Die Hundwerdung

Fabel zum Thema Verwandlung

von  hehnerdreck

Nach vielen Jahren als Mensch ein Hund zu werden, ist nicht einfach. Noch schwieriger ist es, sich für eine Rasse zu entscheiden, mit der man später von seinem alten Freundeskreis kaum als der erkannt wird, der man einmal war. Es bringt nichts, sich stundenlang den Kopf darüber zu zerbrechen, mit welcher Hunderasse man am ehesten erkannt wird. Der aufkommende Gedanke, 'Moment mal, dieser Hund erinnert mich an einen alten Bekannten', wäre viel zu weit hergeholt, als dass er jemals eintreten würde - denn wer käme auch nur in die Nähe der Idee, dass in einem Hund ein vertrauter Freund stecken könnte?

Zumal allein schon die Unsitte, Häuserwände zu markieren, die Duftmarke zu hinterlassen, um sein Revier abzustecken, menschenuntypische Rituale sind, bei denen kein noch so guter Bekannter auf die Idee käme, 'Na so was, die Art, wie dieses Tier an das Haus uriniert hat, erinnert mich an jemanden, den ich kannte'. Nein, keine Chance.

Als Hund wird man von seinen engsten Freunden ein Leben lang nicht erkannt. Es gäbe zwar die Möglichkeit, mit der Pfote etwas auf den Boden zu schreiben, aber das würde nichts nützen, denn sobald ich als Hund anfing, mit der in etwas Farbe eingetauchte Pfote Buchstaben zu bilden, trat bei allen, die ich kannte, ein merkwürdiges Unverständnis ein, gepaart mit einem atemlosen Entsetzen, das ohne viel Mühe in ihren Gesichtern abzulesen war. Ich versuchte es oft, aber das Ergebnis war immer dasselbe: Erst Unverständnis, dann Erstarrung, Panik und weg waren sie, meine ehemaligen Freunde, die kaum glauben konnten, dass das Gesehene real war.


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Kommentare zu diesem Text


 Teichhüpfer (05.07.24, 07:56)
Das ist ein Haken an der Geschichte, nachdenken bevor dein Herrchen dich zum Sklaven macht. Der Mensch ist das höchste Tier auf unserer Erde.
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