mein Herr, der andere Herr war zu erst da. Einer nach dem anderen, bitte doch!“

Aber denkste. Diese checkt binnen Sekunden, dass hier eine hochwichtigere Funktionsperson steht und sich auf brachiale Weise Raum verschafft, eine, die vielleicht auch etwas zu sagen hat in dem Territorium, in dem sich ihr Arbeitsplatz befindet und den sie sich nichts sehnlicher erwünscht hat, als sie in einem asiatischen Slum groß geworden ist und sich erträumt hat oder besser die Älteren ihr sehnlichst an den Hals gewünscht, indem sie ihr Tag für Tag eingeimpft haben, Du musst in den Westen auswandern, in das gelobte Land, wenn nicht nach Amerika, so doch wenigstens nach Europa und bedient diesen, der feist grinst und mich herausfordernd anschaut. Die Antwort kannst du haben, denke ich und sage: „Mister, Sie sind ein Arschloch!“ Dann gehe ich von dannen.


Abends stehe ich wieder vorm McDonalds. Dieser ist die einzige Stätte im Bahnhof, wo man noch etwas Warmes zum Essen kriegt. Ich bin abgehetzt und gestresst. Man sieht es mir an. Ich bestelle zwei Hamburger und der äthiopische Bedienstete verlangt das Dreifache des Preises. Ich protestiere: „Normalerweise ist es so, dass, je mehr du bestellst, desto weniger du bezahlen musst.“ Er merkt, ich kann kaum mehr reden und bin am Ende. „Stimmt. Aber heute nicht!“, und beharrt auf seinen überteuerten Preis. Er triumphiert, weil er sieht, ich kann nicht mehr, ich brauche unbedingt etwas Kalorienreiches im Bauch, sonst übergebe ich mich oder noch Schlimmeres.

„Aber Du bist doch auch ein Bittgänger, also mal gewesen. Du musst das doch kennen. Musst verstehen, wie man sich fühlt, wenn man abgebrannt ist. Down. Niedergeschlagen. Abgebrannt. Hoffnungslos verloren. Oder, wie bist Du hierher nach Deutschland gekommen? Erinner Dich! Nicht mit einem Schiff, nicht über Lampedusa, nicht halb ertrunken, ausgepufft und halb ausgeraubt? Spießrutenlaufen vor Menschen, denen es besser geht und die einem mit verächtlichen Blicken aufspießen, weil Du so heruntergekommen angezogen bist. Ausgehungert womöglich. Auf deinem mühsamen Weg durch Italien nach Deutschland. Warst Du nicht dankbar, ein paar Stollen Brote zugesteckt zu bekommen? Einen Groschen, einen Euro oder zwei? Als Du nichts mehr in der Tasche hattest? Keinen müden Cent mehr. Wie erging es Dir denn da? Ha? Erinner Dich!“

Der ältere Äthiopier ist ungerührt. Er ist schon vor der Flüchtlingswelle 2015 gekommen. Also muss er doch ein Politischer sein, ein wirklich Politischer, oder?

Oder kann McDonalds sich seine Beschäftigten aus fremden Ländern akquirieren und nach Deutschland verfrachten, um sie hier auf den Arbeitsmarkt eine fette Maden-im-Speck-Dasein fristen zu lassen?

Eine amerikanischen Firma kann man das schon zutrauen. Die haben auch als erstes hier am Bahnhof angefangen, ihre Kunden in den öffentlichen Raum hinein Schlange stehen zu lassen und nicht einen extra Raum gemietet dafür. Die durften sich dies erlauben, obwohl ich sicher bin, dass dies gegen die Vorschriften verstoßen hat. Und nun machen dies viele andere Geschäfte mittlerweile ihnen nach. Und die Leute stehen im Weg herum, Ankommende stoßen auf Unmengen von Leuten, die deren Fraß kaufen wollen und sich am Tresen aufgereiht haben, und behindern damit die Reisende. Aber die dürfen dies wohl, die McDonalds, die Starbucks, die Kentucky Frieds.“

Ich muss verrückt und hirnrissig sein, von ihm, einem, dem es auch einmal so ergangen war wie mir Erbarmen zu erbetteln, auf Gnade und Zuvorkommenheit zu hoffen.

Zähneknirschend bezahle ich die völlig überteuerten Gift-Spritzen.


