Pyjamaheldenstory

Anekdote zum Thema Kinder/ Kindheit

von  FrankReich

Die Realverfilmungen von Comics lösten im 21. Jahrhundert einen Boom aus, der sogar ältere Erwachsene mit glänzenden Augen die Kinos stürmen ließ; nicht zuletzt als eine Art Reminiszenz an die Heroen ihrer Kindertage, die sich zunächst an Super- und Batman aus dem DC-Universum, speziell dann aber an der Superheldenüberschwemmung aus der Welt der Marvel-Comics, wie bspw. Hulk und Captain America, als auch Iron- oder Spiderman orientierte, wobei natürlich gerade die jugendliche, reichlich unbeholfene Darstellung des Charakters von Peter Parker einen Hype eröffnete, der vorwiegend in den Kinder- und Jugendzimmern der 1970er Jahre einen für diese Zeit prägenden Eindruck hinterließ.

Es war allerdings weniger die Flut allzu konventioneller Rächerfilme wie "Die fantastischen Vier", bzw. später "Die Avengers" oder solcher Odyseen der Marke "X-Men" und "Thor" , die mehr oder weniger witzige Parodien wie die "Guardians of the Galaxy" nach sich zogen und größtenteils im "Infinity War" mündeten, welche etliche Erinnerungen an meine Kinderzeit evozierten, als vielmehr das Außenseiterkultkino, welches im Horrorgenre bspw. durch Auftritte von Figuren wie der Todeshändlerin Selene in "Underworld" und der ehemaligen Sicherheitschefin der Umbrella-Corporation, Alice Abernathy aus "Resident Evil", besonders aber seit 2016 durch den Antihelden Wade Wilson alias "Deadpool" aus dem Marvel-Universum verkörpert wurde. 

Eines von Deadpools Lieblingsschlagworten, welches sich selbst heute noch aktueller Beliebtheit erfreuen dürfte, warf mich augenblicklich auf die Schwelle von Kindheit und Jugendzeit zurück, als Sportvereine, Pfadfindercamps und Kinderverschickungen zu Erholungskuren an der Tagesordnung waren, um den Nachwuchs wenigstens für einige Zeit zu beschäftigen, i. e. loszuwerden.

Letztere Aktion kam bei mir das erste Mal zu Beginn der 70er Jahre zum Tragen, als es noch Gruppenschlafsäle gab und sich die Begeisterung für Superheldenaccessoires in überschaubaren Grenzen hielt, allerdings auch hier und da schon mit den unvermeidlichen Spurenelementen des Neids gewürzt.

Nach einer nervenraubenden, aufreibenden Busfahrt sowie einer nicht minder unruhigen Übersetzung per Fähre kamen wir als etwa dreißig Jungen zählende, im Alter von zehn bis zwölf Jahren bunt zusammen gewürfelte Truppe auf Norderney an und fanden uns schließlich in einer Erholungswerkstatt wieder, die sich vor allem durch ihre großflächige Schlaf- und Speiseraumlandschaft auszeichnete, jedoch auch aufgrund seiner Dusch- und Aufenthaltsräume den Eindruck vermittelte, dass unsere Privatsphäre bis auf weiteres der Vergangenheit angehören würde. So kam es während der streng geregelten Ruhezeiten, währenddessen uns bis auf die Nachtzeit Toilettengänge untersagt waren, auch schon öfter einmal vor, dass wir uns der Einfachheit halber auf die Fensterbank hockten, um von dort aus die Wildnis der Insel zu begießen.

Am bedeutendsten war damals natürlich die in solchen Institutionen geläufige Hochbettkultur, wobei ich als gebranntes Kind es lieber vorzog, eines der bodenständigen Betten zu beziehen, das jedoch ist eine andere Episode, wenn auch mit der nun folgenden unverblümt verwandt, da einer unserer etwas mutigeren Hochetagerebelegern während der zweistündigen Mittagsruhe beschlossen hatte, sich im Halbschlaf aus einem der mittleren Stockwerke zu stürzen und das selbstredend ausgerechnet in einem Spidermanschlafanzug. Zwar zog sich der Junge glücklicherweise keinerlei Verletzung außer evtl. einer psychischen zu, trotzdem wirkte sein Aufsetzmanöver alles andere als ausgeklügelt und elegant, so dass es einen unserer Stubenkameraden zu folgender ironischen Äußerung veranlasste: "Wow, Superheldenlandung!"


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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (15.03.24, 16:45)
Und das alles jetzt als Fatras ... Ralfi! :D

 FrankReich meinte dazu am 16.03.24 um 07:39:
Ungefähr so?

Kinderlandverschickung

Ein Kind braucht Sonne, See und Brandung,
doch landet es zumeist im Spind.

Ein Kind braucht Sonne, See und Brandung
zum leichten Spiel bei Salz und Sandung
und einer Prise Meereswind.
Es braucht nicht Mauern, noch Umrandung
durch Zäune, weder Bau noch Bandung
und Zeit, die zäh statt zügig rinnt.
So steht es nun in Nachtgewandung
und träumt fast wie sonst jedes Kind
von einer Superheldenlandung,
doch landet es zumeist im Spind.

