Was kost' die Welt?

Text

von  Mondscheinsonate

Nun ja, 400 Euro kosten meine neuen Brillengläser, was soll man machen. Der Zahnarzt redete von 20.000 Euro, die Kirche buchte 37,50 Euro ab. Letzteres ärgerte mich am meisten, denn das ist ein Zwang, ich gehe nie in die Kirche. Ich werde nächste Woche austreten, man kann trotzdem weiter glauben, Glaube ist unentgeltlich und den Traum von einer Hochzeit in Weiß hatte ich nie. 

Ich hatte als junges Ding nie Träume, vielleicht war das ein Fehler, schlussendlich muss man auf etwas hinarbeiten können. Ich war immer nur "ganz sicher", dass es "eines Tages so sein wird", so wie das Jurastudium. Aber, das "eines Tages" verschob sich und verschob sich, bis mir die Verschieberitis am Popo ging. Da war ich schon übergroß, aber nicht mehr unterernährt wie als Kind. 

Träume muss man haben und Ziele, letzteres hatte ich früher auch nie. Ein Ziel bedeutet harte Arbeit, vor dem grauste es mir. Jetzt habe ich beides und es tut gut. Es ist nie zu spät. Doch. Ich weiß es. 


Nie träumte ich von einer harmonischen Zweisamkeit, woher hätte ich es denn, ich sah Männer ihre Frauen schlagen, Scheidungen, Probleme, Sorgen und Nöte. Unsere Revolution war voll im Gange, die Kids der 90' schlugen die 68' um Längen. Wir wollten anders sein, Spaß haben, machen was wir wollten, man gewährte es uns. Längst hatten sich die 68' etwas erwirtschaftet und wir ernteten die Früchte. Die 68' waren kaputt von ihrer Revolution, die sie zwanghaft körperlich auslebten, das ging "so ziemlich in die Hose" und frustriert waren sie obendrein. Sie konnten sich nicht vom Frust ihrer Eltern lösen. Nie und nimmer. Wir schon. Dachten wir auch. Aber, sie vererbten uns alles. 

Das wussten wir als junge Dinger nicht, saßen zwischen Grand Canyon und Monaco, kifften mit Fremden, das konnte man sich leisten, ging jeden Tag fort, schliefen irgendwo, den Eltern war's egal, sie vertrauten uns. Dass mir alles fremde Leute bezahlten, darüber machte sich meine Mutter keine Gedanken. Ich wusste, es ist nichts da, wozu also träumen, nur in den Tag leben, es tat sich schon irgendwas auf, das immer wieder. 


Eine neue Brille, damit ich wieder alles besser sehen kann. Schick ist sie, eine Ray Ban in braun und schwarz, braucht man schließlich, ich schüttle den Kopf. Aber, die Tante zahlt's wie früher und den Zahnarzt auch. Sie sagte:"Ist ja dein Geld." Ja, jetzt noch nicht, so ist es nicht. Ich bin nicht mehr wie früher, jetzt ist es mir unangenehm. Früher war alles egal. "Was kost' die Welt?" - Mit 20 Schilling weggehen und 120 Schilling versaufen, schön war man, das war der Vorteil. Und, nicht auf den Mund gefallen. Es ist zum Schämen. 

Die Leichtigkeit ging verloren. Ich schlag drei Kreuze (dafür zahl ich schließlich Steuer!), dass ich nicht mehr so bin. 

Ja, es war eine Revolution, eine bessere, eine mit Drogen, Sex und Dancefloor, Freiheit, massenhaft Kohle und Augenaufschlag. Es war so lächerlich, jede gesellschaftliche Revolution ist lächerlich, weil das Innere traurig bleibt. Liebe fehlt zumeist.


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Kommentare zu diesem Text


 Teo (02.02.24, 15:15)
Moin,
20 Mille?
Das liest sich nach implantatgestützter Prothetik...mach das.
Ich habe die allerbesten Erfahrungen gemacht!

 Mondscheinsonate meinte dazu am 02.02.24 um 15:18:
Korrekt. Meine Knochensubstanz, auch Zähne, ist leider für'n Popo. Ich mach's eh, nützt ja nix.

Antwort geändert am 02.02.2024 um 15:18 Uhr

 Teo antwortete darauf am 02.02.24 um 15:23:
Bei mir war es genau so.
Es wurden vorher 12mm Knochenersatzmaterial eingebracht. Nach einem Jahr wurden die Implantate gesetzt.

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 02.02.24 um 15:28:
Auch vom Oberschenkelknochen?

Antwort geändert am 02.02.2024 um 15:28 Uhr

 Teo äußerte darauf am 02.02.24 um 15:35:
Es war künstliches Material. Das wächst dann an. Allerdings möchte ich dir nicht verschweigen...ein Implantat ist in die Nebenhöhle gewandert. Vermutlich zu tief gebohrt. Es wurde dann operativ durch die Nase entfernt. War nicht schön.
5000 € Schmerzensgeld haben da auch nicht viel geholfen.
Egal...das Endprodukt hat mich für alles entschädigt!

 Mondscheinsonate ergänzte dazu am 02.02.24 um 15:38:
😵😵😵😵
Du beruhigst mich enorm.😂😂😂

Antwort geändert am 02.02.2024 um 15:38 Uhr

 Teo meinte dazu am 02.02.24 um 15:40:
Die Anlagerung von Fremdmaterial nennt man Sinuslift.
Ok...keine Bange. Das mit dem Implantat passiert sehr selten.

 Dieter Wal meinte dazu am 02.02.24 um 15:44:
Mondscheinsonate: Such Dir eine möglichst moderne Zahnklinik aus. Dort wird so etwas im Zehntelmillimeterbereich vorberechnet und durchgeführt. Da geht nichts schief. Und dort sind auch nur relativ junge, motivierte und zugleich erfahrene Ärzte mit besten Abschlüssen und Empfehlungen.

 Teo meinte dazu am 02.02.24 um 15:46:
Ja Dieter, genau das habe ich auch gemacht. Aber... Fehler passieren.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 02.02.24 um 15:48:
Ich bin in einer modernen Dentaklinik, die dem Vater meines Kieferchirurgen gehört. Sein Sohn ist mein Arzt, Ganz ein toller.

Antwort geändert am 02.02.2024 um 15:50 Uhr

 Teo meinte dazu am 02.02.24 um 15:51:
Sei unbesorgt, das wird schon klappen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 02.02.24 um 15:54:
Eh...

 Saira (02.02.24, 18:14)
Ach Moon, wieder ein so schön geschriebener Text von dir. Dieser geht mir in vielerlei Weise zu Herzen.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 02.02.24 um 18:25:
Dank dir.
kant99 (70) meinte dazu am 02.02.24 um 18:29:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 02.02.24 um 18:32:
Das bleibt dir unbenommen. Jeder sieht es anders.

 Saira meinte dazu am 02.02.24 um 18:37:
@kant99

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