Dann beschimpft mich noch ein Ausländer woher auch immer, als ich ihm frage,ob ich ihn mitnehmen könne mit meiner doppelten Karte. „Ich melde Dich gleich der Bundespolizei.“ Und er reckt stolzgeschwellt seine Weste mit erweiterter Brust heraus, wo das rot-weiße Zeichen prangt: DB. „Ich weiß, was ihr treibt, sagt er. „Ich werde Euch jagen!“ „Warum?“, frage ich erstaunt. „Was haben wir Dir getan?“ „Ich kenne Euch. Ich bin jetzt bei der Bahn beschäftigt und da darf ich dies tun!“

Soweit zur Integration von einigen Ausländern.


Am rührensten der Integrierten sind ja manche Kurden. Sie Ärmste sind vom türkischen Staat gejagt, oder im Irak von den Arabern unterdrückt, im Iran wahrscheinlich von den Schiiten, weil sie Sunniten sind, weiß der Teufel, bis in die BRD hinein, weil sie keinen eigenen Staat haben dürfen, aber wollen tim sie unbedingt einen, sind ja auch viele, viele Millionen, diese Kurden und nun – sie nutzen die gleiche Chance, wie alle, ihr Schäfchen ins Trockene zu bringen, womöglich dabei über Laichen zu gehen.

Ein Bekannter, mit dem ich mich wochenlang gut verstanden habe, als er noch Zuspruch brauchte und der jetzt nicht mehr so oft herumfährt, meinte, er würde dies gar nicht mehr tun, auf diese Weise Geld zu verdienen.

Es klang fast so, als ob er es nicht mehr nötig hätte, jetzt, wo er endlich integriert und einen Job gefunden hat. Aber ich vermute eher, dass er Muffensausen gekriegt hat von den Bahnhofs-Aufsehern, besonders von Rotkäppchen, dem Oberaufseher der Bahnhofshalle. denke ich mal.

Ich glaube ihm trotzdem. Der wird es so oder so, aus welchen Gründen auch immer nicht mehr tun, sich auf diese beschwerlich Weise sein Geld zu verdienen. Man kann es sich ja auch besser verdienen, wenn man buckelt, wenn man kriecht, wenn man sich anpassen – wenn man dazu in der Lage ist, das ist die Frage!

Welchen Grund er hat, ist egal. Für mich bedeutet dies freie Bahn.

Als eine Frau an den Monitor tritt, die in die selbe Richtung wie er und ich fahren, schnappt er sie mir vor der Nase weg.

Soviel zur Unterdrückung armer Volksminoritäten.



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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (25.10.23, 11:09)
Extrem unsympathischer Ich-Erzähler, handwerklich sehr gut gemacht.

 pentz meinte dazu am 25.10.23 um 13:50:
Danke, das bestätigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin!
:-)

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 25.10.23 um 14:05:
Etwas befremdlich wirkt die Doppelnennung des Monats.

 pentz schrieb daraufhin am 25.10.23 um 14:31:
wenn Du meinst, dass "Oktober" nur einmal zu nennen wäre, ließe sich darüber streiten. aber es ist wenigstens nicht wesentlich.

gruß

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 25.10.23 um 14:38:
Die kleinen Fehlerchen hier und da würde ich noch korrigieren, der Text hat es verdient.

 pentz ergänzte dazu am 25.10.23 um 14:55:
wenn Du mir ein paar Hints geben könntest, wäre ich Dir verbunden

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.10.23 um 15:10:
Das heisst, dass Du nur die Fehler korrigieren willst, auf die ich Dich hinweise? 
Z.B. lies doch einfach mal dir laut den Satz vor, "Man kann es sich ..." laut vor.
Oder ob nach allen Satzpunkten wirklich der neue Satz mit einem Großbuchstaben beginnt.
Sehr, sehr auffällig ist der Fehler im Kurdenteil, und dann taucht noch ein gewisser "tim" auf, das bemerkt doch ein Blinder mit Krückstock!

 pentz meinte dazu am 25.10.23 um 15:25:
wie ist Dein Anfangssatz zu verstehen?
ich habe schließlich den Text durch ein Korrekturprogramm gejagt, also fehlen mir weitere Ahnungen, Nudges und Hinweise. allein vermag Baron Münchhausen sich nun einmal nicht aus dem Sumpf zu ziehen.

Antwort geändert am 25.10.2023 um 15:25 Uhr

Antwort geändert am 25.10.2023 um 15:26 Uhr

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.10.23 um 15:45:
Ach komm! Computer sind dumm, selbst lesen ist besser!
". Sie Ärmste sind vom türkischen Staat gejagt" ?
"...Bahnhofshalle. denke ich mal." ?
"Soll, ich" ???

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.10.23 um 15:59:
(2) "als ich ihm frage,ob"
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