🤔
Dank und ciao, Frank

 AchterZwerg antwortete darauf am 16.03.24 um 17:43:
Super!
Dafür gibts jetzt noch ein Doppelsternchen. <3

 FrankReich schrieb daraufhin am 16.03.24 um 18:42:
Danke, besonders aber für die Inspiration. Obwohl ich mir sicher bin, dass Du darüber besser informiert bist als ich, möchte ich Dir dazu folgenden Beitrag ans Herz legen:

https://taz.de/Kuraufenthalte-von-Kindern/!5818643/

Zwar habe ich den ausbeuterischen Gedanken dahinter in seinem vollen Ausmaß nicht mehr zu spüren bekommen, die Struktur und Systematik war aber noch deutlich erkennbar, auch wenn ich sie damals erfolgreich verdrängt habe, aber apropos Erholung: Ich erinnere mich noch daran, dass ich damals nach meinem letzten Kuraufenthalt auf Norderney nach der Heimkehr 21 (!) Stunden an einem Stück durchgeschlafen habe. 🤔

 diestelzie (15.03.24, 16:51)
Erholungwerkstatt 🤔? Doch, ja ich denke, das trifft es gut.

Liebe Grüße 
Kerstin

 FrankReich äußerte darauf am 16.03.24 um 07:24:
Die Allusio hast Du gut erkannt, die 8. bspw. will immer gleich die ganze Hand. 🤔

Dank und ciao, Frank

 Mondscheinsonate (16.03.24, 07:52)
Ich denke, der Comic(verfilmungs)hype war immer da (Comics in bewegende Bilder umzusetzen war lange schon beliebt). Nur Anfang des 21. Jhts wurde es einfach teuerer, menschlicher und hollywoodtauglicher. Mein Highlight war lebenslang "Batman", schon in der "Bumm Tschack"- Verfilmung. Dagegen fand ich Spiderman lächerlich. Diese Lächerlichkeit unterstreicht auch deine Episode, allein sein Kostüm sah immer aus wie ein Pyjama. Batman wäre das nicht passiert :)
Ich bin keine Freundin von Wikipedia, aber das hier ist ein schöner Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Batman

Kommentar geändert am 16.03.2024 um 08:12 Uhr

 FrankReich ergänzte dazu am 16.03.24 um 09:06:
Batman und Spiderman sind natürlich unterschiedliche Baustellen, Stan Lee holte die Unantastbarkeit des Superheldenimages auf menschlichen Boden zurück, einmal abgesehen davon wirkten Batman und Robin zu ihren Anfangszeiten gleichfalls wie Strumpfhosencasanovas, da beißt die Maus keinen Faden ab, zudem ich denke, dass Spidermans Kostümierung eh als Perciflage, bzw. Allusio auf Superman gedacht war. Wenn ich mir alte Bilder von Batman und Robin anschaue, stehen die Spiderman in punkto Lächerlichkeit sowieso in Nichts nach, das postmoderne Superheldenspektakel hat sich aber in jeder Beziehung geändert, weil es halt kaum noch auf die konventionellen Helden setzt, aber schon damals habe ich eher den hässlichen und unförmigen Hulk oder später dann Wolverine bevorzugt, gegen Deadpool, Kick-Ass oder Groot und Konsorten sind aber auch die nur noch Schnee von gestern und mir ging es in meinem Text auch hauptsächlich darum, dass den meisten dieser Figuren auch eine Selbstironie zu eigen ist, die erst seit Beginn des neuen Jahrtausends so richtig zum Vorschein kommt. 👋😉

 FrankReich meinte dazu am 16.03.24 um 09:18:
P. S.: Die Inspiration zum Text stammt nämlich daher:


😂😂

 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.03.24 um 09:40:
Mag alles sein, aber Spidermans Kostüm blieb ähnlich, hingegen Batman wurde zum Coolsten, denk in den neuesten Filmen. *leckerschlecker*

 FrankReich meinte dazu am 16.03.24 um 10:41:
Typisch Frau, die stets nur ans Outfit denkt, Coolness bedeutet allerdings noch um einiges mehr, guckst Du:


👋😎👍

 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.03.24 um 10:46:
Geh bitte, hör mir mit Stereotypengequatsche auf. Batman ist cooler, weil er ein Mensch ohne Superkräfte ist, hingegen ist Spiderman ein Hirngespinst. Natürlich wäre Batman in 5,4,3,2..1 in der Psychiatrie heutzutage, aber ich finde das Verhalten edel und gut. Es zeigt, dass man hie und da Mut beweisen muss, für etwas einstehen soll. Und, hören wir auf, jemanden sexy zu finden, auf Frauen zu schieben.

Antwort geändert am 16.03.2024 um 10:48 Uhr

 FrankReich meinte dazu am 16.03.24 um 10:56:
Nun, das entfernt sich jetzt allerdings sehr von meinem Text und seiner Intention, deshalb das "Stereotypengequatsche" und einerseits cool, andererseits gut und edel, nun meinetwegen, ich halte mich dann aber lieber doch an Hirngespinste wie Rocket Racoon, auf deren Unzuverlässigkeit ist wenigstens Verlass. 👋😂

 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.03.24 um 11:14:
Na ja, nein. Es ging um den Jungen, der Superheld sein wollte, jedoch dann nur menschlich war. Ich mag das.

 FrankReich meinte dazu am 16.03.24 um 11:30:
Nichts ist komischer als die Wirklichkeit, aber oftmals wirkt es auch belebend, in phantastische Welten einzutauchen und beides in ihrer Skurrilität miteinander zu vergleichen, vll. fällt mir beizeiten zu diesem Trailer ja auch noch etwas ein:


😂😂

 Mondscheinsonate meinte dazu am 16.03.24 um 11:38:
Das stimmt.
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